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Elizabeth II.: Das Leben der Queen

Elizabeth II.: Das Leben der Queen

Titel: Elizabeth II.: Das Leben der Queen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kielinger
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wie diese aus dem Hause Battenberg. Portugal, ein alter Verbündeter, gehörte wie Schweden zu der Gruppe von fünf europäischen Staaten, die während des Zweiten Weltkrieges neutral geblieben waren – in beiden Fällen sollten traditionell freundschaftliche Beziehungen neu geknüpft werden. Mit Italien und Deutschland folgten 1958 zwei Kriegsgegner, die inzwischen mit Großbritannien versöhnt waren; ein Staatsbesuch konnte helfen, dies zu zementieren.
    Nicht alle dachten 1958 bei Deutschland an Versöhnung. Die Erinnerungen an den Krieg, die «Battle of Britain», die Untaten der Nationalsozialisten waren noch zu frisch. Der Historiker Alan J.P. Taylor nannte die deutsche Spaltung «einen Glücksfall», ähnlich wie einige Jahre später der französische Schriftsteller François Mauriac, der von den «schrecklichen Tugenden» der Deutschen sprach und den Satz prägte: «Ich liebe Deutschland, ich liebe es so sehr, dass ich äußerst zufrieden bin, dass es zwei davon gibt.» Theodor Heuss erlebte bei einem Abstecher nach Oxford während seiner Staatsvisite eine antideutsche Demonstration der besonderen Art: Eine Gruppe von Studenten hatte sich entlang seines Weges zu einem Termin, den er zu Fuß durchmaß, ostentativ am Straßenrand aufgepflanzt, mit abweisenden Gesichtern, die Hände in den Hosentaschen. Ähnlich war vor Heuss in Oxford bereits Italiens Staatspräsident Gronchi empfangen worden.
    Man muss freilich neben diese Demonstration ein anderes Ereignis desselben Jahres setzen, um das Deutschlandbild Englands anno 1958 adäquat wiederzugeben. Im Februar hatte ein tragisches Ereignis die Zeitgenossen erschüttert: Eine Propellermaschine, welche die Fußballmannschaft des englischen Traditionsclubs Manchester United nach einem Europacup-Spiel in Belgrad und einer Zwischenlandung in München nach Hause bringen sollte, war beim Start auf dem Flughafen München-Riem im Schneegestöber abgestürzt, es gab Tote und viele Schwerverletzte. Im MünchnerKrankenhaus Rechts der Isar konnten viele Schwerverwundete notoperiert – und gerettet werden. Der Star dieser Nothilfe, den auch die britischen Medien überschwänglich als «Engel von München» feierten, war der behandelnde Chirurg Georg Maurer – die Queen ehrte ihn bei einem Empfang im Buckingham Palast mit dem Ehrenkreuz eines «Commander of the British Empire» (CBE). Hans von Herwarth, der damalige deutsche Botschafter in London, berichtete in seinen Memoiren «Von Adenauer zu Brandt» (1990), wie er nach dieser Ehrung mit dem Ehepaar Maurer nach Manchester fuhr, um einem Liga-Spiel von Manchester United beizuwohnen. «Als Maurer seine Loge betrat», erzählt der Diplomat, «erhoben sich unter den Klängen der deutschen Nationalhymne sämtliche Zuschauer, um ihn zu ehren.» Die deutsche Nationalhymne in Manchester zu Ehren eines über Nacht populär gewordenen Deutschen auf der einen Seite, die Hände in den Hosentaschen der Intelligenzia gegenüber einem offiziellen Staatsgast aus Deutschland auf der anderen Seite: zwei Momentaufnahmen, die verraten, wie das einfache Publikum und die Intellektuellen in ihren Urteilen auseinander streben können.
    Auf dem Bankett am 20. Oktober 1958 zu Ehren ihres Gastes erinnerte Elizabeth an die Schwester des 1649 hingerichteten Charles I., Elizabeth Stuart. Sie hatte den Kurfürsten von der Pfalz, den glücklosen «Winterkönig» von Böhmen, geheiratet und sollte später Großmutter des ersten Hannoveraners auf dem englischen Thron werden. Die protestantische Stuart-Linie besaß in dem Hannoveraner Kurfürsten Georg ihren letzten Vertreter, und so wurde er 1714 zur Sicherung der britischen Erbfolge als George I. in London gekrönt. Solche Reminiszenzen in offiziellen Reden, die weit in die Zeit vor 1933 zurückgreifen, gelten in den deutsch-britischen Beziehungen bis heute als Standard – vor allem die Hannoveraner auf dem englischen Thron sind immer eine hilfreiche Ablenkung, wenn sich Erinnerungen jüngeren Datums in den Vordergrund schieben wollen. Die sind natürlich, auch wenn nicht artikuliert, immer da, so auch in den Worten der Queen von damals: «Wir arbeiten zusammen, um echte Freundschaft zwischen unseren beiden Ländern wiederaufzubauen. Es ist meine inständige Hoffnung,dass dieser Besuch sich als weiterer wichtiger Schritt auf dieses Ziel hin erweisen wird.»
    Theodor Heuss, Historiker von Beruf und Leidenschaft, lud die Queen zum Gegenbesuch ein (den er 1965 nicht mehr erleben sollte) – dann wolle er

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