Endstation
daran, noch irgendeinen Einfluß auf den Lauf der Dinge ausüben zu können. Sie erkannte, daß sie in den Strudel eines unerbittlich ablaufenden Prozesses hineingerissen worden war, der bestimmt wurde von vielen verschiedenen Menschen und vielen früheren Entscheidungen. Es kam eben so, wie es kommen mußte.
Sie ging mit Anders den Korridor entlang und dachte plötzlich an Mrs. Crail. Seltsam - an Mrs. Crail hatte sie schon seit Jahren nicht mehr gedacht. Emily Crail war vor Jahren, als sie die psychiatrische Betreuung hier übernahm, ihre erste Patientin gewesen. Eine fünfzigjährige Frau mit erwachsenen Kindern und einem Ehemann, den sie langweilte. Sie litt an Depressionen, die bis zu Selbstmordgedanken reichten. Janet Ross hatte den Fall mit einem Gefühl persönlicher Verantwortung übernommen. Sie war jung und ehrgeizig und kämpfte gegen Mrs. Crails Anwandlungen mit allen verfügbaren Mitteln an, sie versuchte alle Eventualitäten zu berücksichtigen, legte sich eine Strategie zurecht, korrigierte und verbesserte immer wieder ihren Therapieplan. Sie half Mrs. Crail auch tatsächlich über zwei mißglückte Selbstmordversuche hinweg.
Allmählich jedoch mußte sie einsehen, daß ihrer Energie, ihrem Können und ihrem Wissen Grenzen gesetzt waren. Mrs. Crails Zustand besserte sich nicht. Ihre Selbstmordversuche wurden entschlossener und schließlich gelang es ihr, sich das Leben zu nehmen. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Janet Ross glücklicherweise schon von der Patientin zurückgezogen.
Auch Bensons Schicksal berührte sie innerlich nicht mehr.
Sie hatten gerade das Ende des Flurs erreicht, als Gerhard aus dem Telecomp hinter ihnen rief: »Janet! Janet, sind Sie noch da?«
Sie lief zurück zur Computerzentrale. Anders war neugierig geworden und folgte ihr. Im Telecomp flatterten die Kontrollampen am Steuerpult unregelmäßig.
»Sehen Sie sich das an«, sagte Gerhard und zeigte auf den Ergebnisdrucker.
LAUFENDES PROGRAMM BEENDET, PROGRAMMWECHSEL
JETZT 05 04 0H 01 00 PROGRAMMWECHSEL
»Der Hauptcomputer schaltet auf ein neues Programm um«, erklärte Gerhard.
»Na und?«
»Es stammt nicht von uns.«
»Worin besteht das neue Programm?«
»Das weiß ich nicht«, antwortete Gerhard. »Wir haben keine Änderung programmiert.«
Janet Ross und Anders beobachteten aufmerksam den Bildschirm.
DAS NEUE PROGRAMM LAUTET
Dann kam nichts mehr. Die nachfolgenden Worte blieben aus.
»Was heißt das?« fragte Anders.
»Weiß ich nicht«, sagte Gerhard. »Vielleicht verdrängt uns eine fremde Nebenstation. Aber eigentlich dürfte das nicht passieren, da wir in den letzten zwölf Stunden vorrangig geschaltet und gegen die übrigen Stationen abgeschirmt waren. Normalerweise kann man nur von unserer Computerzentrale aus Programmveränderungen einleiten.«
Auf dem Bildschirm erschienen weitere Buchstabenreihen.
DAS NEUE PROGRAMM LAUTET VERSAGEN AUF TECHNISCHES DER ANLAGE ALLE PROGRAMME BEENDET BEENDET BEENDET BEENDET BEENDET BEENDET BEENDET BEENDET BEENDET BEENDET BEENDET BEENDET
»Was soll das?« fragte Gerhard. Er drückte auf ein paar Knöpfe, dann gab er es auf. »Er akzeptiert keine neuen Instruktionen.«
»Warum nicht?«
»Mit dem Hauptcomputer im Keller stimmt etwas nicht.«
Janet sah Anders an. »Bringen Sie mich jetzt zu dem Computer«, sagte er.
Vor ihren Augen erstarb einer der Hauptschirme. Alle Kontrollampen erloschen. Auf dem Schirm selbst verflackerte ein winziger Lichtpunkt. Dann erlosch der zweite Schirm, der dritte. Der Resultatdrucker hörte auf. »Der Computer hat sich abgeschaltet«, sagte Gerhard.
»Wahrscheinlich nicht von allein«, sagte Anders.
Er ging mit Janet Ross zum Aufzug.
Sie liefen durch die naßkalte Nacht über den Parkplatz hinüber zum Hauptgebäude. Im Lichtkegel einer Platzlaterne kontrollierte Anders seine Pistole.
»Eins sollten Sie sich merken«, sagte Janet. »Es hat keinen Sinn, ihn mit einer Waffe zu bedrohen. Er reagiert nicht Vernunft betont.«
Anders lächelte. »Weil er zu einer Maschine geworden ist?«
»Er wird einfach nicht reagieren. Wenn er einen Anfall hat, sieht er die Waffe nicht und erkennt sie nicht. Also kann er auch nicht normal darauf reagieren.« Sie betraten das Krankenhaus durch den hellerleuchteten Haupteingang und gingen weiter bis zu den Aufzügen.
Anders fragte: »An welcher Stelle befindet sich die Atombatterie?«
»Unter der Haut seiner rechten Schulter.«
»Wo genau?«
»Hier«, sagte sie und zeigte ihm die Stelle an ihrer eigenen
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