Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Endstation Mosel

Endstation Mosel

Titel: Endstation Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
Vom Netzwerk:
sieht schlimmer aus, als es ist. Ihr Mann ist bei einer Verfolgung gestürzt!«, versuchte Walde zu erklären.
    »Und das ausgerechnet an seinem Geburtstag!«
    »Ich glaube, ein Bad und ein, zwei Tage Ruhe und er ist wieder auf dem Damm«, sagte Walde und stahl sich rückwärts die drei Eingangsstufen hinunter.
    »Bleiben Sie doch, Herr Bock, ich hab’ Ihnen noch gar nichts angeboten!«
    »Danke, es ist schon spät.« Walde schwang sich auf sein Rad.
    *
    In der Kochstraße brannte in Doris’ Wohnung noch Licht. Es widerstrebte ihm, den Schlüssel zu benutzen. Auf sein Klingeln wurde gleich aufgedrückt. Er schob sein Rad durch den Flur bis zum Durchgang zum Garten.
    Oben stand Doris in der Korridortür. Sie trug eines seiner alten Hemden. Walde hatte fast vergessen, wie toll ihre Beine waren.
    »Hallo«, er begrüßte sie mit einem Kuss und einer kurzen Umarmung. »Und wenn es jemand anderes gewesen wäre?«
    Am Hemd fehlten die obersten Knöpfe.
    »Wie viele Wochen hast du keine Frau mehr gesehen?«
    Walde wandte seinen Blick von ihrem Ausschnitt: »Ich dachte, du hättest da eine neue Sommersprosse …«
    »Schwindler«, sie küsste ihn, und er nahm sie fest in die Arme.
    »Du fühlst dich gut an«, seine Hände schoben ihr Hemd hoch. »Viel besser als …«
    »Besser als wer?«, sie versuchte, sich aus seiner Umarmung zu winden.
    »Ach, die von eben.« Walde küsste ihren Hals.
    Sie wich zurück: »Welche von eben?«
    »Die war ganz schmutzig, ich musste Grabbe helfen, die Luft aus ihr herauszulassen.«
    »Wie bitte?«
    »Hast du schon mal die Luft aus einer Beate-Uhse-Puppe gelassen?«
    Doris schüttelte irritiert den Kopf.
    »Die Kollegen haben für Grabbe als Geburtstagsüberraschung frei nach Tom Sharpe einen Mord inszeniert, einen Puppenmord. Dabei ist er samt Puppe baden gegangen.«
    »Wo?«
    »In einem schlammigen Bauloch.«
    »Das war aber ziemlich gemein.«
    »Sollte wohl die Rache für Grabbes falsche Alarme sein.«
    »Hat die Puppe dich da umarmt?« Doris kniff Walde in die Taille, wo Lehm an seinem Hemd klebte.
    »Ein Andenken von Grabbe …«
    »Zieh es aus.«
    »Ich hab’ aber nichts drunter«, warnte er.
    »Ich auch nicht …«
    *
    Rob, der Schnauz, war mit Uli gleich vom Trierer Bahnhof aus nach Mehring gefahren, wo sie zuerst das Wrack aufsuchten. Rob fuhr auf eine kleine Auffahrt zum Brückenkopf hoch. Vor einer Absperrung hielten sie an. Von der Anhöhe aus betrachteten sie die lehmfarbene Mosel mit dem Dorf auf der anderen Seite. Die Scheinwerfer, die nach dem Unfall aufgestellt worden waren, um die Brückenbaustelle die ganze Nacht auszuleuchten, waren bereits angeschaltet. Nahe am Ufer lugten moselabwärts die Radarantenne und etwa hundert Meter davor ein Stück des Hecks mit einer dreieckigen Flagge an einem kurzen schrägen Mast aus dem Wasser. Drum herum trieb eine Kette gelber Bojen, an einem Schiff der Wasserschutzpolizei vertäut.
    »Das ist eine Ölsperre, falls der Tank ein Leck haben sollte«, erläuterte Rob. »Die erste Ölsperre ist mit sämtlichen Pumpen und dem Schlauchmaterial aller Feuerwehren aus zehn Kilometern Umkreis abgesoffen.«
    »Und wenn jetzt ein neues Hochwasser kommt?«, fragte Uli.
    »Dann können die Leute gucken, wie sie ihre Keller leer kriegen«, Rob zeigte auf den einsam aus der Mosel ragenden Betonpfeiler: »Da ist er dagegen gedonnert und dran hängen geblieben, bis das Heck komplett flussabwärts abgetrieben ist, den Rest hab’ ich dir erzählt.«
    »Das heißt, der Kahn hat sich um 180 Grad gedreht.«
    »Korrekt«, Rob nickte.
    »Ich hab’ genug gesehen, wo fangen wir an?«, fragte Uli.
    »Gleich hier, bei den zwei Arbeitern, wo der Holländer gestern im Container verarztet wurde. Ich hab’ mit dem einen gesprochen, hörte sich sehr interessant an.«
    Es waren nur ein paar Schritte zu den Unterkünften der Arbeiter.
    *
    Der braun gebrannte Mann trug einen offenen Weidenkorb auf dem Rücken. Der Hang, an dem er stand, war ziemlich steil. Von oben schüttete ihm ein lächelndes Mädchen Trauben in die Hotte.
    Bitte, lieber Gott, lass’ es einen Traum sein, ich möchte weiterschlafen, nur schlafen, und später, viel später aufwachen, auf meinem Schiff aufwachen, lass’ es einen Traum sein, bitte …
    Johan versuchte, wieder einzuschlafen. Er zwang sich dazu, die Augen geschlossen zu halten, lenkte seine Gedanken von den Wirrnissen, die ihn erschreckten, zurück in ruhiges Fahrwasser. Er lag im Liegestuhl an Deck, neben sich einen Teller mit belegten

Weitere Kostenlose Bücher