Ella in den Ferien
sagte sie. »Euer Lehrer findet, dass Kinder hilflose kleine Wesen sind, die man ständig umsorgen muss. Ich dagegen vertrete die Meinung, dass Kinder zu allem fähig sind, wenn man ihnen nur Verantwortung überträgt und klare Anweisungen gibt. Ich will, dass ihr heute alle zusammen beweist, dass in der Teamarbeit Kraft und Stärke liegt.«
Die Reisetante sah uns an wie ein Heerführer sein Heer, bevor es in den Kampf zieht. Wir spürten schon, wie die Verantwortung unsere Rücken gerade machte und Kraft in unsere Schultern strömte.
»Zuerst bringt die Kiste hier an Bord!«, befahl die Reisetante und schritt auf den Felsen zu, auf dem sie gestern mit dem Lehrer gesessen hatte.
Wir hängten unsere Schlafsäcke in die Büsche und starrten die Transportkiste an, in der unser ganzer Proviant verstaut war. Sie war riesig und aus Styropor. In die Kiste hätten bestimmt eine Herde Seeungeheuer, ein halb abgenagter Elefant, ein Schwarm Piranhas und mindestens zwei Kontinente gepasst. Jedenfalls war sie viel zu schwer, als dass wir sie auch nur hätten bewegen können. Trotzdem wollten wir es versuchen.
Aber es ging nicht. Sosehr wir auch daran ruckten und zerrten und schoben und kippten â die Monsterkiste bewegte sich höchstens ein paar Zentimeter in Richtung Ufer. Und irgendwann gaben wir auf.
»Das wird nichts«, seufzte Hanna.
»Ich würde dem blöden Ding die angeschweiÃten Tragegriffe abreiÃen, wenn es welche hätte«, knurrte der Rambo.
Die Kiste hatte nämlich nur hinten und vorne Schlaufen aus dickem Tau.
»Ich könnte sie wahrscheinlich alleine tragen, aber das wäre dann keine Teamarbeit«, sagte Mika.
Wir anderen sagte nichts. Wir ärgerten uns nur, dass in unserer Teamarbeit keine Kraft und keine Stärke lagen. Nicht mal Timo wusste, wie wir die Kiste aufs Schiff bekommen sollten, und Timo ist sonst eine Genie.
Darum wunderten wir uns auch, als plötzlich Tiina aufstand und einen Armvoll von den Holzscheiten holte, die noch neben der Feuerstelle lagen. Sie legte die Scheite hintereinander auf den Weg von der Kiste zu der Stelle am Ufer, wo das Schiff lag. Es reichte ungefähr für die halbe Strecke. Zum Schluss hatte sie nur noch ein Holzscheit in der Hand und stellte sich neben die Kiste.
»Hebt sie ein Stück hoch!«, sagte Tiina, während wir sie noch ungläubig anstarrten.
»Macht schon!«, sagte Tiina in überraschend scharfem Ton, und wir gehorchten.
Mit aller Kraft schafften wir es, die eine Seite der Kiste so weit anzuheben, dass Tiina das Holzscheit drunterrollen konnte. Jetzt fiel uns erst auf, dass Tiina lauter runde Scheite ausgesucht hatte.
»Schiebt!«, befahl Tiina, als wir die Kiste auf dem runden Holzscheit abgesetzt hatten.
Wir schoben alle zusammen. Und wir wunderten uns, wie die Kiste sich ganz leicht über das Holzscheit bewegte, dann auf das nächste und dann wieder auf das nächste, wie auf Rollen. Als wir die halbe Strecke geschafft hatten, holte Tiina die Holzscheite von hinten und legte sie bis zum Ufer aus. Dann schoben wir wieder, und schon hatten wir das Ufer erreicht.
Tiina war auch ein Genie, genau wie Timo! Das Komische war nur, dass sie normalerweise ganz normal war. Ob es auch ganz normale Genies gab? Das war eine interessante Frage, aber erst mal musste die Kiste noch an Bord. Die Monsterkiste war nämlich erst am Ufer, und ob wir sie auch an Bord kriegten, musste sich erst noch herausstellen.
Vom Ufer führte eine kleine Zugbrücke auf das Schiff, eine Planke aus zwei Brettern, die aneinandergenagelt waren, weil eins als Brücke zu schmal gewesen wäre. Wir packten wieder an und schafften es, die Kiste über die Holzscheite auf die Planke und ein Stück in Richtung Schiff zu rollen. Aber ungefähr auf halbem Weg rollte auf einmal gar nichts mehr. Wir passten nicht alle gleichzeitig auf die Planke, und die Hälfte von uns reichte nicht, um die Kiste zu bewegen, auch nicht über Tiinas geniale Rollen. SchlieÃlich ging es bergauf.
»Die Mädchen ziehen, die Jungs schieben!«, befahl Tiina, als die Kiste schon anfing, rückwärts zu rollen.
Das war die Lösung! Tiina hatte eindeutig alles im Griff. Wir Mädchen turnten schnell über die Kiste, um vorne zu ziehen, und die Jungs blieben hinten, um zu schieben. Weil sie nebeneinander keinen Platz hatten, schob Rambo die Kiste, und Timo schob den Rambo, und Mika
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