Emmas Story
namens Yvonne bekannt gab? Oder bei Frauke, die jetzt mit Antonie zusammen ist? Oder …«
Ich zische durch meine perfekte Zahnreihe.
»Unsinn! Nicht in der Art! Schließlich suchen wir nicht wirklich eine Wohnung. Und daher kann die Ahnung auch nicht bedeuten, dass dies unser neues Zuhause ist. Aber irgendwas muss sie doch bedeuten!«
»Dass in deinem Hintern ne Hummel quer sitzt, das bedeutet es«, wispert mein bester Freund. »Du solltest dir mal wieder was Nettes anlachen. Etwas, das ein bisschen mehr Entspannung bringt als eine unerreichbare Frau, mit der du nichts anderes anstellen kannst, als ihr hinterherzuhimmeln.«
»Komm, lass uns reingehen«, entscheide ich brüsk, und wir marschieren durch das Gartentörchen auf die Haustür zu. Die aus Holz ist, tatsächlich. Das eingesetzte Milchglas ist mit einem schmiedeeisernen Gitter geschützt. Aber so was Ähnliches hatte mir ja der Geruch der Druckerschwärze bereits versprochen.
Und trotzdem bin ich irritiert.
Das steigert sich noch, als die Tür geöffnet wird und im Hausflur eine Frau mit grauen Haaren und scharfen Gesichtszügen steht, die uns freundlich ihre wettergegerbte Hand entgegenstreckt.
»Beckmann, guten Tag. Kommen Sie rein! Wir haben vorhin telefoniert.«
Ich hatte sie jünger geschätzt, aber ihre Stimme erkenne ich wieder.
»Ich wohne oben. Die untere Wohnung wird demnächst frei, weil die derzeitigen Mieter ein Haus bauen. Wann wollen Sie einziehen?«
»Äh …«, mache ich und sehe Armin an.
Der legt den Arm um mich und näselt: »Da können wir uns ganz nach Ihnen richten. Wir haben es nicht eilig. Aber wenn es schnell gehen muss, dann können wir das auch einrichten.«
Genau die richtige Antwort!
Frau Beckmann strahlt und weist mit einer Geste auf die offen stehende Wohnungstür im Parterre.
Aus der Wohnung sind Stimmen zu hören. Der typische, leise Plauderton, das Floskeln und Plänkeln, das betont freundliche, aber leise Lachen. Der Umgangston bei Wohnungsbesichtigungen ist von derselben Art wie der in den Wartezimmern von Ärzten.
Ich nehme alles nur wie durch einen Schleier wahr.
Die hohen Räume, in denen das Licht die ausgelatschten Holzdielen des Bodens streichelt. Das Knarzen unter dem einen oder anderen meiner Schritte. Der Blick von der Küche durch den kreisrunden Flur hinüber ins Wohnzimmer und von dort durch das Fenster hinaus in den verwilderten Garten.
»Für den sind die Mieter zuständig«, erläutert uns Frau Beckmann und tauscht mit der derzeitigen Bewohnerin und deren Mann einen amüsierten Blick. »Orchideen kann man nicht draußen züchten, wissen Sie. Aber wir alle lieben es, da draußen das Wilde und Unbekannte lauern zu sehen.«
Ich trete einen Schritt zur Seite und wende mich, scheinbar interessiert an dem kleinen Vorratsraum, vom allgemeinen Gespräch ab.
Dieser Geruch.
Leicht herb, wie auf einem provenzalischen Markt, vermischt mit einem süßen, blumigen Duft.
Die alten Türen, die schwer in den Angeln hängen.
Die Anordnung der Räume in einem freundschaftlichen Kreis um den runden, geräumigen Flur herum.
Ich glaube, was mich so verwirrt, ist die Tatsache, dass mir all das so vertraut vorkommt. Wieder schüttele ich den Kopf. Total verrückt dieser Gedanke. Völlig irrsinnig.
Während Armin mit den anderen Interessenten in ein Gespräch über Kinderzimmer vertieft ist, tritt Frau Beckmann zu mir und sieht mit mir gemeinsam hinaus in den Garten.
»So nachdenklich?«, fragt sie.
Ich sehe auf und bilde mir ein, in ihren Augen ein wissendes Glitzern zu entdecken.
Wenn ich wirklich wollen würde, wenn ich wirklich auf der Suche wäre, dann würde ich jetzt sagen: ›Geben Sie mir die Wohnung! Ich glaube, hier gehöre ich hin! Genau hierhin!!‹
Aber ich will ja gar nicht umziehen. Und wenn schon Umziehen, dann ganz sicher nicht in eine so große Wohnung. Und wenn schon Umziehen und große Wohnung, dann bestimmt nicht so weit außerhalb der Stadt.
»Haben Sie noch Fragen?«
»Ja«, sage ich und lege die Hand an die Tür der Vorratskammer. Das alles hier verwirrt mich so sehr, dass ich mich an irgendwas festhalten muss. »Wieso stand in der Anzeige, dass Hunde erlaubt sind?«
Frau Beckmann schmunzelt und wundert sich bestimmt über diese merkwürdige, stille Frau in Wildlederhosen und Strickjacke.
»Ich habe früher Setter gezüchtet. Als mein Mann noch lebte. Wir hatten nur ein paar Würfe, sind bis zum Buchstaben E gekommen. Aber die Hunde fehlen mir sehr. Orchideen züchten ist ein
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