Email ans Universum (German Edition)
eingesperrt von denjenigen, denen er diente, … in einem Labyrinth, das er selbst erbaute – Dädalus, Erfinder von Flügeln, die ihn von der Erde in den „outer space“ hinaustrugen. Warum repräsentiert er Kunst statt Wissenschaft?
Gut, um dies zu verstehen, sollten wir uns daran erinnern, dass die Alten Griechen nicht zwischen „Kunst“ und „Wissenschaft“ unterschieden haben, so wie wir heute es tun. Das Genie eines Künstlers, sagte Aristoteles, liegt in seiner teçne , die Wurzel, von der unser Wort „Technologie“ abstammt. Ursprünglich jedoch bedeutet teçne Fertigkeit oder Handwerk oder die Fähigkeit, Dinge zu erschaffen, die nie zuvor existiert haben. Negative Entropie, das heißt Information.
Im Gegensatz dazu hielt man in unserem Zeitalter Strawinsky für „launisch“ oder „widersinnig“ (oder für „absichtlich rätselhaft“), als er sich selbst einen „Klangingenieur“ nannte. Ein Künstler, der sich selbst als eine Art Techniker sieht? Das ist ein für uns schwer zu begreifender Gedanke.
Schon ein paar Augenblicke der Reflexion werden zeigen, dass genauso viel präzises strukturelles Wissen in Stravinskys Musik gefunden werden kann wie in Roeblings Blaupausen der Brooklyn Bridge – das Bauwerk (als es neu war, fand man es „wundervoll“), welches Hart Crane als ein Symbol für die Einheit von Kunst und Wissenschaft interpretierte.
Die abendländische Besessenheit vom dichotomischen und dualistischen Denken wurde in letzter Zeit so häufig bloßgestellt, dass ich mich fast nicht mit diesem Punkt abzuquälen brauche. Ich würde einen etwaigen gemeinschaftlichen Ursprung von Kunst und Wissenschaft bevorzugen.
Musiker und Architekten, Poeten und Physiker – alle sind Erfinder neuer Realitäten. Diese Schöpfer können alle als späte evolutionäre Entwicklungen jenes Typus angesehen werden, der zuerst als Schamane auftrat. Denkt bitte daran, dass Schamanen in den meisten Kulturen als „die, welche sich durch die Luft bewegen“ bekannt wurden – genau wie unser gegenwärtiger Schamanen-Held Luke Skywalker.
Man sollte es nicht als zufällig oder willkürlich betrachten, dass Swift Laputa , die Heimat der Wissenschaftler, in den Himmel setzte, um die wildäugigen und utopischen Wissenschaftler seiner Zeit dafür herabzusetzen, dass sie nicht alle vier Füße auf dem Boden hatten. Aristophanes verfrachtete Sokrates in die Wolken, um auf ähnliche Weise die spekulative agnostische Philosophie herabzuwürdigen.
Der Weltraum scheint das natürliche Zuhause aller Nachkommen der Schamanen zu sein, ob sie nun Künstler, Philosophen oder Wissenschaftler genannt werden.
Die Ironien von Swift und Aristophanes und der Mythos des Falls von Ikaros und Donald Duck verweisen darauf, dass das Kollektive Unbewusste eine Macht beinhaltet, die entgegengesetzt zu unseren Träumen vom Fliegen steht. Diese Macht scheint unausweichlich. Wie Jung, der führende Forscher der kollektiven Psyche, aufzeigte, kommt in den Symbolen von Träumen und Mythen häufig eine unvermeidbare Polarität vor: ein „Gesetz der Gegensätze“, welches Jung mit dem chinesischen Konzept der Yin- und Yang-Energie verglich.
Jekyll trägt Hyde in sich; Liebe wird leicht zu Hass; Amor und Psyche erscheinen wieder als das Phantom der Oper und Margarete … und als King Kong und Fay Wray.
Im gegenwärtigen Kontext bedeutet das Gesetz der Gegensätze, dass wir uns danach sehnen aufzusteigen und dennoch Angst davor haben zu fallen. Unser „Inneres Selbst“ wird nicht nur von Orville Wright, der vom Kill Devils Hill in Kitty Hawk wie ein Vogel aufstieg, widergespiegelt, sondern auch von Simon Newcombe, dem großen Astronomen, der mathematisch „bewies“, dass ein solcher Flug unmöglich wäre.
Wie ich an anderer Stelle schon andeutete, resultieren Neophilie und Neophobie – die Liebe zum Neuen und die Angst vor dem Neuen – aus der Ur-Polarität der ersten Prägung des Neugeborenen. Dr. Timothy Leary nannte das den Bio-Überlebens-„Schaltkreis“ des Nervensystems – das orale Bio-Überlebens-System, wie ich es zu nennen vorziehe, da es das Immun-, Endokrin- und Neuropeptid-Subsystem sowie das autonome Nervensystem beinhaltet. Dazu gehören grundsätzlich und ausschließlich Prägungen, die augenblicklich entweder basal erforschender Natur oder basal konservativer Natur sind. Das erklärt, denke ich, warum manche Babys „vor Freude glucksen“, wenn sie in die Luft geworfen und wieder aufgefangen werden,
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