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Enders Schatten

Enders Schatten

Titel: Enders Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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hinter einem der unteren Betten. Er konnte nicht danach suchen, wenn die anderen im Zimmer waren, denn niemand durfte wissen, dass er sich für die Lüftungsschächte interessierte. Nun, da er allein war, ließ er sich auf den Boden sinken, und einen Augenblick später zerrte er an der Abdeckung der Öffnung. Sie ließ sich leicht abnehmen. Er versuchte sie wieder einzusetzen und lauschte sorgfältig, wie viel Lärm die Operation machte. Zu viel. Die Abdeckung würde also ab bleiben müssen. Er legte sie auf den Boden neben die Öffnung, aber so, dass er im Dunkeln nicht zufällig dagegenstieß. Dann nahm er sie, um vollkommen sicherzugehen, doch ganz unter dem Bett weg und schob sie unter das gegenüberstehende.
    Erledigt. Er begann wieder mit seinen normalen Aktivitäten.
    Bis es Nacht war. Bis der Atem der anderen ihm sagte, dass die meisten, wenn auch nicht alle, schliefen.
    Bean schlief wie viele der Jungen nackt – seine Uniform würde ihn nicht verraten. Man hatte die Kids angewiesen, sich das Handtuch umzuwickeln, wenn sie nachts zur Toilette gingen, also nahm er an, dass auch die Handtücher verfolgt werden konnten. Als er nun aus dem Bett kroch, nahm er deshalb sein Handtuch vom Haken am Bettrahmen und wickelte es sich um, bevor er zur Tür der Unterkunft ging.
    Das war nichts Ungewöhnliches. Es war gestattet, zur Toilette zu gehen, wenn es auch nach dem Löschen des Lichts nicht besonders gern gesehen wurde. Bean war gezielt seit seinem ersten Tag in der Kampfschule immer wieder nachts hinausgegangen. Also wurde jetzt keine Gewohnheit durchbrochen. Außerdem war es eine gute Idee, die Exkursion mit leerer Blase anzutreten.
    Falls jemand wach sein sollte, wenn er zurückkam, würden sie nur ein Kind mit einem Handtuch sehen, das auf dem Weg ins Bett war.
    Aber er ging vorbei an seinem Bett, ließ sich leise auf die Knie nieder und kroch unter das letzte Bett, wo ein offener Schacht ihn erwartete. Sein Handtuch ließ er auf dem Boden unter dem Bett liegen, und falls jemand aufwachte und bemerkte, dass Bean nicht da war, würde er sehen, dass auch sein Handtuch weg war, und annehmen, er wäre zur Toilette gegangen.
    Es tat ebenso weh wie beim letzten Mal, sich in den Schacht zu zwängen, aber nachdem er drin war, stellte Bean fest, dass sein Training sich auszahlte. Er war imstande, schräg nach unten zu rutschen, und zwar langsam genug, um Geräusche zu vermeiden und nicht irgendwo an vorstehendem Metall hängen zu bleiben. Er wollte keine Verletzungen, die er würde erklären müssen.
    In der vollkommenen Dunkelheit des Luftschachts musste er sich den Plan der Station ununterbrochen geistig vor Augen führen. Die schwache Nachtbeleuchtung der Unterkünfte warf gerade genug Licht in die Schächte, dass er jede einzelne Öffnung erkennen konnte. Aber die Position der anderen Schülerunterkünfte auf dieser Ebene interessierte ihn nicht. Bean musste entweder nach oben oder nach unten gelangen, zu einem Deck, wo Lehrer wohnten und arbeiteten. Da es bei den seltenen Raufereien in der Unterkunft immer einige Zeit gedauert hatte, bis Dimak hereingestürzt kam, nahm Bean an, dass sein Quartier sich auf einem anderen Deck befand. Und da Dimak stets ein wenig schwer atmend eintraf, hatte Bean geschlossen, dass es sich um ein Deck unterhalb ihres eigenen handelte und nicht darüber – Dimak musste eine Leiter hinaufsteigen und nicht eine Stange hinunterrutschen, um sie zu erreichen.
    Dennoch hatte Bean nicht vor, als Erstes nach unten zu kriechen. Er musste erst feststellen, ob es ihm überhaupt möglich war, zu einem höheren Deck zu gelangen, bevor er riskierte, möglicherweise in einem der unteren festzusitzen.
    Als er schließlich, nachdem er an drei Unterkünften vorbeigekommen war, einen vertikalen Schacht erreichte, kletterte er deshalb nicht nach unten. Stattdessen betastete er die Wände, um zu sehen, wie viel größer dieser Schacht war als die horizontalen. Der Schacht war viel breiter – Bean konnte die andere Seite nicht einmal mit ausgestreckten Armen erreichen – , aber nur geringfügig tiefer. Das war gut. Solange Bean sich nicht zu sehr anstrengte und zu viel schwitzte, würde die Reibung zwischen seiner Haut und der Vorder- und Rückwand des Schachts genügen, dass er sich nach oben schieben konnte. Und in dem vertikalen Schacht konnte er zumindest den Kopf wieder nach vorn

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