Engelherz - Band 1-3
gerechnet.“ – „Nein, dass ist gelogen. Du hast damit gerechnet. Du hast es befürchtet. Du hast dich gefürchtet.“
„ Wir haben Zeit, Lilith“, sagte Adam und er meinte, was er sagte. „Kann er nicht wenigstens jetzt gekränkt wirken? Oder zumindest emotional beteiligt?“
Stattdessen betrachtete er mich mit derselben Präzision, die er allen anderen Lebewesen in Eden entgegenbrachte, objektiv und leidenschaftslos.
5.
Garten Eden. Wieder. Gefühlte Zeit: 1324 Tage und 4 Stunden. Tatsächliche Zeit: Drei Tage und sieben Stunden.
Nichts geschah, es gab nur Adam und mich. Der Rest blieb, wie es war und von Anfang an gewesen ist.
Ich war entsetzt. Immer noch. „Ist es das, worauf alles hinausläuft? Sex?!“ – „Ich bin doch kein Tier, das sich an seinen Partner gewöhnt.“ – „Und Adam ist der einzige verfügbare Partner, den ich habe.“
Ich hatte versucht mit Jahve zu reden. Ein Monolog. Jahve antwortete nicht. „Wieso bin ich hier?“ Niemand war da. Niemand der mir alles erklärte oder mir half. Ich fühlte mich verloren und im Stich gelassen. Nicht einmal die Engel, die doch alles sahen, halfen mir. Sie nahmen keinen Anteil. Sie bemühten sich, nicht zu stören und sie redeten nicht mit uns. Sie wanderten auf dieser Welt herum, wie lebendige Statuen. Statuen, die nur beobachteten und versuchten, sich nicht in die Schöpfung einzumischen.
Ich hasste ihre stille Vollkommenheit, die wie eine Anklage auf mich wirkte und ich hasste es von ihnen beobachtet zu werden. Adam versuchte immer wieder mit ihnen Gespräche anzufangen. Sie ignorierten ihn, ebenso wie ich sie ignorierte.
Aber seit ich Adam, meinen schönen Gefährten zurückgewiesen hatte, interessierten sie sich mehr für mich, als für Eden. Rund um die Uhr umgaben sie mich und ich hatte keine ruhige, unbeobachtete Minute mehr. – Wenn Adam mich suchen würde, er müsste nur dorthin gehen, wo die meisten Engel waren!
„ Aber er sucht dich nicht, er lässt dir Zeit“, meine innere Stimme klang gleichzeitig dankbar und beleidigt.
Er war verständnisvoll und nahm Rücksicht auf mich. Deswegen sollte ich ihn lieben, aber ich konnte nicht. – Er schien keine Emotionen zu haben. Nicht so wie ich. Ich liebte es, mit mir und meinen Gedanken allein zu sein, während er mich am liebsten immerzu bei sich hätte. – Wahrscheinlich, um jemanden zu haben, dem er seine Beobachtungen und Ergebnisse mitteilen konnte. Ungefiltert.
Ich dachte über alles nach, genau wie er. Aber wir dachten so unterschiedlich. So, als wären wir nicht von einer Art.
Ich hielt mich fern von ihm, seit er versucht hatte, mich zu küssen. – Ich wünschte mir, Eden wäre größer und ich könnte raus, dann würde ich laufen, immer weiter laufen, bis kein Adam mehr da wäre. „Als wenn ich dauernd eine Erklärung für alles hören will. Die Dinge sind, wie sie sind und sie sind gut so. Wieso sollte es mich interessieren, warum Dinge zu Boden fallen oder Wasser bergab fließt?“
Adam gab sich viel Mühe mit seinen Erklärungen, die ich mir immerfort anhören durfte. Was mich am meisten ärgerte, waren nicht die Dinge, über die er nachdachte, sondern die Geduld und die Beharrlichkeit, mit der er versuchte alles zu enträtseln. Manchmal glaubte ich, er erforschte diese Dinge, um mich damit zu beeindrucken, damit ich stolz auf ihn war. Aber das war ich nicht. Er langweilte mich, langweilte mich unendlich. Und wenn er mir gerade nichts erklärte, versuchte er mich zu bevormunden, als wenn ich dümmer wäre als er oder besonders schutzbedürftig. Ich wusste, er machte sich nur Sorgen um mich und meinte es gut, aber es war so anstrengend und nervig.
Langsam wünschte ich mir, ich wäre nie erschaffen worden ... oder zumindest nicht zusammen mit Adam. „Nur wir beide, bis in alle Ewigkeit!“
6.
Ein neuer Tag. Wieder. Ich hatte aufgehört, zu zählen, die Tage waren sich zu ähnlich, als dass ich sie hätte auseinander halten können. Jeder Tag war wie ein aufgewärmtes Gestern. „Bitte, bitte, lass etwas geschehen. Ich ertrage es nicht mehr.“
Und Adam? Adam hat begonnen um mich zu werben. Jeden Tag sagte er mir wie toll ich aussah, wie schön meine Augen waren, wie nett ich roch: „Eden riecht nach dir. Du bist Eden.“ Irgendein Kompliment fiel ihm immer ein. Abends brachte er mir Blumen, die er für mich gepflückt hatte, oder besonders schöne Steine.
Ich gab mir Mühe, nett zu sein und Freude zu heucheln. Obwohl ich zugeben musste, dass es mir sehr
Weitere Kostenlose Bücher