Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Endzeit

Endzeit

Titel: Endzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Jensen
Vom Netzwerk:
nimmt mit ihren bandagierten Fingern ein Riesenstück Butter und wirft es in die Pfanne. Als es zu zischen beginnt, kippt sie die verquirlten Eier dazu.
    »Über das Wort normal könnte man diskutieren. Aber wieso Stunden?«
    »Es könnte auch früher passieren.« Sie klingt hoffnungsvoll. Sie fischt zwei Nektarinen aus der Obstschüssel und jongliert mit ihnen. »Der Geruch wird stärker. Ich spüre es kommen. Vielleicht passiert alles viel früher, als ich dachte. Ich kriege Kopfschmerzen.« Sie wirft die Nektarinen wieder in die Schüssel, schnappt sich die Fernbedienung und zappt wild herum. »Hey, die
Simpsons
!«, ruft sie. Lisa und Bart sitzen im Zelt. Ein Monster taucht auf. Marge schimpft mit ihm und schickt es weg. Es gehorcht. »Vielleicht rumst es schon heute Nachmittag. Können Sie es riechen? Ich schon. Faule Eier.« Ihr Gesicht wirkt düster und rebellisch. »Es passiert überall. Hier und im goldenen Kreis.
Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Wind
. Das Meer gerät in Brand. Ich habe das Ende der ganzen verfluchten Geschichte gesehen.« Das Omelett beginnt zu zischen. »Ich habe Bethanyland gesehen. Mit eigenen Augen.«
    Das Telefon klingelt. Ich hebe ab und schalte den Lautsprecher ein. Es ist Ned. Seine Stimme klingt dringlich. »Gabrielle, tut mir leid, aber ihr müsst sofort weg.« Frazer Melville holt tief Luft und kneift sich in den Nasenrücken, als wollte er seine Gedanken auf einen Punkt konzentrieren. »Sie haben die Wohnung des Anästhesisten durchsucht. Durchaus möglich, dass er ihnen erzählt hat, wo ihr seid. Nehmt den Nissan, der draußen parkt. |328| Der Schlüssel steckt. Da liegt auch ein Handy drin. Ihr dürft nirgendwo lange anhalten. Achtet auf die Nachrichten, es gibt einen Fernseher im Auto. Fahrt nach Süden in Richtung London, ich schicke euch einen Hubschrauber. Sie suchen einen Landeplatz und geben euch die Koordinaten durch.«
    Er hängt ein. Die Klaustrophobie schlägt über mir zusammen. Ich zwinge mich, konzentriert zu denken. »Wir müssen das schlimmste Verkehrschaos meiden«, sage ich. »Sobald die Geschichte raus ist und andere Wissenschaftler sie öffentlich unterstützen, was sie zweifellos tun werden, sobald sie die Daten gesehen haben, wird es zu einer Massenpanik kommen. Wir sollten ins Mündungsgebiet der Themse fahren. Alle anderen werden versuchen, von dort wegzukommen.«
    »Hubschrauber brauchen viel Platz«, sagt Frazer Melville. »Es müsste ein Sportplatz sein. Oder ein Parkplatz.«
    »Der goldene Kreis«, sagt Bethany und stochert in ihrem angebrannten Omelett. Von dem Geruch wird mir übel. »Dort werden wir in die Luft gehoben. Ich habe es gesehen.«
    »Aber wo soll das sein?«, fragt Frazer Melville schroff und schaltet das Gas aus. Bethany wühlt in einer Schublade nach einer Gabel.
    »Scheiße, woher soll ich das wissen? Es ist golden. Es ist ein Kreis. Ein riesengroßer Kreis.« Sie fängt an, sich die dampfende Eiermasse direkt aus der Pfanne in den Mund zu schaufeln. »Herrgott, ich könnte ein ganzes Pferd fressen.«
    »Wir brauchen eine Satellitenkarte«, sage ich. Sekunden später betrachten wir auf Frazer Melvilles Laptop Großbritannien aus dem Weltraum. »Jetzt such bitte danach«, sage ich zu Bethany.
    Sie lässt die Bratpfanne auf den Tisch plumpsen, hockt sich auf einen Stuhl und deutet mit der beladenen Gabel auf den Bildschirm. »Da«, sagt sie und zeigt auf eine Gegend im Südosten Londons. Frazer Melville zoomt sie heran.
    »Aber das ist das East End«, sagt er ausdruckslos. »Das ist   …«
    »Ja«, erwidert sie kauend, »das ist es. Das habe ich gesehen. |329| Den goldenen Kreis.« Sie wischt sich den Mund am Ärmel ab und hinterlässt eine fettige Spur. »Dort werden wir in die Luft gehoben.«
    Frazer Melville zoomt das Bild noch näher heran, bis alle Zweifel ausgeräumt sind. Ich hätte es wissen müssen. Dort fanden einige Monate nach meinem Unfall die Paralympics statt. Ich habe einige Wettkämpfe in der Reha gesehen, zusammen mit anderen frisch verletzten Patienten. Wir erlebten eine ungeheure Euphorie, als wir die vielen Rollstühle sahen, die in schwindelerregendem Tempo über die Tartanbahn sausten. Allerdings hatte uns niemand vor dem Absturz gewarnt, den wir erlebten, als wir uns mit den grundlegenden Techniken abmühten, die einen vom Boden in den Rollstuhl befördern, und immer wieder scheiterten. Wir bezeichneten es als Post-Paralympische Fallsucht und konnten so über etwas

Weitere Kostenlose Bücher