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Endstation Mosel

Endstation Mosel

Titel: Endstation Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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Betrieb. Die meisten Läden hatten gerade erst geöffnet. Vor vielen Geschäften war man damit beschäftigt, die Straßenauslagen herzurichten. Vor den Cafés wurden die Tische geputzt. Walde schob sein Rad, unter dessen Gepäckträger immer noch das Plastikbiest klemmte. Auf dem Markt herrschte an einigen Ständen bereits Gedränge. Walde konnte nicht quer über den Platz gehen und kam auf seinem Umweg an Ulis Gerüchteküche vorbei. Vor der Tür verteilte eine junge Frau die neueste Ausgabe an die Vorbeieilenden. Auf ihrer Schirmmütze las Walde Käsblatt extra.
    Auch Walde ließ sich ein Extrablatt in die Hand drücken und blieb ein paar Meter weiter, das Fahrrad an die Hüfte gelehnt, stehen, um hineinzuschauen. Leute drängten sich an ihm vorbei. Er wurde zum Hindernis und entschied sich, das Rad zwischen Tischen und Souvenirständer abzustellen. Im Schaufenster hing ein großes Plakat mit der Aufschrift RÄTSEL UM HAVARIE DER POPULIS! In der Gerüchteküche waren bereits einige Tische und die Theke besetzt. Hinter der Glasscheibe zur Redaktion des Käsblatts, hantierte Uli herum.
    Walde trat ein und bestellte bei Elfie an der Theke einen Espresso.
    »Wie war die Wanderung?«, erkundigte sie sich. Sie füllte mit geschickten Bewegungen ein großes Tablett für eine Bestellung an einem der Tische.
    »Danke, erholsam«, antwortete Walde und nahm seine Tasse entgegen.
    »Die Erholung ist bei ihm schon aufgezehrt.« Sie deutete zur Glasscheibe.
    Als Uli bemerkte, dass ihn jemand anschaute, blickte er auf und winkte Walde in die Redaktion. Walde nahm den Espresso mit nach hinten. Ulis Gesicht war grau. Im Gegensatz zur erfrischend rauchfreien Zone des Gastraumes war hier die Luft zum Schneiden. Mit einer filterlosen Zigarette im Mundwinkel faltete Uli Blätter, die aus einem Laserdrucker kamen, auf A-4-Format.
    »Ich brauch’ nicht zu fragen, ob du heute Nacht geschlafen hast«, begrüßte Walde seinen Freund.
    »Hast du schon gelesen?« Die Zigarette in Ulis Mundwinkel wippte.
    »Nein, ich wollte gerade damit beginnen.«
    »Dann setz’ dich«, Uli bot ihm einen Stuhl vor einem summenden Rechner an. Neben der Tastatur quoll ein Aschenbecher über.
    Während Walde las und darüber nachdachte, wie lange er es noch in diesem stinkenden Raum aushalten würde, faltete Uli Blatt um Blatt, die der Drucker ausspuckte.
    »Gute Schreibe, flott wie immer, die Fotos sind auch spitze«, Walde wies auf ein großes Bild auf der Innenseite, das die gespenstische Atmosphäre bei der missglückten Rettung treffend wiedergab.
    »Der Rob hat was drauf, und alles mit der Digitalkamera gemacht, da war es kein Problem, die Ausgabe«, er tippte auf den Stapel vor sich, »innerhalb von vier Stunden vom Satz übers Layout bis zum Druck fertig zu haben.«
    Obwohl Uli total fertig aussah, merkte man ihm den Stolz an.
    »Es hat sich gelohnt, alle Achtung.« Walde schob den Aschenbecher an den äußersten Rand des Tisches. »Du hast da ein paar Andeutungen gemacht. Ist mit einer Fortsetzung zu rechnen?«
    »Unbedingt!« Uli nahm den kompletten Stapel hoch und bündelte ihn, indem er ihn senkrecht mit der Kante auf den Tisch schlug. »Da ist was faul, das spür’ ich. An den Kapitän bin ich noch nicht rangekommen. Der war gestern nicht ansprechbar, er hat eine dicke Beruhigungsspritze gekriegt. Aber den kauf ich mir bei nächster Gelegenheit.« Uli drehte sich eine Zigarette und winkte durch die Glasscheibe zur Theke.
    Gleich darauf brachte Elfie einen Kaffee.
    »Bin gleich zurück, ich bring’ Nachschub raus«, Uli nahm einen Packen und eilte aus dem Büro.
    »Ich glaub’, er sollte mal dringend ins Bett«, stellte Walde fest.
    »Da wird so schnell nichts draus«, seufzte Elfie, »erst muss er mindestens fünfzig Kommentare zum Extrablatt hören und dann wird er noch weiter in dem Fall stochern. Er hat Blut geleckt.«
    Uli kam zurück, ließ sich auf den Stuhl fallen und nahm einen tiefen Zug an seiner Zigarette.
    »Wir haben gerade darüber geredet, dass es gut wäre, wenn du jetzt ein, zwei Stunden ins Bett gingst«, schlug Walde vor.
    »Gute Idee, da wäre ich wirklich nicht drauf gekommen«, Uli nippte am Kaffee und rollte seinen Stuhl zu dem zweiten Rechner. »Aber vorher stelle ich die Story noch ins Internet.«
    *
    Acht Stunden später hatte sich an der Theke eine frühabendliche Runde von Geschäftsleuten, die sich nach Feierabend hier trafen, versammelt. Ein Knobelbecher ging rund. Besonders schlechte Ergebnisse wurden mit

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