Ella in den Ferien
sagte die Frau des Lehrers mit einem liebevollen Lächeln.
Meine Freunde und ich beneideten den Lehrer. Er konnte herumflitzen und Spaà haben, und wir mussten Schiffbrüchige sein und einen Lagerplatz suchen.
Die Reisetante war natürlich auch noch da. Sie schmollte nur, weil sie es unfair fand, dass sie ausgerechnet an einem Ort sein musste, den es nicht gab. Sie war für Vernunft und für Tatsachen, da kam so eine eingebildete Insel für sie einfach nicht infrage, genauso wenig wie ein achtjähriges Mädchen, das mutterseelenallein ein Schiff aus einem schweren Sturm dorthin manövrierte.
Meine Freunde und ich schmollten kein bisschen. Im Gegenteil: Je länger wir es uns überlegten, desto schöner fanden wir unseren Schiffbruch. Der konnte nämlich noch eine ganze Weile dauern. Wenn man der Geschichte des Lehrers glaubte, kamen wir im Herbst vielleicht nicht an die Schwimmende Schule â aber wir mussten auch nicht in unsere alte! Dann würden wir nämlich hier auf der Insel hungern und frieren, statt wie unsere Klassenkameraden die Rucksäcke fürs nächste Schuljahr zu packen. Und das Beste daran war, dass wir gemeinsam mit unserem Lehrer hungern und frieren durften.
Es dauerte eine Weile, bis wir einen guten Lagerplatz gefunden hatten, aber dann machten wir es uns schön gemütlich. Der Lehrer kam erst gegen Abend. Er hatte sich ein bisschen verirrt, aber die Spur der weggeworfenen Kleider hatte ihn am Ende zurückgeführt. Vielleicht hatte ihm auch der Duft von brutzelnden Pfannkuchen ein wenig geholfen. Jedenfalls waren wir froh, dass er auf dem Rückweg fast alle seine Kleider wieder angezogen hatte. Nur einen seiner Schuhe hatte er nicht wiedergefunden.
»Ein Pfannkuchen, Liebling?«, fragte die Frau des Lehrers sanft, als er ans Feuer trat.
»Wir müssen das Essen gut einteilen. Gib ihn den Kindern, ich bin nicht hungrig«, sagte der Lehrer.
Wir fanden das unheimlich groÃzügig von ihm. Schade war nur, dass keiner von uns auch nur noch einen Bissen runterkriegte. Wir hatten alle schrecklichen Hunger gehabt, weil nach dem Sturm wieder mal nicht mehr viel in uns drin gewesen war.
»Hunger hab ich keinen«, sagte der Lehrer, als er es hörte, »aber einen könnte ich vielleicht schaffen. Es soll ja nichts verderben.« Danach aà er dann noch neun.
»Während ihr euch hier ausgeruht habt, hab ich ein wenig die Gegend erkundet«, sagte er, während er den zehnten Pfannkuchen verputzte. »Nach meiner Einschätzung ist die Insel unbewohnt. Sie ist ungefähr zweihundert Meter lang und fünfzig Meter breit. An einem Ende ist ein steiler Felsen, in der Mitte wachsen spärliche Büsche und ein lichtes Wäldchen, und an diesem Ende sind ein paar kleinere Felsen mit ein bisschen Sandstrand dazwischen. â Versteht ihr, was ich meine?«, fragte der Lehrer.
Wir verstanden selbstverständlich, was er meinte. Genau dasselbe hatten wir auch schon gemerkt. AuÃerdem konnte man die ganze Insel im Sitzen überblicken.
»Noch Fragen?«, fragte der Lehrer.
»Wo gibtâs hier einen Kiosk?«, wollte Pekka wissen.
»Und meinst du, man kriegt dort einen Angelschein?«, fragte Pekkas Vater.
»Wann fahren wir endlich nach Hause?«, fragte Mika.
»Von mir gibtâs was auf den Kompass, wenn ich nach Hause fahren soll«, drohte der Rambo.
Die Reisetante saà den ganzen Abend auf einem Uferfelsen. Ab und zu sah man sie den Kopf schütteln, als redete sie mit sich selbst. Hanna und ich brachten ihr Pfannkuchen, aber die wollte sie nicht essen. Sie behauptete, dass sie sowieso nur träume und es nichts nütze, wenn man im Traum was isst, weil Geträumtes Essen nun mal kein richtiges Essen ist. Die Reisetante tat uns richtig ein bisschen leid, und wir lieÃen ihr die Pfannkuchen trotzdem da, falls sie es sich noch anders überlegte. Sie überlegte es sich aber nicht anders, und bald kamen die Möwen und schnappten sich die Pfannkuchen. So wie sie kreischten und sich darum zankten, war es ihnen scheinbar egal, ob es echte oder nur geträumte waren.
Groà werden oder nicht
Der nächste Tag war so schön, dass meinen Freunden und mir die Erinnerung an den Sturm auch fast wie ein Traum vorkam. Die Uferfelsen waren warm, das Meer war wie ein riesengroÃer Spiegel, und unsere Insel lag mittendrin.
Der Lehrer schleppte gleich morgens Zweige und Ãste auf den
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