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Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung

Titel: Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Wand. Sie war so warm wie die Haut meiner teuren Freundin. Einer von uns stieß sich ab, worauf wir in die Mitte des ovalen Kapselraums trieben.
    Unsere Küsse wurden fordernder. Jedes Mal, wenn wir uns bewegten, um den anderen fester zu halten, drehten wir uns um ein unsichtbares Schwerezentrum und verschränkten Arme und Beine umeinander, während wir uns fester aneinander drückten und schneller drehten. Ohne mich von ihr zu lösen oder unseren Kuss zu unterbrechen, streckte ich einen Arm aus, bis ich eine der warmen Wände berührte und unserem Trudeln ein Ende bereitete. Durch die Berührung wurden wir von der gekrümmten, warm leuchtenden Wand abgestoßen und schwebten langsam kreisend wieder auf das Zentrum zu.
    Aenea unterbrach den Kuss, legte den Kopf einen Moment zurück, ohne meine Arme loszulassen, und betrachtete mich auf Armeslänge. Ich hatte sie in den letzten zehn Jahren ihres Lebens Zehntausende Male lächeln sehen – und bildete mir ein, alle ihre Lächeln zu kennen –, aber dieses war älter, inbrünstiger, geheimnisvoller und schalkhafter, als ich es bisher je gesehen hatte. »Nicht bewegen«, flüsterte sie, stieß sich der Hebelwirkung wegen behutsam von meinem Arm ab und drehte sich im Raum.
    »Aenea...« Mehr brachte ich nicht heraus, und dann konnte ich gar nichts mehr sagen. Ich machte die Augen zu und vergaß alles, außer den Empfindungen. Ich konnte die Hände meines Lieblings fest auf den Rückseiten meiner Beine spüren, als sie mich näher zu sich zog.
    Nach einem Augenblick ruhten ihre Knie auf meinen Schultern, während ihre Schenkel sanft gegen meine Brust stießen. Ich umfasste ihren Rücken fest, zog sie näher und strich mit der Wange über die kräftigen Muskeln an den Innenseiten ihrer Schenkel. In Taliesin West hatte einer der Köche eine Hauskatze gehabt. An vielen Abenden, wenn ich auf der Westterrasse saß, den Sonnenuntergang betrachtete und spürte, wie die Steine die Wärme des Tages abstrahlten, während ich auf Aenea wartete, damit wir in ihrer Unterkunft sitzen und über alles und nichts plaudern konnten, sah ich dieser Katze zu, wie sie langsam ihre Milchschüssel ausleckte. An diese Katze musste ich jetzt denken, aber schon nach wenigen Minuten konnte ich an gar nichts mehr denken außer an das überwältigende Gefühl, wie sich meine Freundin mir öffnete, an den unterschwelligen Geschmack des Meeres, an unsere Bewegungen, die einer steigenden Flut gleichkamen, an meine sämtlichen Sinne, die in den langsam anschwellenden Empfindungen meiner Leibesmitte konzentriert zu sein schienen.
    Ich habe keine Ahnung, wie lange wir so schwebten. Eine derart überwältigende Erregung ist wie ein Feuer, das die Zeit verzehrt. Völlige Intimität ist eine Ausnahme von den Raum/Zeit-Erfordernissen des Universums. Nur das zunehmende Vorrecht unserer Leidenschaft und das unentrinnbare Bedürfnis, einander noch näher zu sein als diese höchste Nähe, bildeten ein Maß für die Minuten unseres Liebesakts.
    Aenea spreizte die Beine weiter, entfernte sich, gab mich mit dem Mund frei, aber nicht mit der Hand. Wir drehten uns wieder im sepiafarbenen Licht, der feste Griff ihrer Finger und meine Erregung bildeten das Zentrum unserer langsamen Rotation. Wir küssten uns mit feuchten Lippen, und Aeneas Griff wurde noch fester. »Jetzt«, flüsterte sie. Ich gehorchte.
    Wenn es ein wahres Geheimnis des Universums gibt, dann dieses... diese ersten Sekunden der Wärme beim Eindringen, wenn man von seiner Geliebten uneingeschränkt akzeptiert wird. Wir küssten uns wieder, ohne auf unser langsames Kreisen zu achten, während das weiche Licht um uns herum die Wärme eines Herds annahm. Ich machte die Augen lange genug auf, um Aeneas Haar zu sehen, das wie Ophelias Mantel im weinroten Meer der Luft wallte, in dem wir schwammen. Es war wirklich, als würde ich meine Geliebte in tiefem Salzwasser umarmen – schwerelos vom Auftrieb, ihre Wärme um mich herum wie eine steigende Flut, unsere Bewegungen regelmäßig wie die Brandung auf warmem Sand.
    »Ups«, flüsterte Aenea, als dieser perfekte Zustand gerade einige wenige Sekunden andauerte.
    Ich hielt gerade lange genug mit Küssen inne, um Klarheit darüber zu gewinnen, was uns trennte. »Newtons Gesetz«, flüsterte ich an ihrer Wange.
    »Für jede Aktion...«, flüsterte Aenea, kicherte leise und hielt meine Schultern wie eine Schwimmerin, die ausruht.
    »... eine Reaktion in gleicher Stärke und entgegengesetzter Richtung...«, sagte ich

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