Ella in den Ferien
wollte der Lehrer wissen.
»Wir sind nicht auf der Insel«, sagte die Reisetante.
»Nicht?«, wunderte sich der Lehrer.
»Nein«, sagte die Reisetante. »Ich glaube nur, was ich sehe, und ich habe nicht gesehen, dass wir gerettet worden wären«, zischte sie.
»Vielleicht liegt das daran, dass du mitten im Sturm in Ohnmacht gefallen bist«, schlug der Lehrer vor.
»Unsinn!«, schnaubte die Reisetante. »Das liegt ganz einfach daran, dass wir träumen.«
» Deinen Traum jetzt oder meinen ?«, fragte der Lehrer.
»Meinen«, behauptete die Reisetante.
»Schade«, sagte der Lehrer. »Wenn es nämlich mein Traum wäre, würde ich jetzt gern ein paar Runden um die Insel herumfliegen. Ich fliege oft in meinen Träumen. â Du auch?«
»Nein«, behauptete die Reisetante. »Wenn ich träume, träume ich vernünftig .«
Plötzlich sah der Lehrer aus, als hätte er eine Idee.
»Möchtest du eventuell, dass ich dich zwicke?«, fragte er hoffnungsvoll.
»Nein.«
»Ich kann dich auch ins Wasser schmeiÃen, da wachst du in jedem Fall auf«, schlug der Lehrer eine zweite Möglichkeit vor.
»Liebling, beruhige dich doch!«, mischte sich jetzt die Frau des Lehrers ein. »Gib ihr ein bisschen Zeit, sich an die neue Situation zu gewöhnen.«
»Ich bin die Ruhe in Person, mein Herz«, sagte der Lehrer. »Wie du weiÃt, bin ich für solche Situationen geboren. Hier wird ganz klar eine ordnende Hand und ein in sich gefestigter Anführer gebraucht, und wer wäre das mehr als ich. â Also aufgemerkt, Herrschaften!«
Der Lehrer sah uns mit festem Blick an, dann räusperte er sich und begann:
»Das Wichtigste ist, dass wir nicht in Panik geraten. Wir bleiben ruhig und handeln klug. Niemand darf sich seinen bösen Ahnungen überlassen, böse Ahnungen machen nur nervös. Es gibt für alles eine Lösung. Wir kommen zurecht. Wir haben genug zu essen, in unseren Zelten und Schlafsäcken haben wir es warm, und bis zum Herbst sind es noch gut zweieinhalb Monate. Bis dahin wird uns jemand finden, da bin ich mir ganz sicher, auch wenn diese Insel offensichtlich abseits der gewöhnlichen Schifffahrtsrouten liegt und es natürlich dauern kann, bis ein anderes verirrtes Schiff zufällig hier vorbeikommt und uns erschöpft und unterkühlt und zu Skeletten abgemagert findet. Auf dieser Insel wird es dann anders aussehen als jetzt, das steht fest, denn wir werden vor Hunger die Rinde von den Bäumen und die Flechten von den Felsen geknabbert haben. Aber glaubt mir, man wird uns finden, auch wenn es gut sein kann, dass erst noch der Winter kommt und wir gegen Kälte und Einsamkeit ankämpfen müssen. Gut möglich, dass wir unser Essen rationieren und unsere Bärte mit der scharfen Kante eines Steins rasieren müssen â aber wir werden überleben, und seien es nur unsere verblichenen Knochen, die unseren Nachkommen die schmucklose Geschichte jener tapferen Entdeckungsreisenden erzählen, die auf einer einsamen Insel im eisigen Meer ihrem Schicksal trotzten.«
Der Lehrer machte eine Pause, und wir warteten natürlich darauf, dass er gleich weitererzählte, denn wir fanden die Geschichte klasse. Aber wir warteten leider vergebens. Er erzählte nämlich gar nicht weiter. Er verdrehte nur plötzlich die Augen und schaute wild in alle Himmelsrichtungen. Und dann schrie er.
»Wir kommen hier nie wieder weg! Nie! Zu Hilfe! Lauft! Schnell, rette sich, wer kann!«, schrie er und rannte davon und riss sich im Laufen die Kleider vom Leib. »Ein rotes Lämpchen über der Tür, mehr verlange ich nicht!«, schrie er. »Ein rotes Lämpchen ist doch nicht zu viel verlangt!« Dann verschwand er hinter einem Felsen.
Wir anderen begannen, die Insel nach einem Lagerplatz abzusuchen. Die Frau des Lehrers und Mikas Mutter gingen voran.
»Dein Mann ist so wunderbar aufregend. Man weià nie, was er als Nächstes tut«, sagte Mikas Mutter.
»Na ja ... «, sagte die Frau des Lehrers. »Ich weià nicht â¦Â«
»Doch«, sagte Mikas Mutter. »Oder findest du nicht?«
Die Frau des Lehrers hielt jetzt nach ihm Ausschau, aber er war gar nicht leicht zu entdecken. Nur ab und zu blitzte sein nackter Hintern zwischen spärlichen Büschen und einem lichten Wäldchen weiter im Inneren der Insel auf.
»Manchmal ja, manchmal nein«,
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