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Engelskraut

Engelskraut

Titel: Engelskraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Samenbildung. Egal wie viel man jätete, der Giersch war stärker. Sein Samen blieb über viele Jahre im Boden keimfähig. Herbizide nutzten da wenig. Sie schadeten nur dem umliegenden Wuchs und belasteten den Boden.
    Eine gewisse Ordnung im Garten war wichtig, aber man konnte es auch übertreiben. Und die früheren Nachbarn hatten gewaltig übertrieben. Entsprechend kühl war sein Verhältnis zu ihnen gewesen. Als die Niemanns wegzogen, wahrscheinlich um ins Altersheim zu gehen, hatte er sie nicht vermisst.
    Die neuen Nachbarn konnte er noch nicht so richtig einschätzen. Jürgen und Stephanie Klaussner. Beim Einzug hatten sie sich kurz vorgestellt, allerdings hatte sich bisher keine Gelegenheit zu einem intensiveren Austausch ergeben. Das Kind sah er manchmal im Garten, ein etwa siebenjähriger Junge. Die Mutter, eine attraktive blonde Frau, stand öfter auf der Terrasse und rauchte eine Zigarette.
    Noch im Herbst hatten sie einen Gärtner beauftragt, die Bäume zu schneiden. Was sich heutzutage alles Gärtner nannte! Hans hatte beobachtet, wie der Mann einfach die Motorsäge an Sträucher und Bäume hielt und allen Gewächsen den gleichen Radikalschnitt verpasste. Von wegen das natürliche Wuchsbild beachten – davon hatte dieser Gärtner offenbar noch nie etwas gehört. Wo der wohl seine Ausbildung absolviert hatte? Das einzig Positive war, dass er die hohen Fichten, die viel zu dicht an der Grundstücksgrenze gepflanzt waren und lange Schatten warfen, ein gutes Stück gekürzt hatte. Deren Wurzelwerk war im Laufe der Zeit tief in den Kleinkauf’schen Garten eingedrungen, wo es sich mit Nahrung und Feuchtigkeit aus seinem Teich versorgte, um nur noch üppiger zu wuchern. Fichten waren Berggehölze, in einem Stadtgarten hatten sie nichts zu suchen und für eine Grenzbepflanzung waren sie völlig ungeeignet. Doch natürlich wollte er die Nachbarn nicht wie ein Schulmeister belehren. So etwas lag ihm fern.
    Hans Kleinkauf war ein friedliebender Mensch. Streit mochte er nicht, deshalb hatte er es anfangs im Guten versucht und Herrn Niemann mit freundlichen Worten auf das Problem aufmerksam gemacht. Der frühere Nachbar hatte durchaus verständnisvoll reagiert, doch geschehen war nichts. Alles war beim Alten geblieben. Seitdem waren die Fichten immer höher gewachsen und nahmen seinen eigenen Pflanzen weiterhin das Sonnenlicht und die Nährstoffe aus dem Boden. Die neuen Besitzer waren nun unfreiwillige Erben dessen, was die Vorbesitzer hinterlassen hatten.
    Vielleicht sollte er sich mit ihnen über eine neue Grenzgestaltung unterhalten.
    Kurz erinnerte er sich an die Begebenheit in der Nacht und an sein aufkommendes Angstgefühl, das er nun bei Tageslicht für völlig unbegründet hielt. Dann sah er den Spaten im Gras liegen. Daneben eine Hacke. Nachdenklich strich er das schüttere Haar zurück. Die beiden Gerätschaften hatten noch am Abend an der Wand der kleinen Holzhütte gelehnt, die am Rand des Grundstücks stand. Daran konnte er sich genau erinnern. Weil es so eine Schludrigkeit bei den Niemanns nicht gegeben hätte.

2
    Obwohl die Sonne von einem blauen, wolkenlosen Himmel schien, ließ sie das Fenster geschlossen. Noch bevor sie die Kaffeemaschine einschaltete, drückte sie auf den Powerknopf ihres PCs. Im Bademantel setzte sie sich an den Schreibtisch und las ihr Tageshoroskop. Die Kaffeetasse stand in Griffweite.
    ›Auch unter Freunden gibt es viele Neider. Sie sollten sich der Konfrontation mit ihnen stellen. Ein Zurückweichen könnte sonst schnell zu einer unangenehmen Gewohnheit werden. Stellen Sie sich Ihrem Gegner und verlassen Sie als Sieger das Feld.‹
    Sie lächelte grimmig. Solche Empfehlungen entsprachen durchaus ihrer Lebenseinstellung.
    Schnell loggte sie sich in eines der Sozialen Netzwerke ein, bei dem sie unter dem Nickname Mandragora angemeldet war, und rief ihr Profil auf. Einige Nachrichten waren in ihrem Gästebuch hinterlegt. Ein paar Sprüche mit Lebensweisheiten sowie einige Anfragen von Männern, die sie kennenlernen wollten, die sie aber nicht weiter interessierten. Auch in ihrem Postfach befanden sich etliche E-Mails.
    Von ihm war keine Nachricht dabei. Obwohl er schon lange nichts mehr von sich hatte hören lassen, fühlte sie jedes Mal aufs Neue den Schmerz der Enttäuschung.
    Kurz überflog sie die Nachrichtentexte und löschte sie sofort. Nichts von Wichtigkeit, was sich zu beantworten oder gar aufzubewahren lohnte.
    Sie hob den Blick und sah flüchtig durch das

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