Engel der Schuld Roman
der Seitentür, die dem Parkplatz am nächsten lag. Sie holte Luft, um sich auf die Kälte gefaßt zu machen, dann ging sie durch die Tür und blieb auf der Schwelle stehen.
Sie ließ den Blick über den Parkplatz schweifen, suchte nach Costello, hoffte, einen Blick auf seinen davonfahrenden Wagen zu erhaschen. Aber sie sah niemanden. Leise fluchend, machte sie sich auf den Weg zu ihrem Auto. Hoffentlich war er zuerst in sein Büro gefahren. Wenn sie ihn dort einholen und ihm dann zum Restaurant folgen könnte . . .
»Miss North?«
Die dunkle Gestalt schien wie ein Gespenst aus dem Schatten zu schweben. Ellen sprang zur Seite, brach einen Absatz ab, stolperte, verstauchte sich den Knöchel, ließ ihre Aktentasche fallen. Adam Slater stand reglos und mit weit aufgerissenen Augen da, beobachtete, wie sie strauchelte. Der Wind blies ihm das Haar in die Augen, und er strich es ungeduldig zurück.
»Herrje, Miss North, ich wollte Sie nicht erschrecken. Tut mir wirklich leid.«
Ellen warf ihm einen bösen Blick zu. Sie hob den Absatz ihres Schuhs auf und steckte ihn in die Manteltasche.
»Mister Slater«, sagte sie und versuchte ruhig zu bleiben. »Es ist wirklich nicht nötig, einen möglichen Interviewpartner zu überfallen, wenn man der einzige Reporter in der Umgebung ist.«
Sein hageres Gesicht zeigte in schnellem Wechsel verschiedene Spielarten der Betretenheit. »Es tut mir wirklich leid. Ich wollte Sie nur erwischen, bevor Sie – na ja – entwischen konnten.«
»Warum sind Sie denn nicht mit dem Rest der Horde in Campion?«
»Da ist nicht viel los. Ich meine, die Suche ist natürlich im Gange, aber sie haben das Kind nicht gefunden und auch sonst nichts. Ein paar Leute sind zur Pressekonferenz von Anthony Costello hergekommen, aber dann sind sie wieder zurück nach Campion, zu einer Mahnwache. Ich dachte, ich bleibe hier und sehe mal, ob ich einen Kommentar von Ihnen kriege.«
»Besser als nichts, was?«
»Ja – ich meine – ist doch wenigstens etwas. Ich meine, was sagen Sie dazu, daß Dr. Wright eine Kanone wie Costello ins Spiel bringt.« Er zog sein Notizbuch aus der Manteltasche und stand mit gezückter Feder da.
Ellen atmete in einer durchsichtigen Wolke aus, die sich in der Dunkelheit bauschte. Die Halogenlampen auf dem Parkplatz gingen an. Eine schien direkt auf ihren Bonneville, beleuchtete ihn als den einzigen Wagen im Umkreis von zwanzig Metern. Plötzlich hatte sie es nicht mehr so eilig.
»Garrett Wright hat Anspruch auf einen Verteidiger«, antwortete sie mechanisch. »Mister Costello ist ein wirklich guter Verteidiger.«
»Glauben Sie, das heißt, daß Wright schuldig ist? Daß er das Gefühl hat, einen besseren Anwalt zu brauchen, als Deer Lake ihm bieten kann?«
»Ich bin in seine Gedanken nicht eingeweiht. Ich würde es gern sein. Das würde meine Arbeit sehr erleichtern.« Sie beugte sich vor und balancierte auf den Zehen des rechten Fußes, um den fehlenden Absatz auszugleichen. »Ich halte Garrett Wright für schuldig. Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, um das zu beweisen und ihn zu verurteilen. Für mich macht es keinen Unterschied, wer sein Verteidiger ist.«
»Costello schüchtert Sie nicht ein?«
»Nicht im geringsten.«
»Obwohl er Sie im Schnitt in zwei von drei Fällen geschlagen hat, als Sie als Anklägerin in Hennepin County gegen ihn antraten?«
»Wo haben Sie denn das gehört?«
Er hob die Schultern. »Meine Quelle im System.«
»Jeder Fall ist individuell«, sagte Ellen und humpelte auf ihren Wagen zu. »Ich bin zuversichtlich, was unsere Anklage gegen Garrett Wright betrifft. Außerdem werde ich alles tun, was in meiner Macht steht, um bei der Festnahme und Verurteilung seines Komplizen zu helfen.«
»Irgendwelche Hinweise, wer das sein könnte?« fragte Adam Slater, der neben ihr herschlurfte. »Irgendein Hinweis auf das Motiv?«
»Es steht mir nicht frei, etwas dazu zu sagen.«
»Ich werde Ihren Namen nicht nennen«, versprach er. »Ich werde Sie als eine hochgestellte Quelle im Büro des Bezirksstaatsanwalts bezeichnen.«
»In diesem Büro gibt es nur fünf Anwälte, Mister Slater. Das wäre nicht gerade eine Garantie für meine Anonymität.«
Er fing sich mit der unbeirrbaren Zähigkeit der Jugend und ging zur nächsten Frage über. »Es war bis jetzt kein Wort über das Motiv zu hören. Worum geht es hier Ihrer Meinung nach? Bei Verbrechen geht es immer um etwas – Sex, Macht, Geld, Drogen. Geht es hier vielleicht, wenn wir es
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