Elizabeth II.: Das Leben der Queen
wer einmal zum Ritter geschlagen oder zum Oberhaus befördert worden sei, habe damit der Welt mitgeteilt: Ich habe mich verkauft. «Ich bezweifle, ob Großbritannien so viel Selbstbewusstsein aufbringt, auch ohne Monarchie zu leben», verriet Murdoch, ziemlich herablassend, Anfang der 90er Jahre seinem Biografen William Shawcross. Die Mischung aus egalitärem Instinkt und Sensationslust, die – buchstäblich – auf Teufel komm raus ihre Schlagzeilen wählt, sollte die britische Medienlandschaft der 80er und 90er Jahre beherrschen, wenn nicht vergiften. Schach dem Königshaus.
Vom Ende der Modellfamilie war zu diesem Zeitpunkt noch nicht die Rede, doch lange würde es nicht auf sich warten lassen. Es wurde aber bereits, auf Flügeln der Ahnung, darüber spekuliert, was, wenn die Begründung der Monarchie als einer modellhaften Familie nicht mehr tauge, an die Stelle dieses Vorbilds treten könnte? Peregrine Worsthorne machte sich in den 70er Jahren im «Sunday Telegraph» halb scherzhafte Gedanken dazu: «Auch in der königlichen Familie wird es gelegentliche schwarze Schafe geben, zerbrochene Ehen, lustige Witwen, unrühmliche Scheidungen, missratene Teenager. Je mehr sich diese Familie den Menschen annähert, desto mehr wird sie betroffen von den sich verändernden Normen der freizügigen Gesellschaft.» Eine Antwort auf die Frage: Was dann? war das nicht, aber eine sehr gute Beschreibung dessen, was sich als Leitlinie der kommenden Berichterstattung über die Royals herausstellen würde. Am Ende gab es mehr schwarze als weiße Schafe zu beobachten. Die Monarchie «den Menschen näher bringen», um noch einmal den Ausdruck des Prinzen von Walesvon 1919 zu verwenden – das konnte man dann nur noch zynisch interpretieren: als Anpassung nach unten, an die «Normen der freizügigen Gesellschaft». Ein englisches Sprichwort scheint hier passend: «Familiarity breeds contempt» – Vertraulichkeit stiftet Verachtung.
Noch heute wird die Monarchin von reumütigen Erinnerungen heimgesucht, wenn der Film von anno 1969 zur Sprache kommt – sie hätte im Nachhinein lieber nicht die Erlaubnis zum Drehen gegeben. Als Londons National Portrait Gallery Anfang 2011 eine Ausstellung vorbereitete unter dem Titel «The Queen – Art and Image», weigerte sich der Buckingham Palast, mehr als 90 Sekunden von «Royal Family» im Rahmen dieser Ausstellung zeigen zu lassen. Der gesamte Streifen mit seinen 105 Minuten ist in den königlichen Archiven von Schloss Windsor versenkt und nie mehr wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden; selbst für die historische Forschung bleibt er weggeschlossen. Das gilt erst recht von den 43 Stunden Material, die das Aufnahmeteam von seiner einjährigen Vorbereitung für den Film, auf diversen Schauplätzen gedreht, hinterlassen hat: Es wanderte ins Archiv des Britischen Filminstituts, und weder die Queen noch der Prinzgemahl haben je Interesse gezeigt, sich Auszüge daraus anzusehen. Produzent und Regisseur machten seinerzeit zur Bedingung, dass eine 50-Jahre-Sperrfrist über dieses Material verhängt werde, als handele es sich um eine giftige Substanz. Die Queen hätte am liebsten ein hundertjähriges Embargo verhängt gesehen, damit sie zu ihren Lebzeiten nie mehr mit dieser Peinlichkeit zu tun bekäme.
Nach der vergleichsweise harmlosen Urzündung «Royal Family» ging im Jahr 1987 ein königlicher Medienflop von groteskem Zuschnitt über die Bühne, der noch heute von allen Beteiligten nur mit Schaudern in Erinnerung gerufen werden kann. Es handelte sich um das britische Pendant zu der in Westeuropa damals populären Gameshow «Spiel ohne Grenzen», in England «It’s a Knockout» genannt. Prinz Edward, der jüngste Windsor-Spross, der nachseiner abgebrochenen Ausbildung bei den Luftlandetruppen eine Karriere als Produzent im Film- und Fernsehgeschäft anzustreben begann, hatte die Idee, dem Fernsehen eine Variante von «It’s a Knockout» anzubieten – «It’s a Royal Knockout», eine karitative Show, aufgeführt zum Fundraising für vier gemeinnützige Organisationen, die von jeweils einem teilnehmenden Mitglied der königlichen Familie gefördert wurden. Es traf sich da die «Welfare Monarchy» mit dem Showbusiness auf dem gemeinsamen Nenner der Peinlichkeit.
30 Celebrities aus Sport, Film und Theater – von John Travolta über Tom Jones, Gary Lineker, John Cleese und Rowan Atkinson – bildeten vier gegeneinander kämpfende Mannschaften, unter Leitung ihrer königlichen
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