Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung

noch geringer war, und da schwebten die Plättchenwesen zwischen Sommerfäden und Leuchtvögeln. Selbst die Erg-Binder, die das Sperrfeld des Schiffs kontrollierten, wurden durch Stellvertreter in drei Möbiuskuben mit Übersetzerdiscs in den schwarzen Matrizen repräsentiert.
    Pater Captain Federico de Soya saß links von mir, und Sergeant Gregorius, sein Adjutant, links von ihm. Neben dem Sergeanten saß Oberst Fedmahn Kassad in seiner formellen schwarzen Uniform von FORCE und sah aus wie ein Holo aus dunkler Vergangenheit der Hegemonie. Neben Kassad saß die Donnerkeil-Sau so aufrecht und stolz wie der FORCE-Krieger zu ihrer Rechten, während neben ihr mit leuchtenden und aufmerksamen Augen Getswang Ngwang Lobsang Tengin Gyapso Sisunwangyur Tshungpa Mapai Dhepal Sangpo saß, der junge Dalai Lama.
    Alle anderen Flüchtlinge von T’ien Shan hielten sich irgendwo auf der Speiseplattform auf, und ich sah Lhomo Dondrub, Labsang Samten, George und Jigme, Haruyuki, Kenshiro, Voytek, Viki, Kuku, Kay und andere am Haupttisch sitzen. Unmittelbar nach den Tempelrittern, auf der anderen Seite des Tischs, saßen A. Bettik, Rachel und Theo Bernard.
    Rachel wandte den Blick nie von Oberst Kassad ab, es sei denn, um Aenea anzusehen, wenn sie sprach. Es war, als wären wir anderen alle gar nicht da.
    Kleinwüchsige Diener der Tempelritter, die Aenea flüsternd als Mannschaftsklone beschrieb, servierten Wasser und stärkere Getränke, und eine Zeit lang waren das übliche Murmeln und höfliche Tischgespräche zu hören. Danach folgte ein Schweigen, das so beredt wie ein Gebet war. Als Ket Rosteen, die Wahre Stämme des Sternenbaums, sich erhob, um eine Rede zu halten, standen alle anderen ebenfalls auf.
    »Meine Freunde«, sagte die kleine Gestalt mit der Kapuze, »Mitbrüder in Muir, geehrte Verbündete der Ousters, vernunftbegabte Brüder und Schwestern des höchsten Lebensbaumes, Flüchtlinge aus dem Pax und« –
    die Wahre Stimme des Sternenbaums verneigte sich in Aeneas Richtung – »hochverehrte Lehrende.
    Wie die meisten der hier Versammelten wissen, sind die von der Kirche des Shrike einst so genannten Tage der Buße – die seit nunmehr fast dreihundert Jahren andauern – fast vorüber. Die Wahren Stimmen der Bruderschaft des Muir sind dem Pfad der Weissagung und Erhaltung gefolgt, haben Ereignisse erwartet, die eingetroffen sind, und haben Samen gepflanzt, wenn sich der Boden der Offenbarung als fruchtbar erwiesen hat.
    In den kommenden Monaten und Jahren wird sich die Zukunft vieler Rassen – nicht nur der menschlichen Rasse – entscheiden. Es sind solche unter uns, denen die Gabe gewährt wurde, Muster der Zukunft zu erblicken, Wahrscheinlichkeiten, die wie Würfel auf die faltenreiche Decke von Raum und Zeit geworfen wurden, aber selbst diese Auserwählten wissen, dass keine einzelne Zukunft für uns und unsere Nachfahren ausgewählt wurde.
    Ereignisse sind fließend. Die Zukunft ist wie der Rauch eines Waldbrandes und wartet auf den Wind bestimmter Ereignisse und persönlichen Mut, um die Funken und die Glut der Wirklichkeit hierhin oder dorthin zu wehen.
    An diesem Tag, auf diesem Baumschiff – auf der wieder geborenen und wieder getauften Yggdrasill – werden wir unsere persönlichen Wege in unsere persönliche Zukunft bestimmen. Mein eigenes Gebet, das ich an die vom Muir erblickte Lebenskraft richte, hat nicht nur zum Inhalt, dass die Biosphäre des Sternenbaums überlebt, dass die Bruderschaft überlebt, dass unsere Brüder und Schwestern von den Ousters überleben, dass unsere gejagten und gepeinigten Brüder der Seneschai und Akerataeli und Ergs und Zeplins überleben, dass die als Menschheit bekannte Rasse überlebt, sondern dass unsere Prophezeiungen an diesem Tag in Erfüllung gehen und alle Spielarten des geliebten Lebens – die Menschheit nicht mehr als die weichschalige Schildkröte oder der Lampenmund von Mare Infinitus, die Springerspinne und der Teslabaum, der Waschbär der Alten Erde und der Thomasfalke von Maui-Covenant –, dass alle Arten, die das Leben liebt, in der Wiedergeburt der gegenseitigen Achtung als Partner im wachsenden Lebenszyklus des Universums vereint sein mögen.«
    Die Wahre Stimme des Sternenbaums drehte sich zu Aenea um und verbeugte sich. »Verehrte Lehrende, wir haben uns Euretwegen heute hier versammelt. Wir wissen aus unseren Prophezeiungen – von denen in unserer Bruderschaft und anderswo, die den Nexus berührt haben, der die Bindende Leere genannt wird –, dass