Endstation Sehnsucht - Endstation Glueck?
wirkte jetzt so ernst, dass sie ihn am liebsten geohrfeigt hätte. „Du bist jung. Ich weiß, dass du gesagt hast, dass du nur ein paar Jahre jünger als ich bist. Aber zwischen uns liegen Lichtjahre. Glaub’ mir! In ein paar Jahren hast du den gesamten Vorfall vergessen. Du hast dann einen netten Jungen kennengelernt …“
„Ja …“, sagte Jennifer, ohne dass sie es meinte. Sie wollte das Gespräch so schnell wie möglich beenden, um auf ihr Zimmer zu flüchten und sich unter ihrer frisch gewaschenen Bettwäsche zu verkriechen.
James schüttelte den Kopf und seufzte. Ihm gegenüber stand eine Jennifer, die er nicht kannte. Das lächelnde, leicht zu beeindruckende Mädchen war verschwunden. Hatte er gewusst, dass sie in ihn verliebt gewesen war? Natürlich. Allerdings hatte er sich das nie anmerken lassen.
Jetzt hatte er zum ersten Mal, seitdem er sie kannte, das Gefühl, dass sie nicht mit ihm sprechen wollte. Er verstand, warum sie sich so verhielt, aber es war ein seltsames, unangenehmes Gefühl.
„Du solltest keine Gefühle für mich haben“, sagte er barsch. „Ich habe nicht gelogen, als ich dir sagte, dass du dir jemanden suchen sollst, der unkompliziert ist und der dich zum Lachen bringt.“
„Du tust so, als würde ich etwas anderes wollen, als … etwas anderes, als …“
„Einen One-Night-Stand?“
Peinlich berührt zuckte sie mit den Schultern.
„Du hast mehr verdient, als ich dir geben könnte“, sagte er.
Damit willst du sagen, dachte sie, dass du mir nichts geben willst, abgesehen von einem gelegentlichen Kuss auf die Wange und unglaublich vielen guten Ratschlägen dazu, wie ich mein Leben leben soll.
Er behandelte sie wie ein Kind. Noch schlimmer war aber, dass ihm das gar nicht bewusst war.
„Mach dir keine Sorgen um mich, James“, sagte sie mit einem gezwungenen Lächeln und befreite ihn damit von der Verpflichtung, weiter über sie nachdenken zu müssen. „Mir geht es gut. Diese Dinge passieren.“ Sie ging zwei Schritte zurück, um größeren Abstand zu ihm zu schaffen. „Wir sehen uns vermutlich nicht mehr, bevor ich abreise.“
„Nein.“
„Aber wir bleiben natürlich in Verbindung. Und wir treffen uns bestimmt ab und an auch mal.“ Sie ging noch einen Schritt zurück.
„Bist du sicher, dass du klarkommen wirst?“
Jennifer entschied sich dafür, seine Frage als Frage nach ihrem Paris-Abenteuer zu verstehen und sah ihn mit einem neutralen Gesichtsausdruck an. „Natürlich werde ich klarkommen. Wie ich schon gesagt habe, unterscheidet sich mein Job dort nicht sehr von dem, was ich hier in den Semesterferien gemacht habe. Ich werde natürlich mehr zu tun haben und auch sehr viel mehr Übersetzungen anfertigen müssen. Aber ich bin mir sicher, dass das kein Problem sein wird.“
„Na dann. Sehr gut!“
„Okay“, entgegnete sie.
James zögerte für einen Augenblick und fuhr sich mit den Fingern durch die Haare.
„Vielen Dank für das Abendessen, James … man sieht sich …“
Sie rührte sich nicht, als er an ihr vorbeiging. Für einen winzigen Augenblick blieb er stehen. Es wirkte fast so, als ob er noch nicht gehen wollte.
Was glaubt er denn, dass ich tue? fragte sich Jennifer. Aus meinem Schlafzimmerfenster springen, nur weil er mich zurückgewiesen hat? Hält er mich wirklich für so unreif, dass er denkt, dass ich mit einer Abfuhr nicht umgehen kann?
Als sie das sanfte Klicken der Vordertür hörte, wusste sie, dass er das Cottage verlassen hatte. Jetzt, wo sie Gewissheit hatte, dass er nicht mehr im Haus war, ließ sie sich auf den Boden sinken.
Sie schloss die Augen und dachte an das aufgeregte Mädchen zurück, das sich für ihr unglaublich wichtiges Date extra ein neues Outfit gekauft hatte. Sie musste daran denken, wie sehr sie sich darauf gefreut hatte, James während des Abendessens ganz für sich allein zu haben. Sie hatte geglaubt, dass endlich ihr großer Wunsch in Erfüllung gehen würde und sie ihn verführen könnte. All das schien eine Million Jahre zurückzuliegen.
Obwohl ein Jahr keine sonderlich lange Zeit war, war es doch lang genug, um sich von jemandem für immer zu verabschieden.
1. KAPITEL
Allerdings wurden aus diesem einen Jahr zwei, dann sogar drei und schließlich vier Jahre. Jennifer hatte James in all dieser Zeit nicht ein einziges Mal gesehen. An Weihnachten hatte sie es immer so arrangiert, dass ihr Vater sie in Paris besuchen kam. Was als einjähriges Praktikum begonnen hatte und hauptsächlich der Festigung
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