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Endlich war wieder Weihnachten

Endlich war wieder Weihnachten

Titel: Endlich war wieder Weihnachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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und zu den Kindern dürfen. Sowieso schon zwei mehr, als wir geplant hatten. Da ist für dich nun wirklich nichts mehr drin.«
    Blankenburg schob die Unterlippe vor, trank einen großen Schluck und sagte dann: »Ich bin auch ein Familienvater, Rudolf …«
    »Noch nicht.«
    »Aber kurz davor.«
    »Wann soll das Kind kommen?«
    »Anfang Dezember, sagt Martina. Also in knapp vier Wochen. Unser erstes Kind – da möchte ich gern dabeisein.«
    »Es geht nicht, Heinz!« Sadowski hob hilflos die Hände. »Deine Kollegen haben zwei, drei und mehr Kinder … die sind also bereits Familienväter. Den Unterschied mußt du doch akzeptieren. Im Januar ist im Urlaubsfonds wieder Geld, da kannst du dann deinen Antrittsbesuch beim Familienzuwachs machen.«
    Blankenburg nickte. Unser erstes Kind, dachte er. »Du mußt kommen« – hat Martina in jedem Brief geschrieben, bei jedem Telefongespräch betont. »Du mußt bei mir sitzen und mir die Hände halten! Ich will dich sehen, wenn das Kind kommt … deine Augen, dein Gesicht … deine Stimme will ich hören … ich habe solche Angst, dann allein zu sein. Komm – komm – komm!« Und jetzt ist es klar: Ich werde durch den Staub der Wüste von Dubai gehen, wenn du deine schwerste Stunde hast. Aber im nächsten Jahr werde ich Weihnachten dabeisein, werde auch ich auf der Liste stehen, denn dann bin ich ja ein Familienvater.
    »Es wird schwer sein«, sagte er und trank das Glas leer, »schwer, Martina das zu erklären.«
    »Versuch es bitte, Heinz.« Sadowski klopfte Blankenburg auf die Schulter. »Ich kann nicht anders. Vorschrift ist Vorschrift. Gerade aus Freundschaft darf ich da keine Ausnahme machen.«
    In dem flachen weißen Häuschen, das man für jeden der leitenden Ingenieure gebaut hatte, wartete Jussuf Dawasir auf ›seinen Herrn‹. Jussuf stammte aus einem Dorf bei Al'Idd, und da es dort mehr Sand und Steine als Körner und Datteln gab, war er, als das große Bauprojekt bekanntgegeben wurde, mit einem Esel losgezogen und hatte sich bei der Einstellungskommission beworben. Die Beamten des Bauministeriums von Dubai lachten ihn aus; Jussuf war sechzig Jahre alt, keuchte, wenn er einen dicken Stein aufheben mußte, und lahmte nach einer Stunde, wenn er eine schwere Schubkarre geschoben hatte. Man jagte ihn aus den Büros, und so traf er draußen vor dem Ministerium den deutschen ›Herrn‹ Blankenburg, klagte diesem sein Leid und wurde als ›Butler‹ von ihm eingestellt.
    »Fahren wir?« fragte Jussuf, als Blankenburg zurückkehrte. Er sagte immer ›wir‹, denn er und sein Herr gehörten zusammen.
    »Nein.« Blankenburg ließ sich auf eine Art Diwan fallen. »Nur Männer mit Kindern.«
    »Und nun traurig, sehr traurig?«
    »Ja.«
    »Was soll ich erst sagen, Herr? Keinen Urlaub seit über einem Jahr, und zu Hause warten vierzehn Kinder auf mich …«
    »Vierzehn?«
    »Von drei Frauen!« Jussuf warf sich in die Brust. Kindersegen ist der Stolz jedes Arabers. »Neun Jungen …«
    »Das ist es, Jussuf. Ich habe nur eine Frau, eine junge, schöne Frau, wir kennen uns erst seit zwei Jahren, und nun kommt das erste Kind. Du alter Sünder bist darüber längst hinaus.«
    Am Abend saß Heinz vor dem Telefon, drückte den Hörer dicht an sein Ohr und wartete darauf, daß im Tausende von Kilometern entfernten München abgehoben wird. Endlich knackte es, und eine weiche, fast scheue Stimme sagte: »Ja?«
    »Mein Engel …« Blankenburgs Stimme erstickte fast in dem Glücksgefühl, das ihn plötzlich überwältigte, »mein geliebter Engel …«
    »Heinz!« Wie ein kleiner Aufschrei klang das, wie das Hineinstürzen in geöffnete Arme. »Wie schön, dich zu hören.«
    »Ich liebe – liebe – liebe dich …« sagte er und schloß dabei die Augen. Er sah sie vor sich, ihre großen blauen Augen, die blonden gelockten Haare, ihren lächelnden Mund mit den leicht geöffneten Lippen, ihren schlanken Hals, dessen Beuge er so gerne küßte, weil sie sich ihm dann entgegenbog und er ihren Körper spürte. Es war ihm, als umarme er sie, und er flüsterte ihr ins Ohr: »Ich möchte dich streicheln und küssen und umarmen …«
    »Ich dich auch.« Ihre Stimme wurde leiser und noch weicher, die Worte begannen zu schweben. »Ich fühle deine Hände, deine Lippen, deine Zärtlichkeit … Warum bist du jetzt nicht bei mir?«
    »Ich bin bei dir, mein Schatz. Ich denke an dich, am Tag, in der Nacht, wenn ich aufwache, bevor ich einschlafe – wo ich auch bin, wo ich gehe, wo ich sitze, du bist bei

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