Email ans Universum (German Edition)
„dunkel“ und „linkshändig“ und zweifellos teuflisch sei. Ich kann nicht hoffen, die Vorurteile der letztgenannten Gruppe mit einem kurzen Artikel aufzulösen, doch kann ich zumindest die Naivität der erstgenannten Gruppe ein wenig erschüttern.
Tantrisches Yoga erfordert mindestens so viel Disziplin wie Hatha-Yoga und soviel Bereitschaft, zu lieben und von sich selbst zu geben wie Bhakti Yoga. Um damit erfolgreich und effektiv zu sein, muss das Tantra die Feinheit einer erstklassigen Balletttruppe und die Zärtlichkeit wahrer Vereinigung besitzen – in der religiösen Bedeutung dieses Begriffes.
Aleister Crowley, der führende Verfechter dieses Yoga in unserem Jahrhundert (und nebenbei auch der Lehrer von Louis Culling) sagte, dass dieser Yoga „die neun und neunzig Regeln der Kunst“ erfordert. An anderer Stelle drückt Crowley dies in einem Mantra aus, welches außerhalb des Tantra noch viele weitere Bedeutungen hat: „Liebe ist das Gesetz, Liebe unter Willen.“ Man weiß nur, dass diese Kunst gemeistert wurde, wenn man einen Bewusstseinszustand erreicht hat, in welchem man augenblicklich ohne Zweifel und Zögern einen anderen hermetischen Aphorismus Crowleys begreift: „Jeder Mann und jede Frau ist ein Stern.“
Die Kraft des Tantra deutet sich in der Tatsache an, dass Ezra Pound, der diese Kunst niemals bei einem Meister erlernte, genug aus seinen Jahren des Studiums der Troubadoure lernte, um 1933 in seinem Essay über Guido Cavalcanti vom „Magnetismus, der an das Sichtbare grenzt“ und vom „Bewusstsein, das sich viele Meter über den Körper hinaus erstreckt“ sprach. Dies sind charakteristische Anzeichen dafür, dass man den Schritt vom gewöhnlichen Sex zum Metasex gemacht hat, vom kruden Akt, den Shakespeare „schnelle Nummer“ nannte (und D.H. Lawrence „das Niesen in den Lenden“) zu tantrischer Transzendenz. Was hinter diesem Magnetismus und dieser Bewusstseinserweiterung geschieht, ist keine Diskussion wert. Jene, die wissen, wissen – und jene, die nicht wissen, werden es einfach nicht glauben.
Wie auch immer, man mag darüber spekulieren, dass die Vermischung von Yin- und Yang-Magnetismen tendenziell dazu führt, ein synergetisches Drittes zu produzieren, das die ursprünglichen Elemente vernichtet. Kenneth Grant, ein schrulliger, von menstrualer Magick besessener Crowleyaner („das Mysterium des roten Goldes“), spricht in diesem Kontext von der „Bisexualisierung der beiden Partner 122 “. Genauer gesagt und in chinesischer Terminologie ausgedrückt, wird das aktive Yang zu passivem Yin, passives Yin wird zu aktivem Yang und beide neigen dazu, im Dao aufzugehen, um in neuer, unerwarteter Form wieder aufzutauchen. Crowleys berüchtigte Gleichung 2 = 0, von der er behauptete, sie würde das Universum und letztlich auch die Quantenmechanik erklären, dient zumindest als eine nützliche Glyphe für diese Stufe alchemistischer Mutation. Und obwohl Crowley es liebte, den Buhmann zu spielen und die Leichtgläubigen und Ängstlichen einzuschüchtern, sollte man seine Warnung in Magick mit einiger Ernsthaftigkeit betrachten:
Der Pokal soll gefüllt sein mit dem Blut der Heiligen; dies bedeutet, dass jeder Heilige oder Magier den letzten Tropfen seines Lebensblutes in diesen Pokal geben muss, im Brautzimmer des Rosenkreuzes … Es ist die Frau, deren Pokal gefüllt werden muss … das Kreuz ist sowohl Tod als auch Schöpfung und am Kreuz wird die Rose erblühen 123 .
Man musste sowohl in freudscher als auch in jungscher Analyse bewandert sein, um dies auch nur andeutungsweise zu verstehen, bis man dann selbst die Erfahrung gemacht hatte. Doch in den 60ern wusste dann jeder, der LSD genommen hatte, ein wenig über Tod und Wiedergeburt Bescheid. Wir sind keine völlig unvorbereitete Generation, was diese Mysterien betrifft.
Das fängt langsam an, sich zu metaphysisch anzuhören. Die beteiligten Prozesse können auch sehr materialistisch beschrieben werden; im Sinne von der Verlagerung des Bewusstseinszentrums von der üblicherweise dominierenden linken Gehirnhemisphäre und dem sympathischen (aktiven) Nervensystem hin zu der Balance zwischen beiden Hemisphären und der wachsenden Fähigkeit, sich im parasympathischen (passiven, rezeptiven) Nervensystem zu entspannen. Die alte, mystische Terminologie besteht hauptsächlich weiter fort, weil sie auf poetische Weise präzise ist und psychologisch äußerst suggestiv.
Es ist es wert, Dr. J.W. Brodie-Innes zu zitieren,
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