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Enders Schatten

Enders Schatten

Titel: Enders Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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Öffnungen auf beiden Seiten Licht herein – die gleichen schmalen Öffnungen, die Bean bei seiner ersten Exkursion vom Boden aus gesehen hatte.
    Nun konnte er leicht in die Zimmer der Lehrer hineinspähen. Er schlich so leise wie möglich weiter, eine Fähigkeit, die er ebenfalls in Rotterdam perfektioniert hatte. Schon bald fand er, was er suchte: einen Lehrer, der noch wach war, aber nicht am Schreibtisch arbeitete. Bean kannte den Mann nicht besonders gut, da er eine ältere Gruppe von Frischlingen unterrichtete und keines der Fächer, für die Bean eingetragen war. Er befand sich unterwegs zur Dusche. Das bedeutete, er würde nach einer Weile wieder ins Zimmer zurückkehren, sich dann unter Umständen erneut einloggen und Bean vielleicht erlauben, seinen Login-Namen und sein Passwort in Erfahrung zu bringen.
    Zweifellos änderten die Lehrer die Passwörter oft, also würde das, was Bean erfuhr, nicht lange Gültigkeit haben. Außerdem war es durchaus möglich, dass der Versuch, das Passwort eines Lehrers am Pult eines Schülers zu benutzen, eine Art Alarm auslöste. Aber Bean bezweifelte das. Das gesamte Sicherheitssystem war darauf zugeschnitten, die Schüler auszuschließen und ihr Verhalten zu überwachen. Die Lehrer würden nicht so genau beobachtet werden. Sie arbeiteten häufig zu seltsamen Zeiten, und sie loggten sich tagsüber auch häufig auf Pulten von Schülern ein, um mit ihrem erweiterten Zugang das Problem eines Schülers zu lösen oder auf ihn zugeschnittene Computerressourcen zu vergeben. Bean war sich einigermaßen sicher, dass die Gefahr, entdeckt zu werden, aufgewogen wurde durch die Informationen, die er sich mit Login-Namen und Passwort eines Lehrers verschaffen konnte.
    Während er wartete, hörte er Stimmen aus einem anderen Zimmer in der Nähe. Er war nicht nahe genug, um sie verstehen zu können. Sollte er riskieren, die Rückkehr des Duschenden zu verpassen?
    Einen Augenblick später schaute er hinunter in das Quartier von … Dimak persönlich. Interessant. Dimak sprach mit einem Mann, dessen holografisches Abbild in der Luft über seinem Pult erschienen war. Colonel Graff, erkannte Bean, der Kommandant der Kampfschule.
    Â»Meine Strategie war einfach genug«, sagte Graff. »Ich habe nachgegeben und ihr Zugang zu dem Zeug verschafft, das sie haben wollte. Sie hatte recht. Ich kann keine brauchbaren Antworten von ihr erhalten, bevor sie die Daten eingesehen hat, die sie einsehen will.«
    Â»Und hat sie Ihnen Antworten geliefert?«
    Â»Nein, es ist noch zu früh. Aber sie stellte eine sehr gute Frage.«
    Â»Und die wäre?«
    Â»Ob der Junge überhaupt menschlich ist.«
    Â»Ach, kommen Sie. Glaubt sie denn, er wäre eine Schabenlarve in einem Menschenoutfit?«
    Â»Es hat nichts mit den Schaben zu tun. Er ist genetisch verbessert. Das würde vieles erklären.«
    Â»Aber er ist noch immer ein Mensch.«
    Â»Darüber ließe sich streiten, oder? Die genetischen Unterschiede zwischen Menschen und Schimpansen sind gering. Zwischen Menschen und Neandertalern müssen sie winzig gewesen sein. Welchen Unterschied würde es brauchen, ihn einer anderen Spezies zuzurechnen?«
    Â»Psychologisch gesehen interessant, aber in praktischer Hinsicht … «
    Â»In praktischer Hinsicht wissen wir nicht, was dieses Kind tun wird. Es gibt keine Daten über die Spezies. Er ist ein Primat, was gewisse Verhaltensmuster nahelegt, aber wir können keine Annahmen über seine Motivation treffen, die … «
    Â»Sir, bei allem Respekt, er ist noch ein Kind. Er ist ein Mensch. Er ist kein Außerirdischer.«
    Â»Genau das müssen wir herausfinden, und erst dann werden wir wissen, ob wir uns auf ihn verlassen können. Deshalb werden Sie ihn noch sorgfältiger beobachten. Wenn Sie ihn nicht dazu bringen können, das Psychospiel zu spielen, dann suchen Sie eine andere Möglichkeit, um herauszufinden, was ihn bewegt, denn wir können ihn nicht einsetzen, bevor wir nicht wissen, wie gut wir uns auf ihn verlassen können.«
    Interessant, dass sie es untereinander ganz offen ein Psychospiel nennen, dachte Bean.
    Dann wurde ihm klar, worüber sie da sprachen. »Wenn Sie ihn nicht dazu bringen können, das Psychospiel zu spielen.« Soweit Bean wusste, war er das einzige Kind, das das Fantasy-Spiel nicht benutzte. Sie redeten über ihn. Neue Spezies.

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