Engel aus Eis
Vaters, aber Erica sah nur die beiden Namen. Erik und Axel. Das mussten Erik und Axel Frankel sein. Eifrig las sie alles, was dort über diesen Besuch stand. Offenbar trafen sie sich oft. Elsy und Erik und noch zwei junge Leute mit Namen Britta und Frans. Erica versuchte sich zu erinnern, aber sie hatte ihre Mutter nie einen dieser Namen erwähnen hören. Da war sie sich ganz sicher. Axel wurde in dem Tagebuch fast wie ein Held dargestellt. Elsy beschrieb ihn als »unendlich mutig und fast genauso elegant wie Errol Flynn«. War ihre Mutter in Axel Frankel verliebt gewesen?Nein, den Eindruck hatte Erica nicht. Sie hatte wohl eher tiefe Bewunderung für ihn empfunden.
Erica legte das Tagebuch auf den Schoß und dachte angestrengt nach. Warum hatte Erik Frankel nicht erwähnt, dass er ihre Mutter gekannt hatte? Sie hatte ihm doch erzählt, wo sie den Orden gefunden und wem er gehört hatte. Trotzdem hatte er nichts gesagt. Erica fiel das seltsame Schweigen wieder ein. Sie hatte sich nicht getäuscht. Er verheimlichte ihr etwas.
Ein schrilles Läuten riss sie aus ihren Gedanken. Sie schwang die Beine vom Schreibtisch und schob seufzend ihren Stuhl zurück. Wer kam denn jetzt vorbei? Ein lautes Hallo aus dem Eingangsbereich beantwortete die Frage. Nun seufzte Erica noch tiefer. Kristina. Die Schwiegermutter. Sie atmete tief durch, öffnete die Zimmertür und ging zur Treppe. »Hallo?«, ertönte es noch einmal, diesmal mit etwas mehr Nachdruck. Erica spürte, wie sie vor Wut die Zähne zusammenpresste.
»Hallo«, sagte sie so freundlich wie möglich, hörte aber selbst, wie aufgesetzt das klang. Zum Glück war Kristina für Zwischentöne nicht besonders empfänglich.
»Hier komme ich!«, gab sich die Schwiegermutter fröhlich zu erkennen und hängte ihre Jacke auf. »Ich habe uns was zum Kaffee mitgebracht. Selbstgebacken. Ich dachte, du freust dich. Ihr Karrierefrauen schafft so etwas ja gar nicht mehr.«
Nun spürte Erica nicht nur, sondern hörte auch, wie sie mit den Zähnen knirschte. Kristina hatte eine unnachahmliche Art, versteckte Kritik anzubringen. Erica fragte sich, ob diese Fähigkeit angeboren oder durch langjährige Übung erworben war. Wahrscheinlich eine Mischung aus beidem, folgerte sie wie üblich.
»Lecker, danke«, sagte sie verbindlich und ging in die Küche, wo Kristina bereits den Kaffee aufsetzte, als wäre sie hier zu Hause und Erica der Gast.
»Setz dich, ich mach schon. Hier finde ich mich prima zurecht.«
»Stimmt.« Erica hoffte, dass Kristina die Spitze nicht bemerken würde.
»Patrik und Maja machen einen Spaziergang. Die sind bestimmt noch eine Weile unterwegs.« Erica hoffte, dass diese Mitteilung die Schwiegermutter veranlassen würde, bald zu gehen.
»O nein!«, rief Kristina aus, während sie das Kaffeepulver mit dem Löffel abmaß: »Zwei, drei, vier …« Sie legte den Kaffeelöffel zurück in die Dose und wandte ihre Aufmerksamkeit Erica zu.
»Sie kommen gleich. Ich habe sie getroffen. Nett, dass Karin jetzt hier wohnt und Patrik tagsüber ein bisschen Gesellschaft leistet. Es ist ja so langweilig, alleine draußen herumzuspazieren, vor allem, wenn man es gewohnt ist, zu arbeiten und etwas Sinnvolles zu tun. Sie schienen sich hervorragend zu verstehen.«
Erica starrte Kristina an, während sie versuchte, die Information zu verarbeiten, die zwar in ihre Ohren gedrungen war, aber in ihrem Gehirn nicht recht Fuß fassen wollte. Gesellschaft? Welche Karin?
Im selben Augenblick, als Patrik das Haus betrat, fiel bei Erica der Groschen. Ach, die Karin …
Patrik grinste wie ein Schaf und sagte nach ziemlich langem und eher gedrücktem Schweigen: »Jetzt freue ich mich aber auf ein Tässchen Kaffee!«
Sie hatten sich in der Teeküche versammelt, um alles durchzugehen. Es war fast Mittagszeit, und Mellbergs Magen knurrte laut und vernehmlich.
»Was haben wir denn bis jetzt?« Er schnappte sich eine der Zimtschnecken, die Annika mitgebracht hatte. Eine kleine Vorspeise konnte er sich doch gönnen. »Paula und Martin? Ihr habt heute Morgen mit dem Bruder des Opfers gesprochen. Ist dabei etwas Interessantes herausgekommen?« Da er mit vollem Mund sprach, flogen Krümel über den ganzen Tisch.
»Wir haben ihn in Landvetter abgeholt«, sagte Paula, »aber er scheint nicht viel zu wissen. Zu den Briefen von Schwedens Freunden hat er nur gesagt, dass dieser Frans Ringholm in der Kindheit mit Erik befreundet war. Axel wusste nichts Genaues über die Drohbriefe, erklärte uns aber,
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