Engel aus Eis
Erik Frans gut?« Paulas braune Augen betrachteten ihn noch genauso durchdringend.
»Ja, aber die beiden hatten schon lange keinen Kontakt mehr.«
Das Gesprächsthema schien Axel nicht recht zu behagen.
»Wir reden hier über etwas, das mehr als sechzig Jahre zurückliegt. Ich bin zwar nicht dement, aber da werden meine Erinnerungen doch ein bisschen undeutlich.« Er lächelte matt und klopfte sich mit dem Zeigefinger an die Schläfe.
»Nach den Briefen zu urteilen, ist es nicht ganz so lange her. Zumindest hat Frans Ihren Bruder mehrmals kontaktiert.«
»Ich weiß auch nicht.« Axel strich sich frustriert durch die Haare. »Mein Bruder hat sein Leben gelebt, und ich meins. Wir haben nicht alles mitbekommen, was der andere trieb. Außerdem haben wir uns erst vor drei Jahren dauerhaft, oder besser gesagt, teilweise dauerhaft, in Fjällbacka niedergelassen. Solange er in Göteborg arbeitete, hatte Erik dort eine Wohnung, und ich bin mehr oder weniger um die Welt gereist. Das Haus war jedoch immer unsere Basis, und wenn mich jemand fragt, wo ich wohne, sage ich, in Fjällbacka. Aber im Sommer flüchte ich immer in meine Wohnung in Paris. Ich kann den ganzen Trubel und den Kommerz nicht ertragen, den der Tourismus mit sich bringt. Mein Bruder und ich führen ein recht stilles und zurückgezogenes Leben. Die Putzfrau ist die Einzige, die uns besucht. Das ist uns … das war uns lieber so …« Axel blieben die Worte im Halse stecken.
Paula fing Martins Blick auf, er schüttelte sanft den Kopf, bevorer wieder auf die Fahrbahn schaute. Keinem von beiden fiel noch eine Frage ein. Während der restlichen Fahrt nach Fjällbacka widmeten sie sich einer etwas mühsamen Konversation. Axel sah aus, als könne er jeden Augenblick zusammenbrechen. Als sie endlich in die Einfahrt einbogen, schien er aufzuatmen.
»Haben Sie kein Problem damit … hier zu übernachten?« Paula konnte sich die Frage nicht verkneifen.
Einen Moment lang blieb Axel mit seiner Tasche in der Hand schweigend stehen und betrachtete das große weiße Haus.
»Nein. Hier sind Erik und ich zu Hause. Alle beide.« Mit einem traurigen Lächeln gab er ihnen die Hand, bevor er auf die Haustür zuging. Paula blickte ihm hinterher. Sein Rücken strahlte Einsamkeit aus.
»Dir wurde also gestern der Kopf gewaschen?« Lachend schob Karin den Kinderwagen mit dem kleinen Ludde in zackigem Tempo vor sich her. Patrik bemühte sich keuchend, mit ihr Schritt zu halten.
»Das kann man wohl sagen.« Er verzog das Gesicht beim Gedanken an den Empfang, den Erica ihm bereitet hatte. Ihre Laune war alles andere als strahlend gewesen. In gewisser Hinsicht hatte er Verständnis für sie. Schließlich sollte er sich jetzt tagsüber um Maja kümmern, damit sie in Ruhe arbeiten konnte. Trotzdem fand er, dass sie überreagiert hatte. Er hatte ja keine Vergnügungsreise unternommen, sondern wichtige Besorgungen für den gemeinsamen Haushalt gemacht. Wie hätte er ahnen sollen, dass Maja ausgerechnet gestern nicht ihren üblichen Mittagsschlaf halten würde? Es erschien ihm ein bisschen ungerecht, dass sie ihm für den Rest des Tages die kalte Schulter gezeigt hatte. Das Gute an Erica war jedoch, dass sie nicht nachtragend war, und so hatte er heute Morgen wie immer ein Küsschen bekommen, und der gestrige Tag schien damit vergessen. Allerdings hatte er sich nicht getraut, ihr zu erzählen, dass er auf seinem heutigen Spaziergang Gesellschaft haben würde. Natürlich würde er ihr in einem günstigen Augenblick davon berichten, aber das schob er lieber noch etwas vor sich her. Erica war zwar nicht übermäßig eifersüchtig, aber ein Spaziergang mit seiner Exfrau war vielleicht doch ein heikles Thema.
Karin konnte offenbar Gedanken lesen.
»Hat Erica nichts dagegen, dass wir uns treffen? Wir sind zwar schon seit einigen Jahren geschieden, aber manche Leute sind da trotzdem etwas … empfindlich …«
»Ach was!« Patrik hatte keine Lust, seine Feigheit zuzugeben. »Erica hat überhaupt kein Problem damit.«
»Wie schön. Ein bisschen Gesellschaft ist zwar nett, aber man sollte dafür nicht den häuslichen Frieden aufs Spiel setzen.«
»Und Leif?« Patrik wechselte schnell das Thema, beugte sich über den Wagen und zog Majas Mütze wieder gerade. Maja hatte jedoch nur Augen für Ludde.
»Leif …« Karin schnaubte. »Eigentlich ist es ein Wunder, dass Ludde ihn überhaupt wiedererkennt. Der ist ständig unterwegs mit seiner Band.«
Patrik nickte anteilnehmend. Karins neuer
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