Elixir
ist der schwerste Part– musst du dir diesen Dolch ins Herz stoßen. Du selbst– kein anderer kann dir das abnehmen.«
» Das reicht«, unterbrach ich sie. » Das wird nicht passieren.«
» Das hast du nicht zu entscheiden«, fauchte Magda, dann wandte sie sich wieder an Sage. » Tu, was ich sage, und deine Seele wird erlöst. Dein Körper wird sterben und das Elixir wird neutralisiert.«
» Verstehe.« Sage steckte den Dolch in seine Jacke.
» Na ja, noch nicht ganz«, sagte Magda. » Ein paar winzige Details habe ich mir noch aufgespart.«
Sie klang geradezu fröhlich. Am liebsten hätte ich sie geohrfeigt.
» Wenn deine Seele auf diese Weise von deinem Körper getrennt wird, ist ihr der Zugang ins Jenseits verwehrt. Sie wird versuchen, einen anderen Wirt zu finden, einen leeren Körper. Und die liegen im Normalfall nicht gerade im rechten Moment herum. Deshalb fürchte ich, muss deine Seele stattdessen eine Weile unter schrecklichen Qualen umherirren, ehe sie sich in nichts auflöst.« Mit einem Lächeln fügte Magda noch hinzu: » Was ich damit sagen will: Das wird kein Spaß für dich.«
» Das ist nicht fair«, rief ich.
» Natürlich ist es fair. Denk nur an all die Leben, die Sage auf dem Gewissen hat– inklusive vier der deinen. Findest du nicht, dass er dafür bezahlen sollte? Mach dir nicht die Mühe zu antworten– deine Meinung tut nichts zur Sache. Sage kennt die Wahrheit und mir bereitet es große Freude zu wissen, dass er die richtige Entscheidung treffen wird.« Sie ließ ihre Augen auf Sage ruhen und ganz kurz sah ich einen Funken kindlicher Unschuld darin aufblitzen.
» Auf Wiedersehen, mein Liebster… es ist Zeit für mich, mein Haupt zur Ruhe zu betten.« Ihr Mund verzog sich zu einem boshaften Grinsen und alle Unschuld war aus ihrem Blick gewichen. » Die Art von Ruhe, die du nie finden wirst.«
In einem Kraftakt, den man ihr nicht zugetraut hätte, hob sie den Arm, riss sich die Kette vom Hals und schleuderte sie zu Boden, wo das Glasamulett zersprang.
Magdas papierdünner Körper löste sich in Staub auf und war verschwunden.
dreizehn
»Clea, Sage …«, setzte Ben an und rang nach Worten. » Ich…«
Bevor er ausreden konnte, vernahmen wir ein Poltern über unseren Köpfen.
» Was ist das?«, fragte ich.
Das Geräusch wurde lauter, wie ein Stampfen. Sage machte ein finsteres Gesicht. » Jemand weiß, dass wir hier sind.«
» Dann sollten wir bleiben, wo wir sind«, sagte ich. » Hier drin werden sie uns nicht finden.«
» Sie werden das Treppenhaus durchsuchen«, meinte Sage. » Und wenn sie die Tür entdecken und reinkommen, sitzen wir in der Falle.«
» Aber wenn wir jetzt gehen, laufen wir ihnen vielleicht direkt in die Arme«, widersprach ich.
Sage wiegte den Kopf hin und her. » Das ist ein großes Gebäude. Wenn wir fliehen, haben wir die Chance zu entkommen.«
» Ben?«, fragte ich.
Ben sah aus, als wäre er ganz woanders.
» Ben!«
» Clea…«
Er machte einen gequälten Eindruck. Es war mir schon klar– wir hatten beide dieselben Dinge gesehen, aber wir hatten jetzt nicht die Zeit, uns damit aufzuhalten.
» Genug damit, Ben. Wir brauchen dich jetzt!«
Das Pochen war direkt über uns und nun hörte ich auch Stimmen. Verstehen konnte ich sie nicht, aber es kam mir vor, als könnten sie im Treppenhaus sein– auf dem Weg nach unten.
Ich sah Sage an. » Du hast recht. Wir müssen hier weg.«
Wir rannten den Gang entlang und zwängten uns durch die kleine Tür. Das Donnern der Schritte und die Stimmen kamen näher. Hastig tauchten wir ins Einkaufszentrum ein und mischten uns unter die Passanten. Jetzt, um zehn Uhr abends, waren es nicht mehr so viele, aber immer noch genug. Wir gingen zwar schnell, versuchten jedoch, cool zu bleiben und mit dem Strom zu schwimmen, bis wir den Ausgang erreichten.
» HEY !«
Ich blickte mich um und sah einen Mann, der sich über die Rolltreppe zwei Stockwerke über uns beugte. Während er schon begann, uns nachzurennen, griff er nach seinem Walkie-Talkie und schrie hinein: » Zielpersonen gesichtet! Befinden sich auf dem Weg zum Ausgang!«
Wir rannten los, als weitere Männer von überall her aus Läden und Gängen gestürmt kamen, um Jagd auf uns zu machen. Sie trugen keine Uniformen und waren aus aller Herren Länder, aber es war nicht schwer, sie zu erkennen. Sie sahen alle irgendwie hart aus– harte Muskeln und verhärtete Seelen, wie unbeugsame Häftlinge, die Jahrzehnte lang nichts anderes getan hatten, als
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