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Enders

Enders

Titel: Enders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lissa Price
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Serpentinenrampe sanft hin und her. Ich konnte kaum glauben, dass es sich um das gleiche Mädchen handelte, das knapp eine Stunde zuvor Luftsprünge vollführt und Ernie wie eine Wildkatze angegriffen hatte. Und ich fragte mich, was uns erwartete, sobald sie die Augen aufschlug.
    »Sie wäre besser aus freien Stücken hierhergekommen«, sagte ich. »Wenn sie jetzt aufwacht, wird sie stinksauer sein.«
    »Sie wollten eine Metallo – wir haben Ihnen eine verschafft«, meinte Ernie ungerührt.
    Hyden warf mir einen bedauernden Blick zu, während er in die Garage einfuhr. Ernie stieg mit schussbereiter Pistole aus. Er suchte die Garage mit der gleichen Sorgfalt und Routine ab, die ich schon bei Hyden beobachtet hatte.
    Dann nahm er den Hörer der Wandsprechanlage, drückte auf Empfang und meldete sich.
    »Spricht er mit Redmond?«, erkundigte ich mich.
    »Ja. Der übliche Vorgang, um sich zu vergewissern, dass alles okay ist«, erklärte Hyden.
    Ernie beendete seinen Rundgang, kehrte zum Wagen zurück und hob die Metallo aus dem Laderaum. Sein selbstsicherer Gang wurde durch ihr Gewicht kaum beeinflusst.
    Wir folgten ihm. Während wir draußen im Gang warteten, hievte Ernie sie auf ein Bett in einem leeren Raum, der nicht weit von meinem Zimmer entfernt war.
    Er warf einen Blick in ihre Handtasche und kramte einen Ausweis hervor. »Sie heißt Lily.« Dann trat er in den Korridor hinaus und wandte sich zum Gehen. »Sie sollten vielleicht in der Nähe sein, wenn sie zu sich kommt.«
    Auch wenn ich mir nicht sicher war, ob sie mir gegenüber weniger feindselig auftreten würde als beim Anblick Ernies, nickte ich. Ich hatte die Situation herbeigeführt, also musste ich auch mithelfen. Ich setzte mich auf die Bettkante und wachte über Lily, während Hyden uns vom Eingang her beobachtete.
    Nach ein paar Minuten kehrte Ernie zurück, stellte wortlos ein Tablett mit einem Sandwich und einem Glas Apfelsaft auf dem Schreibtisch ab und zog sich wieder zurück.
    Bald darauf zuckten Lilys Lider, und sie begann vor sich hinzumurmeln. Unvermittelt schlug sie die Augen auf.
    »Was ist los?«, fragte sie verwirrt. »Wer bist du?«
    »Ich heiße Callie. Und mach dir keine Sorgen. Du bist hier in Sicherheit.«
    Sie setzte sich mühsam auf.
    »Langsam«, riet ich ihr. »Hast du Hunger?«
    Ich holte das Tablett ans Bett und hielt es ihr hin. Sie nahm das Sandwich und roch argwöhnisch daran. Dann legte sie es zurück.
    »Du kannst es wirklich essen. Es ist nicht vergiftet«, erklärte ich.
    Zögernd nahm sie es wieder an sich und biss schließlich hinein.
    »Hast du da noch mehr davon?«, fragte sie kauend.
    Gut, dachte ich erleichtert. Wir würden miteinander auskommen.
    In den nächsten Wochen wuchs die Zahl der Bewohner des Labors rasant an. Wir holten immer mehr Starters zu uns. Die meisten konnten wir inzwischen mit Worten überzeugen; Gewalt war fast nie nötig. Aber egal, welche Methoden wir anwandten – alle blieben. Der Wohntrakt füllte sich mit Chipträgern, die in der Regel irgendwelche Spezialtalente besaßen. Manche dieser Fertigkeiten wie Ringen oder sonstige Kampfsportarten waren von Prime vermarktet worden, und man sah überall junge Leute, die eifrig trainierten, um sich fit zu halten. Aber in unserer neuen Gemeinschaft erwiesen sich Kochkenntnisse oder handwerkliches Geschick als weit hilfreicher.
    Die Hauptmahlzeit nahmen wir in Schichten ein, weil nicht alle gleichzeitig Platz im Speisesaal fanden, den wir neben der Küche eingerichtet hatten. Es war ein nüchterner Raum mit weiß gestrichenen Wänden, gefliestem Boden und schlichten Arbeitstischen, und doch empfanden wir das gemeinsame Essen als die wichtigste Zeit des Tages. Während wir Frühstück und Abendessen eher im Vorbeigehen einnahmen, legte ich Wert darauf, dass wir uns einmal am Tag länger zusammensetzten. Zum einen ergab es Sinn, den Küchendienst gerecht aufzuteilen, und zum anderen schweißte uns diese tägliche Begegnung zu einer Gemeinschaft zusammen. Dabei ging es meist laut und nicht immer gesittet zu, weil keine Middles oder Enders da waren, die uns Vorschriften machten. Tatsächlich waren sie in unserer neuen Gemeinschaft in der Minderzahl, einzig durch Ernie und Redmond vertreten.
    Mir fehlte Tyler. Hyden und ich diskutierten, ob wir das Wagnis eines erneuten Airscreen-Gesprächs eingehen könnten, und kamen zu dem enttäuschenden Schluss, dass das Risiko zu groß war. Außerdem befürchtete ich, dass der Kontakt aus der Ferne nur alte Wunden

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