Indien Basics
Indien ist nicht zu fassen. Aber gut zu essen.
Ayurveda oder Hare Krishna? Assam oder Lassi? Scharf oder sehr scharf? Da gibt’s viele Antworten südlich des Himalaya.
Um sich auf Indien einzulassen, braucht es erst mal nur diese Einsicht: Es gibt dort nie nur eine Antwort auf eine Frage. Das fängt beim Glauben an und hört beim Kochen noch lange nicht auf. Doch weil Essen in Indien Leben ist, lässt sich daran die Vielfalt dieses Landes besonders gut zeigen. Im Norden werden die Speisen mit Brot zwischen den Fingerspitzen aufgenommen, im Süden vermischt man sie mit Reis in der Hand und isst sie auch gleich daraus. Für die einen ist dabei Rindfleisch tabu, für die anderen Schwein. Und wer herausfinden will, wo die Grenze zwischen Linse, Erbse und Bohne im Dal verläuft, wird so weit kommen wie bei der Frage: »Haben Sie Curry?« Eine Antwort kann sein: »Nein, aber Garam Masala!« Und das kann nebenan schon wieder ganz anders gemischt werden.
Indien ist nicht zu fassen. Was seine Küche so faszinierend macht. Wer einmal gut indisch gegessen hat, wird das immer wieder wollen: Wie der erste unscheinbare Bissen zart auf die Zunge trifft und nach dem üblichen »Oh, scharf!« eine aromatische Kettenreaktion abläuft, die so fein abgestimmt ist, dass es wie Magie scheint. In so einem Moment kann beim Inder am Eck die Einrichtung noch so kitschig und die Musik noch so schrill sein – plötzlich fühlt man sich dem Nirwana ein bisschen näher.
Und überhaupt: Der »Inder am Eck« kann heute auch richtig schick sein. Denn seit der Entdeckung von Ayurveda und dem Beginn des Bollywood-Booms ist bei uns Trend, was in Indien Tradition ist. Wir wollen dafür in diesem Buch die Basics für Küche und Esstisch liefern: Alles, was man wissen muss, um die richtigen Zutaten einzukaufen und vorzubereiten inklusive einem Grundkurs des Würzens. Dazu eine Einführung in die indische Gastfreundschaft einschließlich ein paar Tipps für Deko, Drinks und Desserts. Und schließlich die Rezepte: Über 100 Klassiker, regionale Spezialitäten und inspirierte Eigenkreationen, in Indien gesammelt und auf unsere Küche abgestimmt. Also über 100 Antworten darauf, wie Indien wirklich schmeckt. Versuchen Sie es zu fassen.
Know-how
Mehr als Curry
Indisch kochen heißt gefühlvoll würzen. Das üben wir jetzt mal.
»Kennst Du das Land, wo sie mit Curry würzen?« Indien ist es nicht – dort gibt man lieber Aroma mit Kreuzkümmel, Kardamom oder Koriander. Das kann zwar auch alles im Curry stecken, aber ... mehr hierzu auf der nächsten Seite. Und dann noch wie man wirklich würzt in Indien – dem Land, in dem Kochen immer etwas Magisches hat.
Heute koch’ ich mal was Indisches ...
... und das Currypulver bleibt im Schrank. Weil indisch kochen völlig anders funktioniert – aber viel einfacher als man denkt.
Das gelbe Currypulver, das wir alle kennen, ist eine Erfindung der Engländer. Ein Souvenir aus der ehemaligen Kolonie und eine Idee, wie sie nur ein praktisch denkender Europäer haben konnte: die Aromen des ganzen Subkontinents in eine Gewürzbox gepackt, wie Berliner Luft in Dosen. Damit bekommt unser gutes, altes Hühnerfrikassee zwar sein Quäntchen Exotik und schmeckt dank Ananas auch nicht mal schlecht, aber leider kein bisschen indisch.
Tatsächlich kennt die indische Küche unzählige Gewürzmischungen – so bunt und vielschichtig in ihren Aromen und jede für sich so einzigartig wie das Land selbst.
Indien ist nicht zu fassen
Jeder Indien-Reisende kennt das: Einfach unglaublich, denkt man schon bei einer ersten Taxifahrt durch eine Stadt wie Delhi oder Bombay. Eingekeilt zwischen Motorrikschas, Lastenträgern und gemächlich umherstreifenden Kühen, bleibt einem gar nichts anderes übrig, als sich mit allen Sinnen einzulassen auf das, was da so abläuft: Ein Geschäftsmann in Anzug und mit Turban vereinbart per Handy Businesstermine, Frauen in grellbunten Saris balancieren riesige Wasserkrüge auf dem Kopf, während überall die Asketen in ihren orangefarbenen Kutten um ein Almosen betteln. Direkt am Straßenrand seift der Barbier seine Kunden ein, und der Teeverkäufer preist lautstark seinen Tschai an. Indien lässt sich nicht in Worte fassen, geschweige denn ein für allemal in den Griff kriegen – was ja auch die Briten erfahren mussten.
Mehr als eine Milliarde Menschen leben auf dem indischen Subkontinent – meistens in erstaunlich friedlichem Miteinander und doch getrennt durch die Regeln ihrer
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