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Engel der Verdammten

Engel der Verdammten

Titel: Engel der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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David befahl? Nämlich, dass sie ihre Feinde auslöschen sollten bis zum letzten Mann, Weib, Kind!

    Asrael, verstehst du nicht, dass man dazu Mut und einen glänzenden Verstand benötigt? Unglaublichen Mut sogar. Und den habe ich. Ich habe den Mut und die Mittel, und ich kann es bewerkstelligen. Ich kann auch die Verdammung ertragen und den Aufschrei der Entrüstung. Ich habe die Vision!‹
    Er stand abermals auf und trat vor die Weltkarte, ganz in Gedanken.
    ›Weißt du, was ich glaube? Wenn es erst einmal begonnen hat, wirst auch du die Größe meiner Vision verstehen.‹
    ›Es wird gar nicht erst beginnen‹, erklärte ich. Ich stand auf.
    Im Zentrum der Karte leuchtete ein kleiner Stern. Ich sah ihn zu spät. Weiß und geformt wie der Stern der Magier oder der Davidstern, dem im Laufe der Jahrhunderte ein immer tieferer Sinn zugemessen wurde. Gregory betrachtete ihn liebevoll.
    Zu spät bemerkte ich, dass er ihn gedrückt hatte! Der Stern war ein Signalknopf. Er hatte damit etwas ausgelöst!
    ›Was hast du gemacht?‹, herrschte ich ihn an.
    ›Lediglich Nathan in den Tod geschickt. Er ist angekleidet und bereit. In fünf Minuten wird er unten vor dem Haus von Attentätern angegriffen werden. Die Zeit bleibt dir noch, um von mir Lehren anzunehmen, und Gott gebe, du tust es und wirst mein Helfer.‹
    Ich stand auf, sprachlos. »Mein Gott!‹, flehte ich entsetzt.
    ›Was willst du nun tun? Hier bleiben? Mich töten? Nathan retten? Nathan ist schon im Aufzug. Da, schau auf den Monitor.
    Siehst du?‹
    Ja, ich sah es. Hoch oben in einer entfernten Ecke erschien ein verwischtes Bild Nathans, nun wahrhaft identisch mit Gregory Sein Bart und die Schläfenlocken waren verschwunden; Männer rechts und links von ihm hielten ihn aufrecht. Er trug auch Gregorys Kleider. Ich konnte sogar die leichte Ausbuch-tung in der Tasche seines Jacketts sehen, dort, wo Gregory seine Waffe zu tragen pflegte. Zu meinem Entsetzen stellte ich fest, dass sich nun die Türen des Aufzugs in der Eingangshalle öffneten und die Gestalten auf dem Weg zur Tür nach drau-
    ßen waren, der Menschenmenge entgegen.
    ›Du kannst nichts mehr machen, Asrael. Du bist ins Leben zu-rückgekehrt, damit du mein Bote seist. Wenn du mich jetzt tötest, tötest du den einzigen Mann, den du möglicherweise überreden könntest, dies alles schnell wieder zu stoppen. Na-türlich bin ich nicht dazu bereit, aber wenn du mich tötest, machst du es damit zu einem Fait accompli, wie wir so schön sagen. Du brauchst mich. Das weißt du. Du brauchst mich dringend.‹
    In meiner Verzweiflung beschwor ich die Erde, mir Eisen zu bringen, befahl den Partikeln, die ich benötigte, zu mir zu kommen, und hielt daraufhin sofort zwei Nägel in der Hand.
    Ich versetzte Gregory einen Stoß, sodass er gegen die Karte flog, riss ihn aber sogleich wieder weg und schleuderte ihn gegen die Wand, damit er nicht noch weitere Knöpfe auf der Karte drücken konnte.
    Ich trieb die Nägel durch seine Hände. Er zuckte heftig zusammen, aber er schrie nicht auf.
    ›Du Dummkopf‹, sagte er. Er schloss die Augen, als koste er den Schmerz aus. Doch dann stieg Wut in ihm hoch.
    ›Nun, du wolltest doch der Messias sein, nicht wahr?‹, sagte ich.
    Er knurrte ein paar Flüche, wand sich, doch er blieb mit den Händen an die Wand genagelt.
    Auf dem Monitor sah ich den falschen Gregory, den verkleide-ten Nathan, vor die Menge treten.
    Ich löste mich auf und transportierte mich unter Aufbietung all meiner Kräfte unsichtbar zu ihm.
    Ich stand im Begriff, mich aufzulösen, als ich das Krachen der Gewehrschüsse hörte. Ich hörte, wie die Kugeln den unschuldigen Nathan zerfetzten. Ich hörte die Schreie, die von der Straße aufstiegen.«

    24

    »Nathan lag in seinem Blut, seine Augen starrten verständnis-los in den hellen Sommerhimmel, während die Menge in Panik ausbrach: Die Attentäter waren vom Mob eingefangen worden.
    Sirenen heulten und die Tempelbrüder jammerten lauthals.
    Ich schaute auf den Körper Nathans nieder, sah die Verwirrung in seinen dunklen Augen. Erinnerungen schwemmten über mich hinweg, drohten mich der Gegenwart zu entreißen.
    Dann merkte ich plötzlich, dass sich meine ganze Umgebung verändert hatte. Die Häuser standen wie in Nebel gehüllt, die Menschenmenge war verschwunden. Und vor mir ragten die schimmernden unverwechselbaren Stufen zum Himmelreich empor.
    Ich sage dir, mit meinen eigenen Augen sah ich ein Licht, so unbeschreiblich, wie es seit Urzeiten behauptet

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