Enders
sagte ich. »Er trägt eine Gesichtsmaske. Du trägst eine Ganzkörpermaske.«
Er starrte durch die Windschutzscheibe. Ich hatte den Verdacht, dass er sich ein wenig schämte. Zumindest hätte er sich schämen müssen.
»Du würdest bestimmt nicht gern in meiner Haut stecken, Callie. Kannst du dir vorstellen, wie es ist, wenn man seinen eigenen Körper hasst? Ich bin in diesem Ding dahinten eingesperrt.«
Mich hatte man auch einmal eingesperrt, im Gefängnis von Institut 37, und es waren die schlimmsten Tage meines Lebens gewesen. Viel schlimmer als das Leben auf der Straße. Aber ich hatte es geschafft, mich zu befreien.
Vielleicht würde Hyden es ebenfalls schaffen.
»Alle Chipträger sind Gefangene«, sagte ich. »Bis es uns gelingt, deinen Vater zu besiegen.«
kapitel 9 Hyden vermutete zu Recht, dass Jeremy länger nichts mehr gegessen hatte, denn er bekam schon bald einen Riesenhunger und dirigierte mich zum Drive-in-Schalter eines Schnellrestaurants. Er begann Essen zu ordern, nur für uns beide.
»Nein«, rief ich in den Automaten, der unsere Bestellung aufnahm. »Ändern Sie das in dreißig Burger, Pommes und Shakes.« Ich wandte mich Hyden zu, der mich fassungslos anstarrte. »Wir können die anderen nicht einfach zugucken lassen.«
Dann fuhren wir zurück zu seinem Labor. Da er den anderen nicht in seinem geborgten Körper begegnen wollte, beschloss er, sich erst mal in eines seiner Geheimquartiere zurückzuziehen und dort auf mich zu warten. Wir betraten den Einlasskorridor getrennt, ich beladen mit dem Fastfood. Die anderen zeigten sich begeistert von den riesigen Fresstüten, wunderten sich allerdings, dass ich nicht mit ihnen im Speisesaal essen wollte.
Ich begab mich rasch zu dem privaten Unterschlupf, den er mir beschrieben hatte, und klopfte leise an. Er öffnete die Tür einen Spalt und ließ mich ein. Sein Zimmer war etwa doppelt so groß wie unsere Räume im Wohntrakt und ebenfalls nur mit einem Bett und einem Schreibtisch ausgestattet.
»Hier versteckst du dich also hin und wieder«, sagte ich. »Nett, dass du deine Fluchtburg mit mir teilst.«
Er nahm ein Laken von einem Regal und breitete es auf dem Fußboden aus.
»Picknick?«, fragte ich.
»Warum nicht?«
Eine Wand zeigte eine Klippe, die hoch über das Meer aufragte. Die Abbildung wirkte so echt, dass man die frische Gischt auf der Haut zu spüren glaubte.
»Das ist schön!«, sagte ich.
»Es hilft.« Er zuckte die Achseln. »Aber es ist ein unvollkommener Ersatz.«
Ich stellte das Essen auf dem Leintuch ab und wartete unschlüssig, da er stehen blieb. Er kam auf mich zu, näher als je zuvor, und streckte mir die Arme mit weit geöffneten Handflächen entgegen. Es war eine Einladung, ihn zu berühren.
»Callie.«
Ich legte meine Handflächen über die seinen. Er schloss die Augen, als genieße er den Moment der Nähe.
Schließlich schlug er die Augen wieder auf und sah mich an. Er strich sanft über meine Hände, bis sich unsere Finger verflochten. Mein Herz schlug schneller. Ich löste mich von ihm und trat einen Schritt zurück.
»Was hast du?«, fragte er. Jeremys Gesicht nahm einen verwirrten Ausdruck an.
»Ich finde das alles … unheimlich«, sagte ich und deutete auf den fremden Körper, in dem er steckte.
Er trat ganz nahe vor mich hin. »Bleib doch!« Er tippte ganz leicht meinen Handrücken an. »Bitte!«
Ich rührte mich nicht vom Fleck. Was hatte er vor?
»Sein Körper ist schön«, sagte er. »Sieh dir diesen Waschbrettbauch an!«
Er schob das Hemd hoch. Meine Blicke wanderten über perfekte Muskelpakete. Mit einem Lächeln streifte er das Hemd wieder über den Gürtel.
Dann nahm er meine Hand und presste sie gegen den Stoff.
Ich schluckte trocken und zog die Hand weg.
»Was ist?«
»Das bist nicht du«, sagte ich. »Ich will damit nichts zu tun haben.« Ich schüttelte den Kopf. »Du hast seinen Körper gestohlen.«
»Anders geht es nicht. An meinem Innern hat sich nichts verändert. Du weißt, dass ich im Innern der Gleiche bin.«
Ich wusste es, aber zugleich begriff ich es nicht.
»Die Persönlichkeit in dieser Hülle – das bin immer noch ich. Was macht mich denn aus? Haut? Die lässt sich mit einem Laser glätten. Muskeln? Dafür gibt es Aufbaupräparate. Fett? Kann man reduzieren. Ich hoffe, dass ich mehr als das bin. Als das hier.« Er umriss mit einer Handbewegung Jeremys Körper. »Dass ich bin, was ich denke, was ich glaube. Was ich fühle.«
Er umfasste mein Gesicht, fuhr mit einem
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