Engel auf Abwegen
kleine Geldkrise, und schon kamen die wahren Gefühle an die Oberfläche.
»Er hat sich immer nur um sich selbst gekümmert.«
»Er hätte Pilar heiraten sollen.« Ich kann zu den unpassendsten Zeiten äußerst reaktionsschnell sein.
Sie warf mir einen merkwürdigen Blick zu. Dann sagte sie: »Wir müssen zur Polizei gehen.«
»Okay.« Das stimmte nicht. »Ganz Willow Creek soll
wissen, dass Gordon ein Lügner und Betrüger ist und dass wir Wares keinen einzigen Cent mehr haben. Jetzt sind wir ›die armen Wares‹. Vielleicht solltest du all das Papa Ware mitteilen, ehe wir zur Polizei gehen.«
Das klappte. Ich hatte es doch gewusst. Wie wir bereits wissen, ist das Letzte, was ein Mitglied der Oberschicht braucht, ein Skandal … oder dass man ihn für arm hält.
Ich hatte mir etwas Zeit gekauft, aber ich wusste, dass die Uhr weiterlief. Ich würde es nicht mehr länger verschweigen können.
Als Edith weg war, wollte ich an nichts mehr denken. Weder an Nikki und ihr Haar noch an meinen Mann und mein verschwundenes Geld noch an Edith und ihren fehlgeleiteten Zorn. Stattdessen beschäftigte ich mich mit der Planung der Kunstausstellung.
In Wirklichkeit hatte ich mich, seitdem ich mich für Jackson entschieden hatte, schon auf die Ausstellung vorbereitet. Ich hatte den leisen Verdacht, dass ich von dem Mann besessen war. Jesus mein Gott, wie Nikki sagen würde, es war wirklich eine Schande, dass er Männer bevorzugte.
Ich hatte kein Problem damit, dass er schwul war, aber es war ein Problem für mich, dass ich wieder einmal Verlangen nach einem Mann verspürte, der unerreichbar für mich war. Und um der Tatsache ins Auge zu sehen: Gordon war für mich nie erreichbar gewesen. Die Vasektomie war der Beweis dafür.
Was mir ständig im Kopf herumschwirrte, war die Art und Weise, wie der Künstler mich ständig ansah, so als würde er mich taxieren.
Vielleicht hatte er mich nur mit Künstleraugen betrachtet, weil er die fabelhafte Frede Ware malen wollte (und wer konnte ihm das verübeln?). Oder vielleicht wollte er mich
einfach nur verspotten und dem Rätsel auf die Spur kommen, warum ich einer Frau behilflich war, die meine Geduld auf die Probe stellte, was sogar ihm aufgefallen war.
Was mich dabei aus dem Konzept brachte, war die Tatsache, dass ich nicht herausfinden konnte, warum ich so großen Wert auf seine Meinung legte.
Ich verbrachte den ganzen Nachmittag damit, die Ausstellung vorzubereiten. Ich sprach mit der Direktorin meiner Galerie und nannte ihr die Namen der Leute, die zur Eröffnung eingeladen werden sollten: meine Freunde, meine Bekannten, wichtige Kontakte und die Mediaabteilung von Rolodex, die bei erfolgreichen Ereignissen ein absolutes Muss waren.
Meine Ausstellung würde der größte Erfolg werden, seitdem die Ehegatten der Damen der Junior League von Willow Creek das Stück Best Little Whorehouse in Texas aufgeführt hatten, um Geld für das Kinderchirurgiezentrum von Willow Creek zu sammeln. Sie haben noch kein gutes Theaterstück gesehen, wenn Sie die ehrenwerten Gentlemen von Willow Creek, als Huren verkleidet, nicht gesehen haben.
Alles war in bester Ordnung. Zumindest war ich sehr gut darin, so zu tun, als sei alles in Ordnung. Am nächsten Morgen jedoch wachte ich in einer Art von Panik auf.
Ausgerechnet ich. Panik!
Das kommt bei mir doch gar nicht vor. Aber die Angst wurde noch schlimmer, als das Telefon bereits um halb neun klingelte, viel früher als sonst. Niemand, der etwas auf sich hält, ruft zwischen 21 Uhr und 9 Uhr morgens an. Wenn jemand spätabends oder frühmorgens anrief, ging es meistens darum, dass jemand verletzt oder tot war, oder der Anrufer war völlig NC und hatte keine Ahnung.
Vermutlich bedeutete das, dass jemand schlechte Nachrichten hatte oder dass Howard und/oder seine Frau am Telefon waren.
Ich überlegte einen Augenblick, nicht ans Telefon zu gehen, obwohl immerhin die Hoffnung bestand, dass es eine Nachricht im Zusammenhang mit meinem verschwundenen Mann war.
Es war die Leiterin meiner Galerie – eine Frau, der gutes Benehmen nicht fremd war, was wiederum bedeutete, dass der Anruf nichts Gutes verhieß.
»Was ist los, Peggy?«
»Es tut mir leid, dass ich Sie so früh anrufe, aber wir haben da ein Problem.«
16
»Peggy, was ist los?«
Sie zögerte, als müsse sie ihren ganzen Mut zusammennehmen (oder ihren Abscheu hinunterschlucken), um mir die schreckliche Nachricht zu überbringen. »Das Konto der Galerie ist überzogen.«
Peggy mochte
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