Elina Wiik - 02 - Sing wie ein Vogel
entgangen sein. Selbst wenn man nicht das ganze Tagesgeschehen verfolgt, muss man davon gehört haben. Wenigstens irgendwann im Radio.«
»Vielleicht ist Rolf Johansson schon tot. Der Brief ist schließlich bereits fünf Jahre alt. Die Menschen sterben häufig auch aus ganz natürlichen Gründen.«
»Dann braucht er sich ja keine Sorgen zu machen. Aber lass uns mal davon ausgehen, dass er noch am Leben ist. Ich schlage vor, wir rufen so viele Rolf Johanssons an, wie wir können. Wenn wir sie nicht telefonisch erreichen, suchen wir sie zu Hause auf. Wir müssen den richtigen Rolf Johansson warnen.«
»Ja«, sagte John. »Der Mann ist in Lebensgefahr.«
Elina schaute auf die Uhr. Es war Viertel vor zwölf.
»Ich fang jetzt an. Was soll ich sagen?«
»Wenn du den richtigen Rolf Johansson findest, sag ihm, er soll sofort zum nächsten Polizeirevier gehen. Und dann rufst du die Kollegen an und bittest sie, für die Überwachung seiner Wohnung zu sorgen. Wenn Olavi auftaucht, schnappen wir ihn.«
Olavi Andersson schaute zu einem dreistöckigen Haus hinauf. Die Adresse war leicht zu finden gewesen. Es war fünf Minuten vor eins. Er betrat das Haus und sah, dass der Mann, mit dem er verabredet war, im zweiten Stock wohnte. Ein älterer Herr öffnete ihm die Tür.
»Ich habe Sie vorhin angerufen«, sagte Olavi. »Wegen der Hütte.«
Er streckte die Hand aus.
»Ich heiße Johan Svensson«, sagte er.
»Östberg«, stellte der Mann sich vor und gab ihm ebenfalls die Hand. »Kommen Sie herein. Sie brauchen die Schuhe nicht auszuziehen.«
Olavi wurde in die Küche geführt.
»Kaffee?«
»Nein, danke. Ich würde gern sofort hinausfahren, damit ich noch etwas einkaufen kann, bevor die Läden schließen.«
»Das Haus hat lange leer gestanden«, sagte der Mann, der Östberg hieß. »Und verkaufen lässt es sich nicht. Darf ich fragen, warum Sie dort wohnen wollen?«
»Ich möchte eine Weile von allem weg. Ich lebe in Stockholm und brauche Abstand. Vielleicht bleibe ich länger.«
»Können Sie für drei Monate im Voraus bezahlen?«
Olavi steckte die Hand in die rechte Gesäßtasche seiner Hose und nahm die Brieftasche heraus. Er blätterte neun Fünfhunderter hin.
»Sie bekommen eine Quittung«, sagte Östberg. »Und den Schlüssel. Ich habe Ihnen eine kleine Karte gezeichnet, damit Sie sich nicht verirren. Die Hütte liegt etwas außerhalb des Ortes.«
Fünf Minuten später war Olavi Andersson wieder auf der Straße. In fünfundfünfzig Minuten fuhr der Bus nach Bälinge. Die Fahrt würde nicht mehr als eine halbe Stunde dauern, also würde er spätestens um halb drei dort sein. Er ging in Richtung Busbahnhof. In der Hand trug er immer noch seine Reisetasche. Ganz oben unter einem Hemd lag die Pistole.
John Rosén und Elina landeten fünf Minuten nach zwei auf dem Flughafen Kailax. Eine Viertelstunde später parkten sie ihr Mietauto vor dem Finanzamt in der Kungsgatan, direkt neben dem meterhohen Konterfei Bo Lundgrens. Es waren noch zwei Tage bis zur Wahl. Vor dem Gebäude stand ein Streifenwagen. John ging hin und klopfte an der Fahrerseite ans Fenster. Der Fahrer schaute auf und ließ die Scheibe herunterfahren.
»John Rosén von der Polizei in Västerås. Stehen Sie unseretwegen hier?«
»Ja, so ist es«, antwortete der Polizist. »Ihr Chef, Kärnberg …«
»Kärnlund.«
»Er hat jedenfalls angerufen und gesagt, dass Sie Unterstützung brauchen. Wir haben also Order, Ihnen zu helfen.«
»Gut. Warten Sie hier draußen, wir müssen nur schnell etwas in diesem Amt erledigen.«
Am Tresen saßen zwei Frauen. Elina ging auf die Dunkelhaarige zu.
»Hallo, ich heiße Elina Wiik. Ich hab vor einigen Minuten angerufen und nach einer Anzahl von Personen gefragt, die alle Rolf Johansson heißen. Sie wollten uns helfen …«
»Es war leichter, als ich dachte«, sagte die Frau. »Wir haben die Angaben schon vorliegen.«
»Wirklich? Wie das?«
»Kajsa hat sie gestern herausgesucht.«
Sie drehte sich um und zeigte auf eine blonde Frau, die an einem Schreibtisch im hinteren Teil des Raumes saß.
»Kajsa! Sie sind jetzt da!«
Die Frau, die Kajsa hieß, erhob sich und kam zu John und Elina an den Tresen.
»Gestern war jemand hier, der hat genau denselben Wunsch gehabt«, sagte sie, während sie Elina ein Blatt Papier reichte. »Ist das nicht seltsam? Ich habe ihm geholfen. Das ist die Namensliste, die uns vom Landesarchiv aus Härnösand gemailt wurde. Dieser Rolf Johansson scheint ja richtig populär zu
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