Elizabeth II.: Das Leben der Queen
Kapitäne – der drei Königskinder Edward, Anne und Andrew sowie Andrews Ehefrau Fergie. Da purzelten Figuren in absurden Aufzügen durch die Gegend, plumpsten in künstliche Pools oder stürzten von hölzernen Brücken, bekämpften sich mit imaginären Speeren oder Kanonen und versuchten, sich gegenseitig ihre vegetarisch anmutenden Kostüme vom Leibe zu reißen. Mitten drin hüpften die vier Royals wie aufgescheuchte Hühner durchs Getümmel, ihre jeweiligen Mannschaften suchend und diese anspornend. Ein Gaudium für die Zuschauer, die live dabei waren, aber ein Desaster für den Buckingham Palast und sein Ansehen. Elizabeth und Philip hatten ihren Jüngsten, der das Ganze organisiert hatte, von der Idee abhalten wollen, konnten sich aber nicht durchsetzen.
Die Queen hasst es, wie alle biografischen Studien belegen, ihrer Familie etwas zu diktieren. Sie scheut vor dem Machtwort zurück, aus Sorge, es könnte ignoriert werden. Konfrontation ist nicht ihre Stärke, sie zieht Diskretion vor, auch wenn davon kein Druck ausgeht. Wie bei Edward, als der sich taub stellte gegenüber den Bedenken seiner Eltern über «It’s a Royal Knockout». Ein Mitglied des Hofstaates sah solche Zurückhaltung der Queen im Gespräch mit dem Historiker der Windsors, Robert Lacey, jedoch positiver: «Queen Elizabeth ist sehr laisser – und sehr fair.» Sie betrachtet es als Recht der Familienmitglieder, «dass jeder sein eigenes Schicksal formt – und das schließt Fehler, wenn nötig, mit ein». Für ihre Unfähigkeit,ihre Abneigung, steuernd einzugreifen, hat sie einen hohen Preis bezahlen müssen. Wir wissen überhaupt nur von einem Beispiel, wo Elizabeth II. nachweislich und entschieden in einer aktuellen Familienkrise einschritt: als sie im Dezember 1995 sowohl Charles als auch seine Frau Diana in einem Brief aufforderte, dringend die Scheidung einzuleiten. Darüber mehr an späterer Stelle.
«It’s a Royal Knockout» hatte als Fundraising-Event großen Erfolg und spielte eine Million Pfund ein, welche die vier Royals für die Organisationen unter ihrer Schirmherrschaft unter sich aufteilten: Anne für Save the Children, Andrew für den World Wildlife Fund, bei dem er inzwischen die Rolle seines Vaters übernommen hatte, seine Frau Fergie für Shelter for the Homeless und Edward für das Duke of Edinburgh International Project, ein Projekt der Wirtschaftsförderung. Viel guter Wille für das Königshaus ging da über vielen guten Ideen für die Gemeinnützigkeit verloren. Nicht wenige Kommentatoren behaupten heute, der Respekt für die Royals habe damals den Abstieg begonnen, der zehn Jahre danach an seinem Tiefpunkt angelangt war. In diesem Sinne darf man den «Royal Knockout» von 1987 in der Tat als ein erstes technisches KO für die Queen und ihre Familie auf dem Weg nach unten bezeichnen. Edward hatte seiner Mutter einen Bärendienst erwiesen: Wer sich aufführt wie jedermann, riskiert, wie jedermann behandelt zu werden. Respektlosigkeit wurde Trumpf.
IX
Die Queen und Deutschland
«Es fließt auch schwäbisches Blut in Ihren Adern, Majestät!»
Theodor Heuss am 20. Oktober 1958 zu Elizabeth II.
«Die Deutschen empfinden dies als das Ende ihres Status
als moralisch geächtete Nation.»
Carlo Schmid, SPD-Abgeordneter, im «Guardian»
über die Wirkung des Besuchs der Queen
in der Bundesrepublik, 1965
«Irgendwo in einem fernen Herzenswinkel
muss die Bundesrepublik eine heimliche Monarchie geblieben sein.»
Ein Korrespondent der «ZEIT» über den Besuch
der Queen in Deutschland, Oktober 1992
«Der Wiederaufbau der Frauenkirche in Dresden
ist eine Inspiration für uns alle.»
Elizabeth II. am 2. November 2004 in Berlin
Es gibt wohl außerhalb Großbritanniens kein Land, in dem man «die Royals» und ihre Spuren intensiver verfolgt als in Deutschland. Die Windsors sind ein unentbehrlicher Begleiter auf dem oft glanzlosen Lebensweg der Republik, ein Stärkungsmittel, unsere Unterhaltung, auf die wir nicht verzichten können. Wer mitreden will im deutschen Smalltalk, muss sich auskennen in den Verzweigungen der britischen Königsfamilie. Selbst erfundene Nachrichten aus ihrem Dunstkreis finden den Weg in die deutschen Medien. Wie im Frühjahr 2004 die Behauptung eineramerikanischen Skandalpostille, Prinz Charles und seine Lebensgefährtin, Camilla Parker-Bowles, hätten in den 80er Jahren ein Kind gezeugt, das inkognito in London lebe. Von den 24 «unehelichen Kindern» Prinz Philips sprachen wir
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