Endymion Spring - Die Macht des geheimen Buches
benutzt, und schließlich sah sie ihren Vorteil bei Sir Giles, durch dessen Geld und Einfluss sie Jas Buch in die Finger bekommen wollte. Die Macht des Buches hat sie am Ende verzehrt.«
»Aber finden konnte sie es trotzdem nicht«, sagte Blake. »Wenigstens nicht, bevor wir aufgetaucht sind.«
»Ich fürchte, das Buch hat in uns allen düstere Seiten geweckt«, grübelte Jolyon. »Außer in dir, Blake.«
Plötzlich brach Blakes ganzes Selbstvertrauen zusammen. »Ich weiß aber gar nicht, wo das Buch ist, Professor Jolyon! Es ist vom Turm gefallen ...«
»Immer mit der Ruhe«, sagte der Professor freundlich und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Das Buch wartet auf dich, das verspreche ich dir. Es wird dich wiederfinden - sobald du so weit bist.«
»Wie denn?«, fragte Blake zweifelnd.
»Vertrau mir. Du bist der rechtmäßige Hüter. Aus irgendeinem Grund hat Endymion Spring dich ausgewählt.«
Blake schüttelte den Kopf. »Aber ich weiß immer noch nicht, warum«, murmelte er.
Eine Krankenschwester steckte den Kopf zur Tür herein und verkündete, dass die Besuchszeit zu Ende sei.
Jolyon, der die letzte Bemerkung des Jungen gehört hatte, lächelte.
»Vielleicht fragst du mal deinen Vater«, sagte er rätselhaft, dann ging er mit Duck zur Tür.
Siebenundzwanzig
ieder war Blake in der College-Bibliothek und wartete auf seine Mutter.
»Warum braucht sie nur so lange?«, sagte sein Vater mit einem tiefen Seufzer. Er sah auf seine Uhr. »Sie ist schon seit einer Stunde hier.«
»Hast du eine Ahnung ...«, sagte Blake.
Zusammen schlenderten sie in den altehrwürdigen Gängen auf und ab, streiften hier und da mit den Fingern über die Buchreihen. Christopher Winters blickte über die Regale hin und hing alten Erinnerungen nach, während Blake neuere Erinnerungen beschäftigten. Nach wie vor konnte er sich nicht gegen das Gefühl wehren, dass die Gesichter auf den Porträts ihn beobachteten - noch als Tote auf der Jagd nach dem Buch. Als sie an die Treppe kamen, die zur Galerie hinaufführte, blieben sie stehen.
»Hast du das schon mal gesehen?«, fragte Blake, froh über jede Ablenkung. Er führte seinen Vater die Stufen hinauf bis zum Treppenabsatz, wo die Glasvitrine mit der beleuchteten Handschrift stand, und zeigte auf das Bild der gelb gekleideten Gestalt auf den Knien des Mönchs.
Christopher Winters lächelte. »O ja! Theodoric und ich habe früher viel miteinander zu tun gehabt«, sagte er und bedachte den Mönch mit einem freundschaftlichen Blick. »Es gab eine Zeit, da habe ich jeden Tag viele Stunden damit verbracht, dieses Buch zu studieren. Ich hatte so meine Theorie darüber.«
»Im Ernst?«, sagte Blake, dem plötzlich das Blut schneller durch die Adern schoss.
»Ist alles ein bisschen kompliziert...« Sein Vater trat verlege von einem Fuß auf den andern. »Du würdest mir wahrscheinlich nicht glauben.«
»Versucht doch mal.«
Christopher Winters sah seinen Sohn an. »Weißt du ... dies kleine gelbe Gestalt gleicht ziemlich genau einer Abbildung auf einem deutschen Wappen aus etwa derselben Zeit. Genau gesagt, auf dem Wappen von Johannes Gutenberg.«
Blake versuchte, sich seine Aufregung nicht ansehen zu lassen.
»Schon seit Jahren diskutieren Wissenschaftler über die Identität dieser gelben buckligen Gestalt. Aber es ist ein großes Rätsel, wie jemand, geschweige denn ein Mönch in Oxford, von dieser geheimnisvollen Person wissen konnte. Ich habe immer vermutet, dass es eine direkte Verbindung zwischen dieser Handschrift hier und Gutenbergs erster Druckerpresse in Mainz gibt. Ich weiß nicht genau wie, aber wenn du mal genau hinschaust, erkennst du, dass die Gestalt eigentlich ...«
»... ein Junge ist wie ich«, sagte Blake grinsend.
Verblüfft sah sein Vater ihn an.
»Richtig«, sagte er und schüttelte irritiert den Kopf.
In den vergangenen Tagen hatte Blake oft versucht, seinen Eltern die merkwürdigen Vorgänge in der Bibliothek zu erklären, aber bis jetzt schoben sie das meiste einfach auf seine blühende Fantasie. So glaubten sie, Diana sei hinter einem wichtigen Buch her gewesen, das Blake zufällig in einem Antiquariat gefunden hatte. Allerdings hatte er ihnen aus Vorsicht das Buch über Faust beschrieben und nicht das von Endymion Spring.
»Ja, ein Junge wie du«, nickte sein Vater. »Aber sein Rücken ist krumm, als ob er eine schwere Last trägt. Er hat etwas auf den Schultern.«
»O nein, nicht das schon wieder!«, unterbrach Juliet Winters,
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