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0406 - Mörder-Medium

0406 - Mörder-Medium

Titel: 0406 - Mörder-Medium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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»Ich habe ein ungutes Gefühl«, sagte Dr. Wassil Tokolev. »Mir ist, als würde irgend etwas schiefgehen, und zwar gründlich.«
    Andrezej Retekin hob erstaunt die Brauen. »So pessimistisch kenne ich Sie ja gar nicht, Wassil. Sind Sie heute morgen mit dem linken Fuß zuerst aufgestanden?«
    Dr. Tokolev lächelte gequält. »Das nicht, Andrezej. Aber… ich weiß auch nicht. Es steckt einfach in mir drin. Dabei kann ich mich nicht einmal erinnern, schlecht geträumt zu haben.«
    »Woran liegt es dann? Vorahnungen?«
    »Vielleicht.«
    Retekin grinste. »Dann seien Sie nur hübsch vorsichtig, mein lieber Wassil. Sonst könnte es sein, daß Sie Ihr eigenes Versuchskaninchen werden. Leute mit Psi-Eigenschaften werden…«
    »Geschenkt.« Dr. Tokolev wirkte böse. »Ich habe keine Vorahnungen, und ich besitze Gott sei Dank keine Psi-Eigenschaften. Das ist erwiesen. Es ist nur einfach so ein dummes Gefühl.«
    »Sie wissen, wie ich es meinte«, wehrte Retekin ab. »Sehen Sie, mir gefällt nur nicht, daß Sie heute so depressiv und… na, etwas aggressiv auftreten. Das paßt doch nicht zu Ihnen, Wassil.«
    »Sparen wir uns den Rest Ihrer Analyse«, sagte Dr. Tokolev schroff. »Was ist mit Lena Petrowna? Ist sie für den Versuch bereit?«
    »Noch nicht. Die abschließenden Untersuchungen stehen noch aus.«
    Dr. Tokolev hieb mit der Faust in die Handfläche. »Ich möchte einmal erleben, ein einziges Mal nur, daß ich zu einem Versuch komme, und alle Vorbereitungen sind abgeschlossen. Ich frage mich, weshalb man diesen Leuten so horrende Gehälter bezahlt. Dafür, daß sie Däumchen drehen und jeden, aber auch jeden Versuch verzögern? So erzielen wir nie Fortschritte.«
    Retekin lächelte wieder. »Sie wissen, Wassil, daß es nicht so einfach ist. Ich hörte, daß Lena Petrowna eigentlich heute gar nicht antreten wollte. Sie fühlte sich unpässlich, hatte sie gesagt.«
    »Und?«
    »Natürlich konnte der Versuch nicht verschoben werden. Natürlich nicht. Auf welchen Termin denn auch? Wir haben ohnehin alle Hände voll zu tun und brauchen ja auch Zeit zur Auswertung…«
    »Das ist es ja immer, was ich sage«, knurrte Dr. Tokolev. »Wenn unsere Leute etwas sorgfältiger und schneller arbeiten würden, wären wir nicht in dieser fürchterlichen Terminnot. Ich werde eine Eingabe machen, daß man uns entweder mehr oder qualifizierteres Personal zur Verfügung stellt.«
    »Moskau wird ›njet‹ sagen, wie üblich. ›Kein Geld für weiteres Personal verfügbar‹. Das kennen wir doch. Es wird gespart, wo es nur geht. Früher war das anders. Aber seit der neue Generalsekretär…«
    »Wir wollen doch jetzt nicht politisch werden«, unterbrach Tokolev, dem diese Wendung des Gesprächs unangenehm war. Es war allgemein bekannt, daß Retekin nicht die Meinung des Kreml teilte. Er trauerte immer noch der Breschnjew-Ära nach, in der Mittel weit großzügiger nach Akademgorodok geflossen waren. Vielleicht wäre Retekin unter anderen Umständen längst abgelöst worden. Aber er war als Wissenschaftler zu wertvoll. Er steckte zu tief in der Materie und war nicht so leicht zu ersetzen. Deshalb gestattete man ihm, zuweilen ein paar kritische Worte zu sagen. Er war ein Mann vom alten Schlag, der sich mit der Wende nicht anfreunden konnte, die die Sowjetunion auf politischer und wirtschaftlicher Ebene vollzog.
    »Ich will mit Lena Petrowna sprechen«, sagte Dr. Tokolev. »Sofort.«
    ***
    Akademgorodok, die Stadt der Wissenschaftler, liegt unmittelbar südlich von Nowosibirsk, im Steppenland der mittelsibirischen Tiefebene, rund zweieinhalbtausend Kilometer östlich von Moskau. Im Süden der Stausee und das allmählich zum weit entfernten und nur als Schatten am Horizont sichtbaren Altai-Massiv ansteigende Steppenland, im Norden das Sumpfland rechts und links des Ob, das sich am Strom entlang bis hinauf zur kalten Kara-See erstreckt, quer über den ganzen Kontinent. Mehrere Eisenbahnlinien und Fernstraßen kreuzen sich hier.
    Akademgorodok ist Forschungszentrum. Hier wird alles untersucht und entwickelt, was nur eben die Möglichkeit dazu bietet. Es ist die wissenschaftliche Denkfabrik. Geheimhaltung und Sicherheitsvorkehrungen werden großgeschrieben. Besonders im Bereich der Parapsychologie…
    Die Sowjetunion war einer der ersten Staaten, die ernsthafte Psi-Forschung betrieben. Man versuchte, okkulte und parapsychische Phänomene als Waffe nutzbar zu machen. Nichts drang an die Öffentlichkeit, nur Gerüchte sprachen davon, daß man auf

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