Engel auf Abwegen
Stadt, und alle würden davon erfahren, wenn ich das Sofa erst jetzt zurückbringen würde – außerdem hatte ich dem Ladeninhaber bereits gesagt, wie schön das Sofa war. Darüber hinaus hatte ich über zwei Jahre gebraucht, um das passende Möbelstück zu finden. Ich würde irgendwo Geld auftreiben müssen, damit ich über die Runden kam, bis Howard mein Geld finden würde.
Erneut dachte ich daran, meinem Vater alles zu beichten. Aber ich verwarf den Gedanken sofort wieder. Irgendwann würde ich es meinen Eltern sagen müssen, aber ich konnte die Verachtung meiner Mutter nicht ertragen. Außerdem würde ich nicht zulassen, dass mein Vater mir aus der Patsche half und zusammen mit mir vor die Hunde ging.
Ich trug mich sogar mit dem Gedanken, meinen Anwalt um ein Darlehen zu bitten. Aber das war unmöglich. Für eine respektable Frau in meiner Position gab es bei einer Geldkrise wie dieser nur eine Möglichkeit. Ich öffnete den Safe auf der Rückseite des Kleiderschranks. Der Großteil meines Schmucks, den meine Familie mir vererbt hatte, lag auf der Bank …
Der Gedanke daran ließ mich rückwärtstaumeln, und ich fiel auf mein zehntausend Dollar teures Sofa. Hatte Gordon etwa auch meinen kostbaren Schmuck mitgenommen?
Ich beugte mich nach vorn und befahl mir zu atmen.
Anderen Leuten wären die vielen Ereignisse, die mir jetzt
widerfuhren, peinlich gewesen. Ich wurde immer wütender auf Gordon, was mir dazu verhalf, wieder atmen zu können.
Eine neue Lektion:
Panik = Schwierigkeit zu atmen
Wut = viel Sauerstoff, fühlt sich viel besser an als Panik
Und warum sollte ich nicht wütend sein? Warum sollte ich alles in mich hineinfressen, wie mir von Geburt an eingebläut worden war? Warum sollte ich mich schlecht fühlen, wenn mein Mann, dem ich einmal vertraut hatte, mich betrogen hatte? Mich, Frede Ware!
Ich ging zum Safe und nahm das Stück heraus, das ich am wenigsten mochte, weil Gordon seine Schwester beauftragt hatte, es für mich auszusuchen. Es war genauso fantasievoll wie Edith. Drei Ketten mit Zuchtperlen und einem vierkarätigen Diamantanhänger. Darüber hinaus wählte ich ein altes Stück, das Gordon mir zum Hochzeitstag geschenkt hatte und das ich modernisieren lassen wollte. Saphire und Diamanten in einer Goldfassung. Ich kannte zwar nicht die Preise von Sofas, aber ich wusste, was Schmuck kostete. Ich hätte genug Geld, um die Schulden und die Gehälter in der Galerie zahlen zu können, und könnte mir vielleicht auch noch das fabelhafte hellgrüne Chanelkostüm leisten, das ich bei Saks Fifth Avenue gesehen hatte.
Obwohl ich normalerweise gute zwei Stunden brauche, um mich fertig zu machen, raste ich an diesem Morgen los und war in weniger als fünfzig Minuten bei dem Schmuckmakler in San Antonio, mit dem meine Familie schon seit Jahrzehnten zu tun hatte. Und meine Kleidung sah immer noch makellos aus.
Während ich die I-35 entlangdonnerte, rief ich meine ehemalige Bank vom Handy aus an, und irgend so ein Arschkriecher sagte mir, dass mein Banksafe geschlossen worden war. Übersetzung: Auch die Familienerbstücke waren verschwunden.
Um ein Haar hätte ich einen Nervenzusammenbruch erlitten.
Trotz alledem erreichte ich San Antonio in Rekordzeit und bekam umgehend Zutritt zum Büro von Konrad Kingswell, Juwelier der Reichsten der Reichen in Texas. Er war ein kleiner Mann mit schütterem Haar, der trotz meines höflichen, aber kühlen Auftretens mich stets hofierte.
An jenem Tag jedoch taute ich ein wenig auf. Ich schenkte ihm mein strahlendstes Lächeln, machte ihm ein Kompliment wegen seiner Krawatte und sagte »mein Lieber« zu ihm. Leider waren meine Bemühungen für die Katz, denn Mr. Kingswell legte die Lupe beiseite und sagte: »Die sind unecht.«
Mir lief es eiskalt über den Rücken. Mechanisch, weil ich die Antwort bereits wusste, hielt ich ihm meinen rosa Verlobungsring mit den Diamanten entgegen, der angeblich eine Menge wert war.
»Der ist leider unecht«, sagte er entschuldigend.
In den letzten drei Wochen hatte ich eine ganze Reihe von Emotionen durchgemacht: Wut, Stress, Panik. Und jetzt spürte ich noch etwas, nämlich Hass. Ich hasste Gordon Ware.
Ich fuhr nach Hause zurück. Es gab noch eine Sache, die ich unbedingt erledigen musste.
Nina half mir dabei, einige Gemälde von der Wand zu nehmen. Als Galeriebesitzerin hatte ich jahrelang in Kunst investiert. Diese Gemälde zu verkaufen war die einzige Alternative
für mich. Da ich sie gekauft hatte, konnten sie
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