Endlich verheiratet?
mich von meiner professionellen Seite.”
“Sie möchten mich tatsächlich belügen?”
“Reine Zeitverschwendung, nicht wahr?”, vermutete sie mit Bedauern in der Stimme. “Ich habe mich schon verraten. Aber ich wusste gleich, dass diese Verabredung zum Mittagessen ein Fehler ist. In einem Konferenzraum mache ich einen viel besseren Eindruck. Vermutlich liegt das an der Umgebung. Die Leute nehmen einen ernster, wenn man Tabellen und Grafiken vorlegt. Das habe ich auch Destiny gesagt, aber sie hat auf dem Mittagessen bestanden. Angeblich wären Sie nicht so schwierig, wenn Sie satt sind.”
“Wie nett von ihr, so über mich zu sprechen.” Richard beschloss, seine Tante ein weiteres Mal – und vergeblich wie immer – zu bitten, nicht mit jedermann über ihn zu reden. Ihre Mitteilungsfreudigkeit würde ihm in einem Wahlkampf sehr schaden.
“Bestimmt sind Sie im Moment nicht satt, stimmt’s?”, vermutete Melanie Hart.
“Nein.”
“Dann sind Sie also schwierig. Gut, ich gehe jetzt ins Restaurant und überlege, wie es mir wohl gelungen ist, das wichtigste Vorstellungsgespräch meines Lebens zu verpatzen.”
“Falls Sie an meiner Meinung interessiert sein sollten, können Sie mich ja anrufen”, bot Richard an und wollte einfach weggehen, doch sie blickte so niedergeschlagen drein, dass er es nicht übers Herz brachte.
Außerdem hatte Destiny behauptet, Melanie Hart wäre sehr tüchtig, und Destiny täuschte sich in solchen Dingen nur selten. Sofern nicht Gefühle ihr Urteilsvermögen beeinträchtigten, zeigte sie sich als ausgezeichnete Menschenkennerin. Richard fürchtete allerdings, dass seine Tante sich in diesem Fall mehr nach ihrem Herzen gerichtet hatte.
Dennoch nahm er Melanie Hart am Arm und führte sie ins Restaurant. “Dreißig Minuten”, erklärte er knapp, während Donald sie beide strahlend zu dem Tisch führte, den Richard eben erst verlassen hatte. Ein frisches Tischtuch lag darauf, und zwischen den Gedecken brannte eine Kerze, die vorhin noch nicht da gewesen war. Donald schien mit seiner Rückkehr gerechnet zu haben und wollte wohl durch etwas Atmosphäre die schlechte Stimmung verbessern. Ganz sicher steckten der Oberkellner und seine Tante unter einer Decke. Wahrscheinlich sogar hatte er Destiny sofort nach dem Aufbruch ihres Neffen telefonisch Bericht erstattet.
Richard sah auf die Uhr, als Donald eine Kaffeekanne brachte. “Noch vierundzwanzig Minuten, Miss Hart. Nutzen Sie die Zeit.”
Melanie griff nach ihrer Aktentasche und stieß dabei ihr Wasserglas um – treffsicher in Richards Schoß.
Er sprang auf, als das kalte Wasser durch den Stoff drang. Der Tag verschlechterte sich von Minute zu Minute.
“Um Himmels willen, das tut mir schrecklich leid!” Melanie stand auf und griff nach einer Serviette, um ihm zu helfen.
Richard war bereit, sie gewähren zu lassen und abzuwarten, wie sie reagierte, wenn sie merkte, wo sie ihn dabei berührte. Sie erkannte jedoch offenbar das Problem und reichte ihm die Serviette.
“Es tut mir leid”, wiederholte sie, während er versuchte, seine Hose etwas zu trocknen. “Ich schwöre Ihnen, dass ich mich normalerweise nicht so ungeschickt anstelle. Nein, wirklich nicht”, beteuerte sie, als er ihr einen skeptischen Blick zuwarf.
“Na, wenn Sie es sagen.”
“Sollten Sie jetzt gehen wollen, verstehe ich das natürlich. Und wenn Sie mir sagen, dass ich Ihnen nie wieder unter die Augen treten soll, verstehe ich das auch.” Sie sah ihn direkt an. “Allerdings würden Sie damit einen schlimmen Fehler begehen.”
Scheu war sie nicht, das musste Richard ihr lassen. “Und weshalb?”, erkundigte er sich, während er vergeblich versuchte, den Stoff seiner Hose trocken zu bekommen.
“Weil ich genau richtig für Sie bin, Mr. Carlton. Ich weiß, wie man Aufmerksamkeit erregt.”
“Ja, das festzustellen, hatte ich bereits die Ehre”, entgegnete er nüchtern. “Ich habe allerdings nicht an Aufmerksamkeit durch Katastrophen gedacht.”
“Das schaffe ich”, beteuerte sie. “Ich besitze die nötigen Kontakte und bin klug und einfallsreich. Ich weiß genau, wie ich meine Kunden den Medien verkaufen muss. Ich habe sogar schon einen Planungsentwurf für Ihren Wahlkampf sowie für Carlton Industries bei mir.”
Bevor sie erneut nach ihrem Aktenkoffer greifen konnte, rückte Richard das zweite Wasserglas auf dem Tisch außer Reichweite und setzte sich, während sie überall Papiere verteilte. “Ich schätze Ihren Eifer, Miss Hart,
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