Endlich bei dir in Virgin River (German Edition)
zu, gefolgt von einem anderen Mann und mehreren jugendlichen Aushilfen. Es hatte sich bereits eine Menge von Schaulustigen um sie gebildet, und jetzt entfernten die Angestellten Franci vom Rücken des Riesen. Aber sie schlug immer noch wie wild um sich. „Die Polizei kommt gleich!“, brüllte der Geschäftsleiter. „Geben Sie sofort Ruhe! Schluss damit!“
Das läuft nicht so, wie ich es geplant hatte, dachte Sean.
Und er unternahm einen erneuten Versuch aufzustehen, um seine männliche Ehre zu verteidigen. Allerdings rutschte er auf dem Melonenbrei aus und fiel wieder hin. Er verlor zwar nicht das Bewusstsein, aber ganz bei sich war er auch nicht, während er die Unterhaltung um ihn herum verfolgte.
„Er hat zuerst geschlagen“, sagte jemand.
„Sie haben ihn in die Melonen gestoßen!“, schrie Franci.
„Er hat Sie am Arm festgehalten, nachdem Sie ihn aufgefordert haben, er soll verschwinden! Entschuldigung, dass ich helfen wollte!“
„Aber dann hat der kleine Mann den großen Mann geschlagen“, sagte ein anderer. Ich bin kein kleiner Mann. Ich bin eins vierundachtzig groß und stemme problemlos hundertzehn Kilo, wollte Sean protestieren.
„Doch der große Mann hat den kleinen plattgemacht. Ihn k.o. geschlagen.“
„Ich bin nicht klein“, murmelte Sean undeutlich wegen seines geschwollenen Kiefers. Niemand hörte ihm zu.
„Ich habe Sie nicht gebeten, meinen Beschützer zu spielen!“, fuhr Franci den Mann an. „Ich habe gesagt, Sie sollen ihn in Frieden lassen.“
Ja genau, dachte Sean. Weil ich harmlos bin. Genau so wollte ich immer von ihr gesehen werden. Harmlos. Und das war Sean Riordans letzter zusammenhängender Gedanke.
Als er wieder aus seiner Bewusstlosigkeit erwachte, wedelte ein Notarzt mit einem scheußlich riechenden Fläschchen unter seiner Nase und drückte ihm ein Icepack auf die Wange. Der Ammoniakgeruch aus dem Fläschchen ließ ihn würgen, und das Icepack schmerzte auf seiner Haut. Am schlimmsten war jedoch, dass man ihm und den anderen beiden Handschellen angelegt hatte. „Verdammt“, presste er stöhnend hervor. „Verdammt, verdammt, verdammt.“
Drei Stunden später fand sich Sean in einem verriegelten, fensterlosen Raum auf der Polizeistation von Eureka wieder. Der Notarzt hatte empfohlen, ihn ins Krankenhaus zu bringen, um seinen Kopf untersuchen zu lassen, worauf Sean nur geantwortet hatte: „Wem sagst du das?“
Mit ihm zusammen in der Zelle war der Riese – der sich jetzt bei ihm entschuldigte. Sean erwiderte die Entschuldigung. Es stellte sich heraus, dass Dennis Avery kein Holzfäller, sondern Trucker war. Er fuhr einen großen Sattelschlepper und wollte auf dem Weg nach Hause zu seiner Frau nur kurz etwas einkaufen gehen. Dann hatte er den Streit zwischen Franci und Sean mitbekommen.
Sean erzählte ihm seine Lebensgeschichte. Besser gesagt, den Teil mit der Trennung von Franci.
„Mann“, meinte Dennis und fuhr sich mit einer Hand über den Kopf. „Bist du ein totaler Idiot oder was?“
„Pass auf!“, warnte Sean ihn.
„Kleiner, hör zu. Ich bin eins vierundneunzig groß – ohne Schuhe. Seit knapp zwanzig Jahren lade ich schwere Fracht in meinen Anhänger. Und du willst dich ernsthaft mit mir anlegen?“ Er lachte. „Du hast eine Frau, die sich wie David auf Goliath stürzt, um dich zu retten? Und du hast sie einfach gehen lassen? Kein Wunder, dass sie sauer auf dich ist.“
„Wie gesagt“, erwiderte Sean irritiert. „Sie hat mich damals erpresst. Entweder wir heiraten oder sie ist weg.“
Dennis stand auf. „Und darüber musstest du
nachdenken
?“
Gnädigerweise kam in diesem Moment ein Polizist herein. „Alles klar. Sie können gehen. Irgendjemand scheint Sie ganz doll lieb zu haben und Ihnen wird nur ein geringfügiges Vergehen und Erregung öffentlichen Ärgernisses vorgeworfen. Das ist echt geschenkt. Also lernen Sie was draus. Ich will Sie hier so schnell nicht wiedersehen. Am besten überhaupt nicht. Wenn Sie schlau sind, kaufen Sie ab jetzt woanders ein, wenn Sie verstehen, was ich meine.“
Sean verstand nicht, wieso er so viel Glück hatte, aber er sparte sich einen Kommentar. Das Letzte, was er tun wollte, war Luke anrufen und ihn um das Geld für eine Kaution bitten. Nachdem ihm sein Portemonnaie, seine Schlüssel, sein Handy und alles andere wieder ausgehändigt worden war, zog er seine Jacke über und beeilte sich, wegzukommen. Er fragte sich, wie weit der Supermarkt entfernt war, auf dessen Parkplatz sein Wagen stand.
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