Ellas geheime Traeume 1&2
vor Zorn, und er ballte die Fäuste. Sch weißenborns zuckende Ekstase steigerte sich ins Unermessliche, und Ella wartete fast darauf, dass sie einen schrillen Lustschrei ausstieß. Hellman schnappte derweil fast hyperventilierend nach Luft und war endlich in der Lage, zwischen zwei Atemzügen seine Tirade fortzusetzen: “Aber sie haben ja noch einen draufgesetzt und sind einen ganzen Tag lang der Arbeit ferngeblieben – ohne Entschuldigung!“ Nun stand er vor ihr, schlug auf den Schreibtisch. „Ich verlange eine Erklärung!“
Ella hob den Kopf und sah den Mann an, der viele Jahre lang ihr Chef gewesen war. Den Mann, der ihre Arbeit niemals wirklich zu schätzen gewusst und immer noch mehr Einsatz gefordert hatte. Den Mann, der keinen Menschen wertschätzte, sofern er nicht reich und ein potenzieller Kunde war. Der gern abfällige Sprüche über Frauen losließ und sich selbst für so unwiderstehlich hielt, dass es fast nur mit starker Weitsichtigkeit erklärbar war.
Sie sah ihm fest in die Augen.
Noch vor wenigen Tagen hätte sie demütig den Blick gesenkt, hätte reumütig berichtet, was geschehen war und sich womöglich noch für ihr Fehlen entschuldigt. Sie hätte sich anschließend sogar weitere Beschimpfungen angehört und dabei tiefe Dankbarkeit für die zweite Chance empfunden, die ihr so großzügig gewährt wurde.
Doch das war nun vorbei. Ganz langsam stand sie auf, ging quer durch Hellmanns Büro und nahm zwei kleine Becherchen aus dem Halter am Wasserspender. In aller Seelenruhe befüllte sie beide und wandte sich dann um.
Schlachtross und Reiter standen nun bebend nebeneinander. Eben noch bereit, zum tödlichen Schlag auszuholen, wirkten sie jetzt irritiert durch Ellas Gelassenheit.
„Ja wollen Sie denn nichts dazu sagen?!“, stieß Hellmann hervor, wobei sich seine Stimme auf lächerliche Weise überschlug. Die Weißenborn hatte Augen und Nüstern weit aufgerissen.
Ella ging auf beide zu.
Noch nie hatte sie sich so verdammt gut gefühlt wie in diesem Moment, in dem sie die beiden Papierbecher über die Köpfe ihrer Peiniger erhob und langsam und das gut gekühlte Wasser genüsslich über sie ausgoss. „Ich denke, sie können die kleine Erfrischung hier sehr gut gebrauchen. Ich kündige.“
Sie ignorierte ihren ehemaligen Chef, der ihr schimpfend, Fäuste schüttelnd und mit nassen Haaren – zumindest dort, wo noch Haare waren – durch das gesamte Gebäude folgte. Er war keine weitere Aufregung, keine Diskussionen wert.
In aller Seelenruhe holte sie ihren Mantel, verabschiedete sich von dem bereits vorgewarnten Federico, der ihr leise applaudierte und durchquerte dann das Großraumbüro, wobei sie der grinsenden Simi in Filmdiven-Manier Handküsse zuwarf. „Bis später!“ rief sie ihr zu, bevor sie die Tür des Firmengebäudes ein für alle Mal hinter sich schloss.
Ella musste laut lachen, als sie sich die bedröppelten Gesichter Hellmanns und Weißenborns noch einmal ins Gedächtnis rief. Sie fühlte sich erleichtert und gut – vor allem weil sie wusste, dass sie die Kraft für diese Kündigung aus sich selbst geschöpft hatte und dass der Entschluss nicht nur auf der frohen Nachricht beruhte, die Kevin ihr am vergangenen Abend überbracht hatte.
Seine Augen hatten geleuchtet, als er verkündet hatte, dass auf Ella eine Belohnung in 4-stelliger Höhe wartete, da die beiden Mädchen von Szabós Party – wie auch weitere seiner angeblichen Model-Anwärterinnen – ohne das Wissen ihrer Eltern nach Deutschland geschleust worden waren.
„Ich hoffe, du hast ein wenig Verständnis für die ganze Situation, Carola.“
Federico saß in Carola Hellwigs Büro und blickte sie beschwörend an. Die hübsche Blondine erwiderte seinen Blick, ohne eine Miene zu verziehen. Vor ihr lagen einige von Ellas Skizzen, die sie auf Federicos Bitte hin ausgiebig betrachtet hatte. Er wusste, dass sie auf seine Meinung viel gab – so war es auch schon damals auf der Kunst- und Designhochschule gewesen, auf der sie gemeinsam einige Gestaltungskurse besucht und in Arbeitsgruppen zusammengesessen hatten.
„Ich weiß nicht, was genau deine Beweggründe waren, Ellas Bilder in die Ausstellung aufnehmen zu wollen. Natürlich ist sie noch nicht so weit – aber sie hat so viel Talent, wie ich es selten bei einem Menschen gesehen habe. Und das sage ich nicht, weil ich voreingenommen wäre.“ Das Blut schoss ihm in die Wangen, und nun lächelte Carola Hellwig.
„So wie ich es verstanden habe“, sagte sie,
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