Engel der Schuld Roman
bäuchlings auf der schmutzigen Plane, wie eine zerbrochene Puppe mit seltsam verrenkten Armen. Sie bemühte sich krampfhaft, ihr Gehirn wieder in Gang zu setzen. Der Versuch, die Arme zu bewegen, war vergeblich. Sie hatte Schritte gehört, wußte, daß jemand das Gebäude betreten hatte. Als sie hörte, wie Jay ihren Namen rief, wollte sie schreien, aber es kam kein Ton aus ihrer Kehle. Slater kniete über ihr, seine Hand legte sich um ihren Hals und drückte zu, bis sie nicht mehr atmen konnte.
Er hatte die letzten paar Minuten damit verbracht, ein Stück Seil vom Gerüst abzuschneiden und eine Schlinge daraus zu drehen. Die ganze Zeit hatte sie hilflos dagelegen, sie konnte sich nicht bewegen, beobachtete ihn aber genau. Als er merkte, daß eine weitere Person im Haus war, kauerte er sich über sie und legte routiniert seine Hand an ihren Kehlkopf. Sie schloß ihre zuckenden Augenlider und versuchte, ihre zerstreuten mentalen Kräfte auf Brooks zu konzentrieren. Bitte, komm mich suchen, Jay. Bitte, komm nach oben. Bitte, beeil dich.
Wieder waren unter ihnen Schritte zu hören. Eilige Schritte. Wieder schrie sie in Gedanken, aber kein Ton entwich der Kehle, die Slater umklammert hielt. Was, wenn Jay nicht kam? Was, wenn er das Gebäude verließ, zurück ins Büro des Sheriffs ging? Dann hätte Slater Zeit, sie umzubringen und zu entkommen. Selbst wenn es ihm nicht gelang, es wie einen Selbstmord aussehen zu lassen und alles Beweismaterial zu vernichten, würde er sie töten und entkommen.
Sie mußte etwas tun. Jetzt.
Langsam regte sich wieder ein Gefühl in ihren Armen. Zuerst als pochender Schmerz in ihrem gebrochenen linken Handgelenk, dann in kleinen Muskelkrämpfen. Wenn es ihr gelänge, die Verbindung zwischen Gedanken und Bewegungen wiederherzustellen . . .
Ihre Finger kratzten Bröckchen von altem Putz auf ihre Handfläche und ballten sich langsam zu einer Faust. Sie hatte nur eine Chance. Wenn sie die verpaßte . . .
Mit aller Konzentration, die sie aufbringen konnte, befahl sie ihrem Arm, sich zu bewegen, befahl ihren Fingern, sich zu öffnen. Ein Teil der Bröckchen flog nicht weit genug. Ein Teil prallte an der Balustrade ab. Der Rest segelte über den Rand und fiel hinunter ins Erdgeschoß. Ein armseliger Versuch, an dem ein Leben hing. Wenn Jay nicht hinsah . . . Selbst wenn er es bemerkte, war er vielleicht so beschäftigt, daß er es nicht für wichtig hielt.
Slater hingegen fand es nur allzu wichtig. Seine Hand drückte brutal ihren Hals zu. Er beugte sich über sie und flüsterte ihr heiser ins Ohr: »Du dreckiges Luder. Du bist tot. Jetzt.«
Sein Mund umschloß ihr Ohr, seine Zähne bohrten sich in den Knorpel. Ellen riß den Mund auf und rang nach Luft, atmete aber nur feinen Staub ein. Alles verschwamm vor ihren Augen zu einem schwarzen Spinnennetz. Ihre Lungen brannten.
Der Adrenalinstoß ihres Überlebensinstinkts traf sie wie ein neuerlicher Stromschlag und ließ ihren Körper in Aktion treten. Sie schlug um sich, strampelte, schwang einen Arm zurück und rammte einen Finger in die Wunde in Slaters Gesicht.
Jay bemerkte aus dem Augenwinkel, daß Putzteilchen auf den Boden der Rotunde regneten, als er auf die Treppe zulief. Dann ein erstickter männlicher Schrei. Über ihm . . . Da, wo der Putz hergekommen war.
»Ellen!«
Er brüllte ihren Namen, als er auf die Treppe zu rannte. Wenn sie da oben war und keinen Laut von sich geben konnte, dann durfte er keine Zeit verlieren. Er konnte sich nicht den Luxus gönnen, die Cops zu rufen.
Er erreichte den Treppenabsatz im zweiten Stock und rannte auf den Korridor zu, ohne jede Ahnung, was ihn erwartete – ein Messer, eine Kugel, eine Leiche. Da war kein Gedanke an seine eigene Sicherheit. Er dachte nur an Ellen, daß sie in Gefahr war, daß sie Hilfe brauchte.
»Ellen!«
Slater hämmerte gegen ihren Kopf, ihr gebrochenes Handgelenk, riß ihre Hand von seinem verletzten Gesicht. Er richtete sich auf, gerade als Jay am Nordende des Gangs erschien. Slater nahm die Axt und griff ihn an.
Ellen rappelte sich auf die Knie hoch, rang keuchend um Atem. Entsetzt beobachtete sie, wie Slater mit der Axt ausholte und sie wie einen Baseballschläger schwang.
Jay wich zur Seite aus, der Schlag ging ins Leere. Verdammt nahe. Bevor Slater wieder ausholen konnte, bevor Jay einen Gedanken fassen konnte, sprang er auf ihn zu und landete einen linken Haken auf Slaters Kinn. Slater taumelte und fiel auf ein Knie.
Er kam wieder hoch und schwang die Axt
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