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Engelsberg

Engelsberg

Titel: Engelsberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinaldo Arenas
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Ölung.«
    An jenem Nachmittag schaute ganz Havanna wahrhaft erstaunt zu, wie die Glocken der Engelskirche von ebendem Engel geläutet wurden, der ihr den Namen gegeben hatte und der nun den Tod, womöglich gar die zukünftige Seligsprechung des gefeierten Bischofs de Espada verkündete.
    Jetzt aber war es der neue Bischof und Engel höchstselbst, der im Beichtstuhl saß und, zunächst zerstreut, dann mit gewissem Interesse, sich die Beichte Doña Rosa de Gamboas anhörte.
    »Pater, ich habe gesündigt.«
    »Tochter, wer gesündigt hat, dem gehört die Reue, wer bereut hat, die Vergebung, und wem vergeben wurde, das Himmelreich. Was hast du getan? Wann? Und wie oft?«
    »Ein einziges Mal, Pater. Doch es war nicht aus Lust und auch nicht aus Versuchung, sondern einzig aus Rache. Wie ich meine, um der Gerechtigkeit willen.«
    »Tochter, in diesen Fällen beruft sich jeder auf alle möglichen Gründe, nur nicht auf den wahren. Redet.«
    »Pater, ich bin eine moralische Frau und adlig.«
    »Tochter, moralisch sein besteht darin, die anderen nicht erfahren zu lassen, dass wir genauso unmoralisch sind wie sie, und dabei kann dir der Adelstitel ziemlich helfen. Aber sag, wo ist die Sünde?«
    »In meinem Bauch, Pater, oder besser gesagt, sie ist kurz davor, ihn zu verlassen.«
    »Und wer ist der Urheber? Wenn du ihn denn mit einiger Klarheit zu benennen weißt.«
    »Um Gottes willen, Pater, natürlich kann ich das! Es ist der Negerkoch aus meinem Haus.«
    »Der Neger Dionisios! Der beste Koch von Havanna. Unterstehe dich, ihn zu töten!«, brach es aus dem Bischof Echerre heraus, der auch ein Liebhaber der Gaumenfreuden war.
    »Das ist wahr, er ist der beste Koch, den wir je hatten, Pater.«
    »Und er rackert so sehr, dass er seine häuslichen Pflichten übererfüllt. Dein Gatte, Don Cándido, hat eine solche Behandlung nicht verdient.«
    »Er ist der wahre Schuldige, er hat mich mit einer Negerin betrogen! Und ich habe nichts weiter getan, als meinen Stolz den Umständen anzupassen!«
    »Schön angepasst bist du nun«, sagte der Bischof mit einem Blick auf Doña Rosas dicken Bauch. »Aber gehen wir endlich ins Kloster, dort werden sich die in solchen Dingen erfahrenen Nonnen deiner annehmen. Es vergeht kein Tag, an dem sie nicht einer Señora in diesen kritischen Augenblicken beistehen müssen!«
    Doña Rosa und der lange, dürre Bischof machten sich auf den Weg durch das ganze Kirchenschiff, gelangten zum von mannshohen Gladiolen (des Bischofs Lieblingsblume) bestandenen Innenhof und durchquerten einen großen Teil des Espada-Friedhofs, wo Hunderte von Schwarzen und Mulatten damit beschäftigt waren, unzählige Totenschädel an den vier Ecken des Gottesackers aufzuschichten, die dort schon turmhohe Knochenpyramiden bildeten.
    »Du siehst ja«, sagte der Bischof und wies mürrisch auf die Arbeiter, die an den Schädelstätten herumwirtschafteten. »Auch wenn es viele nicht wahrhaben wollen – in dieser Kirche und auf diesem Friedhof arbeiten fast nur Kinder der Aristokratie von Havanna … Und des Bischofs«, murmelte er noch leise.
    »Jesus Maria, Pater!«
    »Ja, Tochter, wenn alle Kutscher, Köche, Straßenverkäufer und Sklaven weiß wären, hätten die Adligen von Havanna viel mehr Kinder, als sie eingestehen. Und ich weniger Angestellte … Was deinen Neger angeht«, mahnte der Bischof, blieb dabei in der Mitte des alles überragenden Kirchhofs stehen und schaute auf die Stadt herab, die unter einem Mantel von schneeweißen Wolken dahinzuhetzen schien, »so musst du ihm Zügel und Halfter anlegen, und vor allem musst du ihm zu verstehen geben, dass er es ist, der dir auf Gedeih und Verderb ausgeliefert ist, und nicht umgekehrt. Und dass er dich ja nicht noch einmal besucht! Bei den vielen Kindern, die die Señoras von dem Engel und den Sklaven haben, ist hier schon gar kein Platz mehr für die Leichen.«
    Und bevor er mit Doña Rosa im Kloster verschwand, wies der Bischof noch einmal auf die hoch emporragenden Knochensäulen, die die Arbeiter immer größer werden ließen.
    An diesem Nachmittag entband Doña Rosa im Kloster des Engelsbergs einen hübschen Mulatten, den der Bischof persönlich auf den Namen José Dolores taufte, und um zu verhindern, dass irgendein Verdacht auf die Gamboas fiele – schließlich hatte Doña Rosa zwei Tage im Kloster verbracht –, übergab er den Knaben Merced Pimienta, einer gottesfürchtigen Schwarzen, deren Mann, der Neger Malanga, flüchtig war, seit er entdeckte, dass auch

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