Engel der Schuld Roman
hörte Ellen den Hammer fallen. Klage abgewiesen. So einfach hatte ihre Göttin der gerechten Vergeltung den Spieß gegen sie gedreht. Mühelos wie ein kindischer Zaubertrick. Und jetzt würde sie in einen Gerichtssaal voller Journalisten und Bürger und Cops gehen und dabeistehen müssen, wenn Garrett Wright zum freien Mann erklärt wurde. Sie mußte Hannah Garrison anrufen, bevor die Presse ihr sagte, daß der Mann, der ihren Sohn entführt hatte, als freier Mann in das Haus am Ende der Straße zurückkehren würde.
Ihr Versagen war ein furchtbarer Schlag. Sie konnte kaum aufstehen, so erdrückend war die Last. Aber sie zwang sich, den Rücken durchzudrücken, ihr Kinn vorzuschieben und zur Tür zu gehen. Cameron und Dorman gingen als erste hinaus. Ellen würde als nächste gehen. Costello würde ihr folgen und seinen Auftritt genießen wie ein selbstgefälliger Bühnenheld.
Hinter sich hörte sie die Tür zu Grabkos privatem Badezimmer schlagen, wohin sich der Richter jedes Mal zurückzog, bevor er seinen Platz im Gericht einnahm. Sie war allein mit Costello. Sie wandte sich ihm zu, die Hand auf der Türklinke, und sah ihn einfach an, mit seinem maßgeschneiderten Anzug und seiner schadenfrohen Zufriedenheit.
»Nimm's nicht so schwer, Ellen«, sagte er. »Du hast einfach nicht genug Material gehabt, um diesmal das Spiel zu gewinnen.«
»Du wirst es nie kapieren, nicht wahr, Tony?« sagte sie kopfschüttelnd. »Hier sollte es nie um Gewinnen oder Verlieren gehen. Hier sollte es um die Wahrheit gehen.«
Seine Augen wurden hart und funkelten. »Nein, du wirst es nie kapieren, Ellen. Es geht immer ums Gewinnen. Immer.«
Auf ihrem Weg nach draußen suchte Ellen einzelne Gesichter. Mitch, verhärmt und finster. Karen Wright, leer. Christopher Priest saß mit ausdruckslosem Gesicht hinter ihr. Paul war abwesend, er mußte nach der Durchsuchung seines Lagerraums erst noch gefunden werden. Brooks war auch nicht in der informationshungrigen Menge. Seine Abwesenheit traf sie härter, als sie es wahrhaben wollte. Es durfte keine Rolle spielen. Sie sollte es wirklich besser wissen, sich nicht den Trost erlauben, sich auf jemanden zu verlassen, vor allem nicht auf ihn.
Sie verdrängte diesen Gedanken und nahm ihren Platz neben Cameron ein.
Es war in wenigen Augenblicken vorbei, dauerte jedoch etwas länger als unbedingt nötig, weil Grabko gern vor einem aufmerksamen Publikum predigte. Während der ganzen Rede stand Ellen am Tisch, in vollem Bewußtsein, daß alle Augen auf ihren Rücken gerichtet waren. Ihr Verstand eilte voraus, plante das Szenario für das, was als nächstes passieren würde. Die Presse würde Costello zum Helden machen und sie kreuzigen. Rudy würde die Schuld ganz allein ihr anhängen, um selbst nicht besudelt zu werden. Garrett Wright würde als Märtyrer dastehen, und die Leute von Deer Lake würden den Kopf von Paul Kirkwood fordern.
Schlimmer hätte es nicht kommen können. Doch sie wußte, daß sie den Fall wieder übernehmen würde, wenn sie noch einmal von vorn anfangen könnte.
Grabko verkündete, daß die Klage abgewiesen war und schwang mit dramatischer Geste seinen Hammer. Hinter der Absperrung explodierte die Galerie in einer ohrenbetäubenden Kakophonie. Die Türen zum Korridor sprangen auf, und die Hälfte der Reporter strömte hinaus, um sich für die unvermeidliche spontane Pressekonferenz aufzustellen, die andere Hälfte drückte sich gegen die Absperrung und brüllte durcheinander.
»Miss North, wird Paul Kirkwood angeklagt werden?«
»Dr. Wright, werden Sie Klage gegen das Büro des Bezirksstaatsanwalts einreichen?«
»Miss North, ist etwas Wahres an den Gerüchten, daß Ihnen das Büro des Bezirksstaatsanwalts gekündigt hat?«
Costello schenkte ihnen sein schönstes Starverteidigerlächeln und beschwichtigte sie mit dem Versprechen, draußen in der Rotunde zu antworten. Ellen ignorierte die Reporter einfach, stellte sich mit dem Rücken zu ihnen, während sie so tat, als würde sie die Akten in ihrer Tasche ordnen. Sie hörte, wie Cameron sie mit den üblichen Floskeln über eine offizielle Verlautbarung des Büros im Laufe des Tages abspeiste.
»Miss North?«
Die Stimme war zu nahe, zu leise für einen Reporter. Ellens Kopf schnellte hoch. Garrett Wright stand knapp einen halben Meter von ihr entfernt, mit ruhiger Miene, fast unterwürfig. Er hielt ihr seine Hand hin.
»Nichts für ungut«, sagte er, der vollendete Gentleman. »Sie haben nur Ihre Arbeit getan.«
Und
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