Endlich bei dir in Virgin River (German Edition)
gleich wesentlich wohler.
Am vierten Tag allerdings stellte er sich zum ersten Mal die Frage, ob nicht alles Zeitverschwendung war. Selbst wenn er eine Telefonnummer herausbekäme, unter der er Franci erreichen konnte, wer sagte ihm, dass sie nicht einfach auflegen würde? Dann müsste er doch bei ihr zu Hause auftauchen. Würde sie dann die Polizei alarmieren? Es war schließlich kein Verbrechen, sie um ein Gespräch zu bitten. Er würde sie ja nicht bedrängen oder sie zwingen. Schließlich klopften auch ungefragt irgendwelche Vertreter oder die Zeugen Jehovas an Türen und wollten irgendwas. Diese Besucher waren doch viel lästiger als er!
Aber dann geschah an diesem vierten Tag ein Wunder. Sean ging in den Supermarkt, um noch ein paar Sachen für Shelby einzukaufen, bevor er wieder nach Virgin River fahren wollte. Gerade stand er in der Gemüseabteilung und suchte einen Römersalat aus, als er eine Hand bemerkte, die prüfend Tomaten drückte. Diese Hand kannte er. War das nicht sensationell? Er erkannte ihre
Hand
! Er drehte sich zu ihr um und sah sie an. „Pass auf, dass du sie nicht zerquetschst“, sagte er.
Franci erschrak beinahe zu Tode. Sie ließ die Tomate fallen und zog reflexartig ihre Jacke enger um sich. „Mein Gott, hast du mir einen Schrecken eingejagt! Was machst du denn hier?“
Er hielt ihr seinen Einkaufskorb hin. „Ich erledige Besorgungen für meine Schwägerin. Wie schön, dass ich dich hier treffe, Franci. Wir könnten doch …“
Aber bevor er seinen Satz beenden konnte, hatte sie sich von ihm abgewandt, wählte schnell drei Tomaten aus, steckte sie in eine Plastiktüte und versuchte zu fliehen. Sie trug einen dunkelblauen Jogginganzug, auf dessen Jackenärmeln so etwas wie Abzeichen aufgenäht waren.
„Hey, bist du jetzt bei der Küstenwache oder so was? Wieso konnte ich dich nicht finden, nachdem du aus der Air Force ausgeschieden bist?“
Sie blieb stehen, sah über die Schulter und sagte: „Ich habe keine Ahnung. Ich bin zu meiner Mutter gezogen. Dort haben wir fast ein Jahr gelebt, bevor wir hierher gezogen sind.“
„Ich habe mehrfach Nachrichten auf deinem Handy hinterlassen“, meinte er und warf den Salatkopf in seinen Korb. Dann folgte er ihr.
Sie drehte sich zu ihm um. „Ach ja? Ich habe nie eine erhalten.“
Er schüttelte den Kopf. „Das verstehe ich nicht.“
„Wie oft hast du angerufen?“, hakte sie nach.
„Keine Ahnung. Ein paarmal. Ich weiß es nicht mehr – doch ich habe angerufen“, verteidigte er sich. Und da war sie wieder – ihre unangenehme Art, nachzubohren und ihn schwitzen zu lassen.
Sie nötigte ihn dazu, sich der Wahrheit zu stellen, und das gefiel ihm nicht, weil er sich dadurch ausgeliefert fühlte. Jetzt lächelte sie gespielt geduldig. „Tja, Sean. Ich würde sagen, da hatten wir ein technisches Problem. Wenn du wirklich mit mir reden wolltest, hättest du ein bisschen mehr tun müssen, als mir nur vor ein paar Jahren auf die Mailbox zu quatschen. Und jetzt muss ich los, ich bin spät dran.“
Er hielt sie am Arm fest. „Diesmal habe ich wirklich alles versucht, um dich zu erreichen. Ich habe deine Adresse herausbekommen, allerdings keine Telefonnummer, und ich …“
„Du weißt, wo ich
wohne
?“
Er schaute sich nervös um. So, wie sie es sagte, hörte es sich an, als sei er ein Axtmörder oder so was. „Sprich doch leiser“, bat er sie. „Ich musste dich einfach finden. Ich habe im Internet nach dir gesucht. Und dich gefunden, weil du ein Haus gekauft hast.“
„Oh Gott“, stieß sie aus und rieb sich die Schläfen. Sie schien sich sammeln zu müssen. „Alles klar. Also, was willst du?“
Diese Frage kotzte ihn schon wieder an. „Sag mal, spreche ich Chinesisch? Ich möchte mit dir reden, über das, was mit uns passiert ist. Ich habe damals recht schnell kapiert, dass ich … kooperativer hätte sein müssen, als wir den Streit hatten.“
„Um genau zu sein, Sean, hast du es nicht schnell kapiert, sondern viel zu spät“, konterte sie. „Und jetzt kannst du deine Mission als erfüllt ansehen. Du hast es mir mitgeteilt. Und jetzt hau ab und
lass mich in Ruhe
!“
„Das geht nicht“, erwiderte er. „Ich verstehe ja, dass du immer noch sauer bist. Aber das können wir nur aus dem Weg räumen, wenn wir miteinander reden.“
„Wie gesagt, ich lege keinen Wert darauf!“, entgegnete sie und wurde dabei wieder lauter.
„Franci“, meinte er ruhig. „Könnten wir probieren, hier vielleicht keine Szene zu
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