Endstation
Jagd. Jagen und töten. Das Programm aller Menschen heißt jagen und töten. Verstehen Sie das?« Er war nur noch einen Schritt von ihr entfernt. Sie hielt den Arm mit dem Revolver steif ausgestreckt, wie sie es bei Anders beobachtet hatte. Nur ihre Hand zitterte. »Bitte kommen Sie nicht näher, Harry«, sagte sie. Er lächelte. Dann machte er noch einen Schritt.
Sie wußte selbst nicht, was sie tat. Aber sie drückte auf den Abzug, die Waffe krachte. Das Geräusch war so laut, daß es schmerzte, und der Rückstoß riß ihr den Arm hoch. Fast hätte sie das Gleichgewicht verloren. Sie wurde gegen die Wand zurückgeschleudert.
Benson blieb stehen und blinzelte in den Pulverdampf. Dann lächelte er wieder. »So einfach ist das nicht.«
Sie hielt den Revolver mit beiden Händen fest. Er fühlte sich warm an. Sie hob die Waffe, aber ihre Hände zitterten noch heftiger als zuvor.
Benson kam näher.
»Halt, Harry, ich meine es ernst.«
Eine Flut von Bildern glitt an ihren Augen vorbei. Sie sah Benson bei ihrer ersten Begegnung, einen bescheidenen Mann mit einer schrecklichen Krankheit. Sie sah vor sich eine Montage all der stundenlangen Gespräche, der Tests, der Versuche mit Medikamenten. Er ließ alles brav über sich ergehen, er war ehrlich, und er hatte Angst. Er war nicht schuld an dem, was geschehen war. Sie war schuld daran und Ellis und McPherson und Morris. Da sah sie Morris vor sich. Sein zerschmettertes Gesicht. »Doktor Ross«, sagte Benson. »Sie sind meine Ärztin. Sie würden nie etwas tun, was mir schadet.«
Er stand jetzt ganz dicht vor ihr. Seine Hände streckten sich nach dem Revolver aus. Sie zitterte am ganzen Körper, starrte wie hypnotisiert auf diese Hände, die nur noch wenige Zentimeter vom Lauf der Waffe entfernt waren, die danach griffen …
Da drückte sie ab.
Benson zuckte wie vom Blitz getroffen zurück und versuchte mit einer unfaßbaren Beweglichkeit der Kugel auszuweichen. Das freute sie. Es war ihr also gelungen, ihn abzuwehren, ohne ihn zu verletzen. Jeden Augenblick konnte Anders ihr zu Hilfe kommen, ihn überwältigen und in den OP schaffen.
Benson krachte gegen den Resultatdrucker und riß ihn um. Der Apparat begann monoton zu klappern und schrieb irgendeine Meldung aus. Benson drehte sich auf den Rücken. In heftigen Stößen quoll Blut aus seiner Brust. Seine Jacke tränkte sich dunkelrot.
»Harry?« fragte sie. Er regte sich nicht.
»Harry, Harry!«
Was dann geschah, wußte sie nicht mehr genau. Anders kam zurück und nahm ihr den Revolver aus der Hand. Er führte sie beiseite, dann kamen drei Männer in grauen Uniformen mit einem geschlossenen Behälter auf einer Tragbahre. Sie öffneten den Behälter, der mit einem seltsamen gelben Isoliermaterial ausgekleidet war. Sehr behutsam hoben sie Benson hoch und legten ihn in den Behälter. Sie schlossen und versiegelten ihn. Zwei Männer trugen ihn weg. Ein dritter ging mit einem laut klappernden Geigerzähler durch den Raum. Das Geräusch erinnerte sie an einen wütenden Affen. Er kam auf sie zu. Sie sah sein Gesicht unter dem grauen Helm nicht, weil die Sichtplatte beschlagen war.
»Sie müssen diesen Raum verlassen«, sagte der Mann. Anders legte ihr den Arm um die Schultern. Da begann sie zu weinen.
Bibliographie
Allgemeines
1. WIENER, NORBERT. The Human Use of Human Beings: Cybernetics and Society. Boston: Houghton Mifflin, 1954; Avon paperback, 1967; deutsch: Mensch und Menschmaschine. Kybernetik und Gesellschaft. Frankfurt 1966.
Die erste und bedeutendste Aussage über das Verhältnis Mensch und Maschine.
2. WOOLDRIDGE, D. E. The Machinery of the Biain. New York: McGraw-Hill, 1963; deutsch: Mechanik der Gehirnvorgänge. München 1967. Eine ungewöhnliche Beschreibung der Gehirnfunktionen.
3. LONDON, P. Behavior Control. Harper &. Row, 1969; Perennial paperback, 1971.
Ein eingängiges Buch, das die Gehirnchirurgie zusammenhängend mit anderen Formen der Verhaltenskontrolle darstellt.
4. WOLSTENHOLME, G., ed., Man andHis Future. London. Churchill, 1963.
Mit besonderem Hinweis auf das Kapitel von Hoagland über die verschiedenartigen Betrachtungsweisen der Verhaltenskontrolle.
5. KOESTLER, A. The Ghost in the Machine. New York: Macmillan, 1967; deutsch: Das Gespenst in der Maschine. Wien, München.
Siehe besonders Kapitel 16 über die drei Gehirne.
6. DELGADO, j. M. R. Physical Control of the Mind: Toward a Psychocivilized Society. New York: Harper & Row, 1968; deutsch: Gehirnschrittmacher.
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