Endstation Oxford
weiterlebt. Also …«
»Ich glaube, Sie irren sich«, wandte Jon ruhig ein. »Wenn Sie sich noch einmal umdrehen möchten – hinter Ihnen steht mein Freund Mr Hill, und im Gegensatz zu mir ist er bewaffnet.«
Frances starrte Jon an, als vermute sie einen Bluff, bis sie unmittelbar hinter sich eine Stimme hörte: »Tun Sie lieber, was er sagt, Miss Akin.«
»Wie sind Sie ins Haus gekommen?«, fuhr sie Hill an.
»Er ist ein Fachmann für das Öffnen von Schlössern«, erklärte Jon ruhig. »Er ist durch die Hintertür gekommen.« Langsam ging er auf Frances zu und nahm ihr das Messer aus der Hand.
»Schon besser«, sagte er. »Und wenn Mr Hill jetzt auch noch seine Pistole wegsteckt, können wir die Polizei rufen.« Er blickte sich zur Haustür um, wo inzwischen auch Craig aufgetaucht war. »Dafür ist Mr Jefferson zuständig.«
Kate beklagte sich später, dass sie und Estelle leider den ganzen Spaß versäumt hätten. Die beiden Frauen ahnten nichts von dem, was unten geschah, bis Jon an ihrer Tür erschien und ihnen sagte, dass alles vorbei war. Estelle wies Kate zurecht, sie könne von Glück sagen, und erklärte, ihr persönlicher Bedarf an Aufregung sei fürs Erste gedeckt.
Aber das war viel später. Zunächst einmal waren Kate und Estelle einfach nur dankbar, dass vier entschlossene Männer in das Haus eingedrungen waren und Frances entwaffnet und ihr den Schlüssel zum Dachgeschoss weggenommen hatten, um sie beide zu befreien. Blighton rieb eine Stelle an seinen Rippen, die ihn zu schmerzen schien, aber er beklagte sich nicht.
Kate fühlte sich so erleichtert, dass sie leise ein paar Tränen an Jons Schulter vergoss. Estelle fragte besorgt nach Peter. Beide Frauen erholten sich schnell, und schon am folgenden Tag saßen alle um Kates Küchentisch herum und sprachen über das, was geschehen war. Weil Peter immer noch nicht ans Telefon ging, war auch Estelle in Oxford geblieben. Es wäre zu traurig für sie gewesen, in ein kaltes, leeres Haus zurückzukehren.
Kate hatte ihrer Agentin nicht nur alle im Haus vorhandenen Haarpflegemittel, Hautlotionen und sogar ihr Make-up zur Verfügung gestellt. Dankbar akzeptierte Estelle sogar frische Wäsche, ein Paar Designerjeans und eine Seidenbluse.
Nachdem sie zwei Tassen starken Espresso und ein frisches Croissant zu sich genommen hatte, wirkte Estelle fast wie immer.
»Am Schlimmsten war«, vertraute sie den drei anderen an, »als mir klar wurde, auf welche Weise sich Frances der Waffe entledigte, mit der sie Myles getötet hat.«
»Und wie hat sie es gemacht?«, fragte Kate.
»Wir haben sie getrunken.«
»Was?«
»Sie kam plötzlich in das Apartment, wirkte ausgesprochen selbstzufrieden und versprach mir ein kulinarisches Vergnügen: ein Glas Wein. Es war ein wirklich guter Wein, was ich gar nicht von ihr erwartet hätte. Aber offenbar hatte sie Myles an diesem Abend mit genau dieser Flasche über den Schädel geschlagen. Diese Frau ist stärker, als sie aussieht. Wenn ich das zu diesem Zeitpunkt schon gewusst hätte, hätte ich sicher keinen Tropfen dieses köstlichen Montrachets angerührt.«
»Die Flasche haben wir«, sagte Jon. »Nachdem der Wein getrunken war, hat Frances die Flasche ausgewaschen und in ihren Glascontainer gelegt. Glücklicherweise werden die Tonnen erst am Freitag geleert, die Flasche ist also noch da.«
»Ich kann immer noch nicht verstehen, warum sie Myles getötet hat«, warf Craig ein. »Und ehrlich gesagt auch nicht, warum sie Kate und Estelle bedroht hat.«
»Bedroht? Das Weib hätte uns um Haaresbreite mit ihrem Schinkenmesser in Stücke geschnitten!«, rief Estelle. »Gott sei Dank, dass sich schließlich doch noch ein vernünftiger Mann auf die Suche nach uns gemacht hat.« Und sie warf Jon ein verführerisches Lächeln zu.
»Craig war derjenige, dem aufgefallen ist, dass mit der SMS etwas nicht stimmt«, präzisierte er.
»Trotzdem wage ich zu bezweifeln, dass er eine praktische Lösung für unser Problem gefunden hätte«, sagte Estelle. »Übrigens weiß ich, was hinter der ganzen Geschichte hier steckt: Alles hängt damit zusammen, dass Frances im Alter von vier Jahren ihr Gemüse nicht aufessen wollte.«
Alle starrten sie ungläubig an.
»Aber es stimmt!«, trumpfte Estelle auf. »Sie hat mir alles darüber erzählt. Hörte sich ganz schön unheimlich an. Wenn Vampirgeschichten nicht allmählich aus der Mode kämen, hätte ich ihr vielleicht vorgeschlagen, sich für mich an einem Blutsaugerroman zu versuchen.
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