Engelsgesicht
kennt die Gräfin. Kompliment.«
»Dann ist dir auch bekannt, dass sie nicht überlebt hat und wie man sie letztendlich vom Leben in den Tod beförderte. Sie verreckte in einem Verlies, gegen das dieses hier noch der reinste Luxus ist. Elisabeth hat es nicht geschafft, und du, Lisa Barton, wirst es auch nicht schaffen. Das verspreche ich dir.«
Lisa gab die Antwort auf ihre Weise. Sie stieg aus der Wanne. Sie ließ sich nicht beirren. Ihr blutbeschmierter Körper bot ein schreckliches Bild. Sie hatte sich jedoch keine Wunden zugefügt, im Gegensatz zu den Frauen, die ihrer perversen Idee gefolgt waren.
Neben der Wanne blieb sie stehen. »Ich bin schon zu weit«, flüsterte sie in den Raum hinein. »Viel weiter als die meisten. Elisabeth ist tot, ihr Geist jedoch nicht. Er ist über mich gekommen. Ich habe ihn gespürt. Er hat mich gestreift, und ich nahm ihn auf. Es war einfach so wunderbar für mich. Ich war endlich in der Lage, hinein in ein neues Leben treten zu können. Die Türen standen weit, weit offen, und ich habe die Chance genutzt. Keiner hält mich auf – mich nicht!«
»Sie kommen hier nur noch als Gefangene weg!«, versprach Suko. »Sie haben zu viel Unheil angerichtet. Es hat zwei Tote gegeben und...«
»Ha!«, schrie sie in Suko’s Worte hinein. »Habe ich das tatsächlich? Habe ich Unheil angerichtet, oder habe ich euch nicht eine Botschaft gebracht, auf die ihr schon lange gewartet habt? Los, meine Freundinnen, los, sagt es! Seid ehrlich. Wie steht ihr zu mir! Schaut mich an. Wie habe ich mich gehalten? Keine Falten im Gesicht, ein straffer Körper, das alles werdet ihr erleben, wenn ich euer Blut mixe und es euch mit auf den Weg in die Zukunft gebe. Es werden andere Zeiten für euch anbrechen, glaubt es mir. Oder wollt ihr sie nicht?«, schickte sie sofort eine Frage hinterher.
»Doch, wir wollen es!«
»Gut, Susan, gut. Was ist mit euch anderen? Auf welcher Seite steht ihr? Wem glaubt ihr mehr?« Sie bewegte ihre Hände. »Los, sagt es. Sprecht es aus!«
»Wir glauben dir!« Susan Fenner hatte sich zur Sprecherin der fünf Frauen gemacht.
Das hatte Lisa nur gewollt. Sie drehte leicht ihren Kopf, um Suko anzuschauen. »Hast du es gehört? Sie stehen auf meiner Seite. Daran wird auch das Erscheinen eines Bullen und einen Popen nichts ändern. Ich freue mich schon darauf, wenn ich euch tot sehen kann. Meine Lieblinge tun mir den Gefallen!«
Es war eine Aufforderung zum Mord, die auch der Pfarrer gehört hatte.
Im Gegensatz zu Suko behielt er nur mühsam seine Fassung. Sein Weltbild war ein völlig anderes und nach den Lehren der Bibel ausgerichtet. So etwas jetzt hören zu müssen, das brachte ihn völlig aus der Fassung. Er dachte auch nicht daran, dass jemand wie Suko die Lage trotz allem recht gut im Griff hatte, er wollte nur eines. Die Befreiung. Dabei verlor er einfach die Übersicht.
»Neiiiiin!« Es war kein Ruf, es war ein Schrei und zugleich das Startsignal. Er sah die Frauen und auch Lisa vor sich, die er auf dem direkten Weg erreichen wollte.
Dabei hielt ihn nichts mehr!
Suko gestand sich den Fehler ein. Er hätte mehr auf Lintock achten sollen. Es war zu spät, denn der Pfarrer ließ sich nicht mehr stoppen. Es war einfach zu viel für ihn gewesen. Er konnte sich die zynischen und menschenverachtenden Reden nicht mehr anhören und deshalb nahm er auf nichts mehr Rücksicht, auch nicht auf sich selbst.
Er wollte Lisa. Er wollte ihr an die Kehle, und genau das wusste sie zu verhindern.
»Schnappt ihn!« Es war ein gekreischter Befehl, der ihren fünf Mitstreiterinnen galt, die sofort handelten. Sie hatten schon auf dem Sprung gestanden und nur darauf gewartet. Nichts hielt sie mehr auf.
Suko erhielt einen Stoß und geriet für einen Moment aus dem Gleichgewicht. Bevor er sich wieder fangen und um Lisa kümmern konnte, war diese bereits zur Seite gehuscht und hatte sich der offenen Tür mit der Treppe dahinter genähert. Keiner achtete mehr auf sie, und sie konnte plötzlich sehr schnell laufen.
Cliff Lintock’s Felle schwammen davon. Er brüllte noch hinter ihr her, dann waren die Frauen bei ihm. Sie wollten sich nicht mehr aufhalten lassen. Sie hackten mit ihren verdammten Rasiermessern zu. Der Pfarrer war recht groß, und so reckten sie die Arme, um die Schläge von oben nach unten zu führen.
Der Pfarrer hatte seine Arme in die Höhe gerissen. So versuchte er, seinen Kopf zu schützen. Aber die Messer trafen ihn. Sie schlitzten seine Kleidung auf. Er spürte sie
Weitere Kostenlose Bücher