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Engel der Schuld Roman

Titel: Engel der Schuld Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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Dollar war die übliche Strafe für Prostitution, und niemand hegte irgendwelche Hoffnungen oder hatte ein Interesse daran, daß Loretta Bottoms nach Park County zurückkommen und vor Gericht gestellt würde. Der Bezirk bekäme sein Geld von Loretta durch die verfallene Kaution, wenn sie nicht erschien, und man wäre Loretta los. Für alle ein wunderbarer Handel, nur für Loretta nicht. Die Anhörung zog sich jetzt schon ein halbe Stunde länger als nötig hin, weil man diesen Deal vor Gott und den Protokollführern nicht besprechen konnte. Die notwendige Diskretion verwirrte Loretta. Franken sank immer tiefer hinter seinen Tisch. Noch eine Minute, dann würde nur noch seine faltige Stirn zu sehen sein.
    »Ist es das, was Sie wollen, Miss Bottoms?« fragte er mit zusammengebissenen Zähnen.
    Loretta klimperte mit ihren falschen Wimpern. »Was?«
    Keiner unterdrückte mehr sein Stöhnen, auch Franken nicht.
    Seines war das lauteste. Sein Kopf schnellte hoch, er stöhnte noch einmal, lauter als zuvor, und seine winzigen Augen weiteten sich überrascht. Dann verschwand er ganz, ein dumpfer Aufprall war hinter dem Tisch zu hören.
    Einen Moment lang bewegte sich nichts, niemand sagte ein Wort, alle warteten darauf, daß der Richter wieder wie eine Marionette hochschnellte. Aber aus einem Moment wurden zwei. Ellen sah zum Gerichtsdiener, der jetzt auf den Tisch zuging. Renee, die Protokollführerin, war schneller. Ihr Schrei zerhackte wie eine Axt die Stille.
    »Er ist tot!«
    Ellen sprang von ihrem Stuhl auf, lief hinter den Tisch, wo die Protokollführerin, hysterisch schluchzend, am Boden kniete und an Frankens Robe zerrte.
    »Er ist tot! Oh, mein Gott, er ist tot!«
    »Rufen Sie einen Krankenwagen!« rief Ellen, und der Gerichtsdiener rannte ins Richterzimmer. Ellen rief nach jemandem, der ihr bei Wiederbelebungsversuchen helfen könnte, bog den Kopf des Richters zurück und suchte seinen Puls.
    »Hat er einen Puls?« fragte jemand.
    »Nein.«
    »Na, dann legen wir mal los, Miss North.«
    Sie zuckte zusammen. Jetzt hatte sie die Stimme erkannt. Sie riß den Kopf hoch und sah, wie Brooks seine Hände über dem Brustbein des Richters in Stellung brachte.
    »So gern ich diese wunderbaren Lippen auf meinen spüren würde« murmelte Brooks, »ich glaube, der Richter hier hat es nötiger.«
    »Er war ein guter Richter«, murmelte Ellen. Sie stand am Fenster von Frankens Richterzimmer und starrte hinaus.
    Von hier aus konnte man den Park sehen und einen Gehsteig, auf dem sich demonstrierende Collegestudenten drängten. Die imitierten Gaslaternen blinzelten sie an. Das Leben ging weiter. Die Welt drehte sich noch.
    Die letzte Stunde war ein verschwommenes Wirrwarr von Sanitätern und anderen Menschen gewesen, die den Gerichtssaal im Laufschritt betreten und verlassen hatten. Die Reporter, die sich in der Rotunde herumtrieben, hatten den Gerichtssaal gestürmt, um über die neuesten Entwicklungen in dieser Geschichte zu berichten, und dann hatte jemand Brooks erkannt, was zu einem totalen Chaos führte. Der Irrsinn erreichte den Höhepunkt, als ein Deputy den Raum mit einem kreischenden Megaphon räumte. Die folgende Stille war willkommen und dennoch seltsam.
    »Er war hart und fair«, sagte Ellen, deren Gedanken wieder zu Richter Franken zurückgekehrt waren. Sie wollte sich an ihn erinnern, wie sie ihn in den letzten zwei Jahren gekannt hatte, nicht an eine zusammengebrochene Gestalt auf dem Boden seines Gerichtssaals, wo man die schwarze Robe, die ihm so teuer gewesen war, geöffnet und die hagere, eingefallene Brust eines sehr alten Mannes enthüllt hatte. »Er war sehr vernünftig, und er hatte Sinn für Humor.«
    »Haben Sie ihn gut gekannt?« fragte Jay leise.
    Er beobachtete sie von seinem Platz am Ende von Frankens mächtigem Eichenschreibtisch aus. Sie waren jetzt die einzigen Menschen in dem Raum, der einmal das Zimmer des Richters, seine Zuflucht, gewesen war. An allen Seiten des Zimmers ragten Bücherregale empor, die bis zum Bersten gefüllt waren. Die Möbel sahen so alt aus, daß sie vielleicht schon Wurzeln im Boden geschlagen hatten. Die Farne, die in massiven Töpfen überall herumstanden, waren groß wie Korngarben. Eine Schreibtischlampe mit grünem Schirm warf das einzige Licht, was dem Raum eine fast waldähnliche Atmosphäre verlieh.
    Ellen zog eine Schulter hoch. »Ich weiß, daß er seine Frau vor Jahren verloren hat. Er lebte allein. Er hat gern Gartenarbeit gemacht.« Sie betastete den Wedel eines

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