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Enders Schatten

Enders Schatten

Titel: Enders Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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antworten.«
    Dann las sie jede einzelne Frage und die möglichen Antworten laut vor. Erst jetzt konnten die andern Kinder ihre Antworten einkreisen.
    Schwester Carlotta tat danach nichts weiter, was die Aufmerksamkeit auf Bean gelenkt hätte, aber es war geschehen. Sobald der Unterricht vorüber war, kam Sergeant zu Bean. »Du kannst also lesen«, sagte er.
    Bean zuckte mit den Achseln.
    Â»Du hast uns angelogen«, sagte Sergeant.
    Â»Hab nie gesagt, dass ich’s nicht könnte.«
    Â»Du hast uns alle schön dumm dastehen lassen. Wieso hast du uns nicht unterrichtet?«
    Weil ich versucht habe zu überleben, sagte Bean zu sich selbst. Weil ich Achilles nicht daran erinnern wollte, dass ich schlau genug gewesen war, mir den ursprünglichen Plan auszudenken, der ihm seine Familie gebracht hat. Wenn er sich daran erinnert, wird er sich auch daran erinnern, wer Poke gesagt hat, sie solle ihn umbringen.
    Aber die einzige Antwort, die er tatsächlich gab, war ein Achselzucken.
    Â»Wir können es nicht leiden, wenn uns jemand was vorenthält.«
    Sergeant schubste ihn mit dem Fuß.
    Mehr brauchte Bean nicht. Er stand auf und trabte von der Gruppe weg. Die Schule war für ihn zu Ende. Vielleicht das Frühstück ebenfalls. Er würde bis zum Morgen warten müssen, um das herauszufinden.
    Er verbrachte den Nachmittag allein auf der Straße. Er musste vorsichtig sein. Als Kleinsten und Unwichtigsten von Achilles’ Familie würde man ihn vielleicht übersehen. Aber es war wahrscheinlicher, dass jene, die Achilles hassten, Bean besonders bemerkt hatten, weil er am auffälligsten war. Sie glaubten vielleicht, dass es eine gute Warnung abgeben würde, Bean zu töten oder ihn grün und blau zu schlagen und liegen zu lassen, um Achilles mitzuteilen, dass sie ihn immer noch ablehnten, obwohl das Leben jetzt für alle besser war.
    Bean wusste, dass es viele Schläger gab, die so dachten, besonders jene, die nicht imstande waren, eine Familie zu behalten, weil sie die kleinen Kinder zu schlecht behandelten. Die Kleinen lernten rasch, dass sie einen Papa, der zu eklig wurde, dadurch bestrafen konnten, dass sie ihn beim Frühstück allein ließen und sich zu anderen Familien gesellten. Sie würden vor ihm essen. Und dann hatten sie den Schutz eines anderen vor ihm. Er aß als Letzter. Wenn die Vorräte ausgingen, würde er nichts bekommen, und Helga würde sich nicht einmal daran stören, denn er war kein Papa, er passte nicht auf Kleine auf. Also hassten diese Schläger – die am Rande – die neuen Entwicklungen, und sie hatten nicht vergessen, dass es Achilles war, mit dem alles angefangen hatte. Sie konnten auch nicht zu einer anderen Küche gehen, denn die Nachricht hatte sich unter den Erwachsenen, die Essen ausgaben, schnell verbreitet, und jetzt galt in allen Küchen die Regel, dass Gruppen mit kleinen Kindern als Erste drankamen. Wenn man keine Familie zusammenhalten konnte, bedeutete das ziemlichen Hunger, und niemand blickte zu einem auf.
    Dennoch konnte Bean der Versuchung nicht widerstehen, sich nahe genug an eine andere Familie anzuschleichen, weil er hören wollte, worüber sie sprachen, und um herauszufinden, wie die anderen Gruppen funktionierten.
    Die Antwort war einfach: Sie funktionierten nicht besonders gut. Achilles war wirklich ein vortrefflicher Anführer. Dieses Teilen von Brot – keine andere Gruppe tat das. Aber es gab viele Strafen, und die Schläger verdroschen die Kinder, die nicht machten, was sie wollten. Sie nahmen ihnen ihr Brot weg, wenn sie etwas nicht taten oder nicht schnell genug waren.
    Poke hatte also doch den Richtigen gewählt, entweder durch reines Glück oder weil sie vielleicht gar nicht so dumm war. Sie hatte sich nicht nur den schwächsten Schläger ausgesucht, der am leichtesten zu besiegen war, sondern auch den schlauesten, der verstand, wie man die Loyalität anderer gewann und behielt. Alles, was Achilles je gebraucht hatte, war eine Chance.
    Nur, dass Achilles das Brot immer noch nicht mit Poke teilte, und nun begann sie langsam zu begreifen, dass das eine schlechte Sache war und keine gute. Bean sah es ihr an, wenn sie beobachtete, wie die anderen das Ritual mit dem Brot vollzogen. Da auch Achilles jetzt Suppe bekam – Helga brachte sie ihm an die Tür – , nahm er erheblich kleinere Stücke, und statt sie abzubeißen, zupfte er sie ab und aß sie

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