Elke versteht das
ihrem emotionalen Strudel mitreißen zu lassen. »Sag mal, hast du deinen Busen ausgestopft?«
Elke schaute an sich herunter. »Wie kommst du denn darauf? Mein Busen ist so groß.«
»Niemals! Ich kenne doch deinen Busen, Elke. Du trägst einen BH mit Verstärkung, was?«
Elke bebte vor Empörung. »Was fällt dir ein?! So etwas brauche ich nicht.«
»Warum sollte eine Frau, deren Busen ein wenig klein geraten ist, nicht mit etwas Geschick optisch nachhelfen?«
Jetzt wurde Elke laut: »Mein Busen ist nicht zu klein geraten. Er ist genau richtig.«
Die Arme. Das hatte Schmalenbach nicht gewollt. »Natürlich. Er ist so wie ich ihn liebe. Mach dir keine Gedanken, Schatz!«
»Und warum sagst du dann so etwas?« Elke war den Tränen nahe.
»Verzeih mir! Ich habe mich halt getäuscht. Natürlich musst du deinen Busen nicht ausstopfen. Er ist großartig.« Um ihr das
zu beweisen, nahm er sie in den Arm und küsste sie leidenschaftlich.
Es kam, wie es kommen musste: Sie landeten im Bett.Danach war alles wieder gut. Sie lagen selig nebeneinander. Schmalenbach war mit sich und der Welt im Reinen. Bis Elke plötzlich
sagte: »Jetzt weiß ich woran es liegt: Die Menschen schrumpfen im Laufe des Tages. Abends sind sie kleiner als morgens. Das
ist wissenschaftlich erwiesen.«
»Schlaf gut!«, sagte Schmalenbach und seufzte.
»Morgen früh bist du wieder ein bisschen größer«, tröstete Elke ihn. Und dann kicherte sie: »Ich aber auch.«
ELKE SCHLÄFT NACKT
Elke schläft nackt. Schon immer. Davon rückt sie nicht ab. Sie sagt, es gibt Dinge, die ist eine Frau sich einfach schuldig.
Dazu gehören eine abwechslungsreiche Garderobe, ein erfülltes Sexualleben, das Abonnement einer Hochglanz-Illustrierten, ein
lupenreiner Ruf – und das Nacktschlafen.
Schmalenbach hat nichts dagegen. Er findet nur, in ihrem Alter könnte Elke etwas nachsichtiger mit sich selbst umgehen. Sie
muss sich doch nichts mehr beweisen. Kein Fremder schaut herein, nichts dringt nach draußen. Selbst die extrovertiertesten
Männer werden in vertrauter Runde prüde und einsilbig, sobald das Gespräch auf die eigene Frau kommt. Frauen hingegen zerren
die intimsten Geheimnisse ihrer Gatten ans Tageslicht, als wären es liebenswerte Marotten. Pfeifenbergers Gattin Carola zum
Beispiel hat vor einiger Zeit in Frankfurter Frauenkreisen herumerzählt, dass er sich nichts sehnlicher wünscht, als ihr beim
Sex mit einem anderen Kerl zuzuschauen. Pfeifenberger fiel aus allen Wolken, als Germersheimer deswegen bei ihm vorstellig
wurde. Pfeifenberger wies den Aspiranten darauf hin, dass er nichts über Carolas Kopfhinweg entscheiden konnte. Das sah sogar Germersheimer ein und begnügte sich vorerst damit, ein paar Einkäufe für die Pfeifenbergers
zu erledigen – um die Vorbehalte auszuräumen, die Carola gegen ihn als Sexualpartner hegte. Angesichts solcher Unterschiede
im Mitteilungsverhalten der Geschlechter könnte Elke das Nacktschlafen durchaus lassen. Aber nein, Elke bleibt dabei, sie
schläft weiter nackt, obwohl sie die Vierzig auch schon überschritten hat. »Kann ich es mir etwa nicht mehr erlauben, mich
nackt zu zeigen?«, fragte sie kürzlich provokant.
Auf keinen Fall hatte Schmalenbach die Auseinandersetzung in diese Richtung lenken wollen. »Du hast immer noch einen begehrenswerten
Körper«, beteuerte er.
»Was stört dich also daran, dass ich nackt schlafe?«
»Es ist einfach nicht zeitgemäß. Man achtet heutzutage nicht mehr so sehr auf den Effekt, man will es einfach nur bequem haben.«
»Aber ich habe es besonders bequem, wenn ich nackt schlafe. Und der Effekt ist mir völlig gleichgültig – so lange du es genießt,
dass deine Frau nackt schläft.«
Schmalenbachs Problem war: Er selbst schlief nicht nackt. Er trug von Kindesbeinen an einen Schlafanzug. Neuerdings hatte
er unter dem Schlafanzug sogar Gesundheitswäsche an. Aus Angst vor Rheuma. Und ab November trug er einen Schal. Das wäre nicht
weiter schlimm, wenn sich nicht neben ihm eine nackte Frau räkeln würde.
Schmalenbach kam sich so alt vor, so wackelig und unerotisch: mit seiner Unterwäsche unter dem Schlafanzug und dem Schal.
Manchmal kamen sogar Socken dazu. Wenn es besonders kalt war oder Erkältungskrankheiten kursierten. Dann strampelte Elke sich
frei und streckte ihreGlieder genüsslich aus. »Ich frage mich, wie du überhaupt schlafen kannst – so eingemummelt. Ich bekäme keine Luft. Ich brauche
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