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Engel auf Abwegen

Engel auf Abwegen

Titel: Engel auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Linda Francis
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wirkte enttäuscht, aber dann läutete die Türglocke.
    »Es ist Zeit!« Nikki fummelte an ihren Perlen herum und sah aus wie eine Schauspielerin, die sich in ihre Rolle vertieft. »Okay, ich werde es nicht versauen. Ich bin bereit.«
    Niemand in der JLWC – ich eingeschlossen – war jedoch bereit für Nikki Grouts Abstecher in einen soirée intime .
     
    Die ersten fünf Frauen, die ich eingeladen hatte, waren pünktlich. Alle trugen cremefarbene Kleidung und eine Perlenkette. Als sie Nikkis Aufzug sahen, waren sie ziemlich schockiert, aber ebenso wie ich waren sie zu höflich, um etwas zu sagen.

    Da waren die Zwillinge, wie sie liebevoll genannt wurden, Deena und Deandra Ducette.
    »Ihr beiden seid einfach süß«, begeisterte sich Nikki. »Ihr seht beide gleich aus!«
    Um genauer zu sein, sie waren genau aufeinander abgestimmt (ein Vorteil beim Tapezieren des Hauses, aber nicht, wenn es sich um zwei erwachsene Frauen handelte, die nach der ersten Klasse aufgehört haben sollten, die gleiche Kleidung zu tragen).
    Ich hatte beide eingeladen, weil ich wusste, dass sie, wenn ich nur eine eingeladen hätte, sowieso über alles geredet hätten. Warum sollte ich sie also nicht beide für meinen Versuch einspannen? Außerdem waren die Zwillinge die süßesten (und naivsten) Mitglieder der League. Sie liebten jeden.
    Als Nächstes traf Mara Burke ein. Sie war ein Jahr jünger als ich, hübsch (auf einfache Art), intelligent (was sie gut versteckte) und unternahm nicht allzu große Anstrengungen dazuzugehören. Ich würde eine Menge aus ihrer Art lernen, mit Nikki umzugehen.
    Danach kamen Olivia Mortimer und Leticia Godwin. Beide waren Mitglieder mit unterstützender Funktion, die die meiste Zeit mit ihren pensionierten Ehemännern auf Reisen waren. Wenn die Dinge schiefliefen, waren sie nicht oft genug da, um großen Schaden anzurichten.
    Jetzt fehlte nur noch meine Mutter.
    Ich hatte kurz in Erwägung gezogen, auch Pilar einzuladen, aber ich hatte keine Ahnung, wie ihr Verhältnis zu Nikki war. Außerdem bin ich ja nicht gerade ihre beste Freundin, wie wir wissen. Ich hätte gerne gesagt, dass alles mit unserem kleinen Streit wegen des neuen Projekts anfing, aber es ging noch tiefer … oder sollte ich sagen, dass
es schon etwas weiter zurücklag und sich bereits seit Jahren aufgebaut hatte. Es fing in der Highschool an, als ich mich als Cheerleader versuchte und sie nicht. Ich war von Freundinnen umgeben und gewann zusehends an Beliebtheit, während sie ihre Mittagspause im Debattierraum verbrachte. Selbst viel später auf unserem Debütantinnenball, der eigentlich kein Wettbewerb hätte sein sollen, gelang es mir, sie auszustechen. Das lag nur daran, dass sie gerade in einem konservativen Bundesstaat im Norden des Landes mit dem College angefangen hatte und zurückgekommen war, um am Winterball teilzunehmen. Sie sah nicht unbedingt wie eine texanische Debütantin aus. Ihr Vater hatte einen Seufzer ausgestoßen (schließlich war er es, der sie einführen musste) und gesagt: »Warum kannst du nicht so sein wie Frede Hildebrand?«
    Kurz gesagt, es war wahrscheinlich keine gute Idee, Pilar um irgendetwas zu bitten, was nach einem Gefallen aussah.
    Nach dem Tee stellte ich die Gäste einander vor und tat mein Möglichstes, um die Konversation zwischen Nikki und den Mitgliedern in Gang zu bringen. Zunächst kamen mehr Geräusche von Nikkis Taftschleife als aus ihrem Mund, als hätte sie Angst, etwas zu sagen.
    »Mach dir keine Gedanken«, sagte ich leise zu ihr. »Entspann dich einfach nur.«
    Ich hätte ihr gerne gesagt, dass sie ganz sie selbst sein sollte, aber ich war nicht sicher, was das bedeutete, außer übermäßig fröhlich zu sein und allzu grelle Kleidung zu tragen. Vielleicht wäre »nervös« besser.
    Die Damen schienen mehr Interesse am Haus zu haben als an der Frau, die sie kennenlernen sollten, aber sie waren zu höflich, darum zu bitten, herumgeführt zu werden. Ich
hatte Nikki bereits gesagt, dass sie den Gästen auf keinen Fall eine Führung anbieten sollte, und sie hatte zögernd zugestimmt. Ich wagte es nicht, eine Exkursion zu riskieren, die uns auf die tropische griechische Insel oder in den afrikanischen Safariraum und zu dem Mann, der sein Geld darin verdiente, bringen würde.
    Als es Mittag wurde, hatte sich nicht viel geändert. Realistisch gesehen würde diese Teeparty eine Stunde dauern. Wir hatten noch nicht mal die Hälfte hinter uns, und die Unterhaltung wurde immer gekünstelter. Meine

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