Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Endstation

Endstation

Titel: Endstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
Vom Netzwerk:
Milchglaswand, an der ein Dutzend Röntgenbilder befestigt waren. Benson schien sie als seine eigenen Schädelaufnahmen zu erkennen. Ellis bemerkte es und schaltete das Licht hinter der Glaswand aus. Die Röntgenfilme wurden schwarz.
    »Wir möchten Sie darum bitten, den Ärzten einige Fragen zu beantworten«, sagte Ellis. Er zeigte auf die weißgekleideten Männer auf den halbrunden Rängen. »Sie sind doch nicht nervös, wie?«
    Janet Ross machte ein finsteres Gesicht. Sie hatte schon Hunderte solcher großen Visiten mitgemacht und jedes-mal die Frage gehört, ob die Patienten durch die vielen Zuschauer nervös würden. Natürlich verneinten alle Patienten.
    »Klar machen sie mich nervös, sie würden jeden nervös machen.«
    Janet Ross unterdrückte ein Lächeln. Eins zu Null für dich, dachte sie.
    Benson fuhr fort: »Wenn Sie nun eine Maschine wären und ich würde Sie einem Haufen Computerexperten vorstellen, die herausfinden sollten, was Ihnen fehlt und wie man’s wieder in Ordnung bringt, wie wäre Ihnen dann zumute?«
    Ellis war sprachlos. Er fuhr sich mit beiden Händen durch das schütter werdende Haar und sah hinüber zu Janet Ross. Sie schüttelte unmerklich den Kopf. Das war der falsche Ort, um Bensons Psychopathologie zu erkunden.
    »Ich wäre auch nervös«, sagte Ellis.
    »Na also«, murmelte Benson. »Verstehen Sie nun?«
    Ellis schluckte.
    Er will ihn absichtlich reizen, dachte Doktor Ross.
    Schluck den Köder nicht.
    Ellis fuhr fort: »Aber ich bin ja schließlich keine Maschine, nicht wahr?«
    Janet zuckte zusammen.
    »Das kommt auf den Standpunkt an«, sagte Benson. »Einige Ihrer Funktionen wiederholen sich und sind mechanisch. Von diesem Standpunkt aus sind Sie leicht zu programmieren und relativ unkompliziert, wenn Sie …«
    Doktor Ross erhob sich. »Ich glaube, wir gehen jetzt zu den Fragen über.«
    Das paßte Ellis nicht, aber er schwieg. Glücklicherweise sagte auch Benson nichts. Sie sah hinauf zu ihren Zuhörern, nach einer Weile hob ziemlich weit oben jemand die Hand und fragte: »Mister Benson, könnten Sie uns einiges über die Geruchsempfindungen vor Ihren Bewußtseinsstörungen berichten?«
    »Eigentlich nicht«, antwortete Benson. »Ich kann nur sagen, daß es seltsame Gerüche sind. Scheußliche Gerüche, aber verstehen Sie, man kann nicht sagen: Es riecht wie etwas. Ich meine damit, man kann den Geruch nicht identifizieren. Die Erinnerungsspeicher laufen leer.«
    »Können Sie uns die Gerüche genauer beschreiben?«
    Benson zuckte die Achseln. »Nur ungefähr. Schweinekot in Terpentin.«
    Eine andere Hand hob sich. »Mister Benson, Ihre Blackouts häufen sich. Wurden sie auch zeitlich länger?«
    »Ja«, sagte Benson. »Sie dauern jetzt mehrere Stunden.«
    »Und wie fühlen Sie sich, wenn Sie wieder zu sich kommen?«
    »Dann ist mir übel.«
    »Können Sie das genauer erklären?«
    »Manchmal muß ich brechen. Ist das genau genug?«
    Doktor Ross war besorgt. Sie sah, daß sich Benson ärgerte. »Noch weitere Fragen?« erkundigte sie sich. Sie sah hoffnungsvoll zu den Zuhörern empor. Es entstand ein längeres Schweigen.
    »Nun gut«, sagte Ellis, »dann können wir vielleicht fortfahren und die Einzelheiten des Eingriffs diskutieren.
    Mister Benson weiß genau Bescheid. Er kann hierbleiben oder den Saal verlassen, wie es ihm lieber ist.«
    Damit war Janet Ross nicht einverstanden. Ellis spielte sich auf und kehrte den Chirurgen heraus, der beweisen will, daß sich sein Patient freiwillig aufschneiden und verstümmeln läßt. Es war unfair, zu verlangen, daß Benson blieb. Es war auch gewagt.
    »Ich bleibe«, sagte Benson.
    »Gut«, sagte Ellis. Er trat an die Tafel und skizzierte schematisch ein Gehirn. »Soviel wir über den Krankheitsverlaufwissen«, sagte er, »wird ein Gehirnabschnitt bei der Epilepsie geschädigt, und es bildet sich eine Narbe. Sie ähnelt einer Narbe in anderen Körperorganen - eine Menge Bindegewebe, Zusammenziehungen und Entstellungen. Diese Narbe wird zum Zentrum für anomale elektrische Gehirnströme. Wir beobachten, daß sie sich konzentrisch von diesem Zentrum ausbreiten wie Wellen auf einem Teich, in den man einen Stein geworfen hat.«
    Ellis malte einen Punkt und zeichnete ein paar konzentrische Kreise drum herum.
    »Diese kreisförmigen Erregungswellen, die sich über das Gehirn ausbreiten, verursachen einen Anfall. Je nachdem, in welchem Gehirnabschnitt so ein anomales Zentrum liegt, kann es etwa starkes Körperschütteln als Folge von

Weitere Kostenlose Bücher