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Endstation Mosel

Endstation Mosel

Titel: Endstation Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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Brötchen, eine Flasche Bier in der Hand. Das sanfte Tuckern der Maschine und das Plätschern des Wassers an den Bootswänden hatten eine beruhigende Wirkung auf ihn. Er legte den Kopf zurück und schaute nach hinten. Das Führerhaus ragte in den blauen Himmel, hinter dem Steuer winkte ihm eine Frau zu. Er biss ein Stück vom Brötchen ab und nahm einen tiefen Schluck. Wie sah das Glück aus? Wenn es nur, wie viele behaupteten, aus kurzen Momenten bestand, dann war es jetzt da. Er brauchte nur Wasser, durch das er sich fortbewegte. Schwankenden Boden unter den Füßen, der sich, einem Naturgesetz folgend, immer wieder von selbst einpendelte.
    Dahin hatte er erst einmal kommen müssen. Es war ein langer und beschwerlicher Weg gewesen, den er hatte gehen müssen. Aber nun lebte und arbeitete er Tag und Nacht und für alle Zeiten auf dem Wasser. Nicht nur das, er hatte eine Frau gefunden, die dieses Leben mit ihm teilte, mit der er eine Familie gegründet hatte und die die Leidenschaft zur Schifffahrt mit ihm gemein hatte. Er empfand auf dem Wasser das, was andere vielleicht auf der Piste beim Skifahren erlebten. Aber wer konnte schon von sich behaupten, dass sein Leben aus einer permanenten Abfahrt durch herrlichen Pulverschnee bestand?
    Seine Piste waren die Flussläufe in Europa. Seine Pisten waren die längsten der Welt.
    Seine Frau war längst tot und nun sollte die Populis gesunken sein?
    *
    Es klopfte an der Tür. Johan öffnete die Augen und sah eine helle Wand. Wieder wurde an die Tür gepocht. Er drehte sich um, da war es wieder, dieses kitschige Bild mit dem braun gebrannten Mann und dem lachenden Mädchen.
    Diesmal war die Realität zu stark.
    »Herr Verbeek, ich möchte Sie sprechen!«
    Johan wollte antworten. Seine Kehle war so trocken, dass er nur ein unverständliches Krächzen hervorbrachte. Er räusperte sich und versuchte es nochmals: »Einen Moment!«
    Über dem Stuhl lag Kleidung, die ihm nicht gehörte. Er schaute sich in dem kleinen Zimmer um. Er war allein. War es ein Krankenzimmer? Nein. Vielleicht sah es so in der Psychiatrie aus.
    Er zog den grauen Jogginganzug über. Da bemerkte er ein zweites, offensichtlich benutztes Bett.
    Der Mann vor der Tür war kein Arzt. Er trug eine Uniform, die Mütze unter den Arm geklemmt. Genau konnte er die Farbe in dem schwachen Flurlicht nicht erkennen. Johan glaubte, die Uniform schon einmal gesehen zu haben.
    »Mein Name ist Stadler, ich bin von der Wasserschutzpolizei. Ich möchte Sie zu einem Gespräch bitten.«
    »Wohin?«, Johan war irritiert.
    Stadler bemerkte die Verwirrung: »Möchten Sie, dass ich Ihnen einen Arzt rufe«, er zögerte einen Moment und fügte dann hinzu: »Oder einen Anwalt?«
    Johan versuchte die Worte in Zusammenhang mit der düsteren Diele, dem Jogginganzug, in dem er steckte, und dem Mann in Uniform zu bringen. Es gelang ihm nicht.
    »Verstehen Sie mich, sprechen Sie Deutsch?«, gingen die Fragen des Polizisten weiter.
    Ein Schwindelgefühl erfasste Johan. Er wankte einen Schritt zurück und lehnte sich an den Türrahmen.
    »Am besten, Sie legen sich wieder hin, ich werde einen Arzt verständigen«, Stadler führte Johan ins Zimmer zurück, wobei er seinen Ellbogen stützte, bis er sich aufs Bett gesetzt hatte.
    Johan versuchte, sich auf das Geräusch, das Stadler beim Schließen der Tür verursachte, zu konzentrieren. Er hörte nur die Klinke, es wurde nicht abgeschlossen.
    *
    Rob und Uli saßen in der Baubude am selben Tisch, an dem am Vorabend Johan gesessen hatte, als die Rettungsmannschaften noch glaubten, die Populis vor dem Untergang bewahren zu können.
    Günther, wieder im Unterhemd, saß bei den beiden, sein Kumpel hatte nicht einmal aufgesehen, als sie eingetreten waren. Er lag, die Fernbedienung in der Hand, auf dem obersten Bett und schaute auf einen Fernseher, der auf einem der beiden Spinde am Fußende des Etagenbettes stand. Der Ton war halblaut eingestellt. Nach den Geräuschen zu urteilen, wurde ein Motorradrennen übertragen.
    Auf dem Tisch standen eine Schnapsflasche und drei gefüllte Gläser.
    »Dann mal Prost«, Günther hob sein Glas. Die drei tranken ihren Schnaps in einem Zug aus. Günther schenkte nach.
    »Hier hat heute Nacht dieser Johan Verbeek gesessen?«, versuchte Uli das Gespräch in Gang zu bringen.
    »Von welcher Zeitung sind Sie noch mal?«
    »Vom Stadtjournal«, schaltete sich Rob ein. »Wie ich dir schon sagte. Das ist Uli, der Chefredakteur.«
    Stadtjournal hörte sich für den ortsfremden

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